Mi Casa:Kolumbianische Spezialitäten in höhlenartigem Ambiente

Lesezeit: 3 min

Viel behaglicher als im Mi Casa mit seiner kleinen Theke geht es fast nicht mehr. (Foto: Robert Haas)

Das Mi Casa nahe dem Viktualienmarkt bietet wirklich gute kolumbianische Küche und eine höchst behagliche Einkehr.

Von Karl-Heinz Peffekoven

Bei der Auswahl des Rums beschlich Peffekoven ein unbehagliches Gefühl. Gereicht bekam er einen 20 Jahre alten "Dictador Solera", und er sann nach, wer wohl der Diktator Solera gewesen sein könnte. Aber niemand in seiner Begleitung hatte je von einem Tyrannen dieses Namens gehört. Peffekoven musste an einen Freund aus lange vergangenen Studienjahren denken, der im Lateinkurs Mittelalter den Satz "pascha babenberg celebravit" (was bedeutet: Das Osterfest hat er in Bamberg gefeiert) übersetzte mit: "Pascha Babenberg wusste zu feiern." Der Dozent nahm das nicht gut auf, anders als Peffenkovens heitere Tafelrunde nun den Dictador Solera. Der Rum hat stark schokoladiges Aroma und ist nicht sehr weich, was aber eine gute Mischung ist.

Aber Moment, Peffekoven will nicht vorgreifen. Das Restaurant Mi Casa nahe des Viktualienmarktes jedenfalls stand schon eine Weile auf seiner To-do- beziehungsweise To-eat-Liste: Kolumbianische Küche, das ist selbst in Münchens diverser Gastro-Landschaft ein echter Exot.

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Beim Eintreten war die kleine Gesellschaft verblüfft. Das Lokal ist viel kleiner, als es beim Blick durch die Fenster den Anschein hatte - dafür sorgen die verspiegelten Wände. Es gibt nicht viele Tische, aber an allen sitzt man sehr gemütlich und kann die knallbunte Deko betrachten. Die Täfelung dagegen ist aus dunklem Holz und verleiht dem Innenraum etwas angenehm Höhlenartiges.

Wohlige Atmosphäre im kleinen Innenraum mit seiner dunklen Vertäfelung. (Foto: Robert Haas)

Die erste erfreuliche Überraschung dürfte sein, dass es das Lokal überhaupt noch gibt. Gegründet wurde es von seinem kolumbianischen Besitzer Alexander Fernandez nämlich nicht lange vor Ausbruch der Corona-Pandemie, und noch ehe sich ein wirkliches Stammpublikum fand, war schon der Lockdown gekommen. Aber der gute Ruf, der auch Peffekoven zu Ohren gekommen war, hatte sich wohl herumgesprochen, und das kleine Lokal kam glücklicherweise über die Runden. Und so liest man auf der Karte in ehrlicher Rührung die Selbstbeschreibung des Mi Casa: "War die Sehnsucht nach Heimat, was uns inspiriert hat, ein Platz zu erschaffen, wo Erinnerungen und Geschmäcker verschmolzen werden."

Und an Geschmäckern mangelt es hier nicht. Sehr authentisch und unbedingt empfehlenswert sind die für Kolumbien typischen Arepas, Maisfladen, eine belegt mit Rindfleisch, die andere mit Huhn und die dritte und allerbeste mit Hogao, einer Sauce aus Tomaten, frischen Frühlingszwiebeln, Knoblauch und Pfeffer (8,90 Euro). Und Vorsicht: Das ist unter dickem Teig eine deftige und sättigende Angelegenheit. Ähnlich (und besonders schön anzusehen) sind die drei Teigtaschen, jede in einer anderen Farbe, gefüllt mit Hähnchen, Rind und Käse (8,50 Euro).

Ein veganes Paradies ist das Mi Casa so wenig wie das Gros der südamerikanischen Küche

Erfreulich war ebenso die sämige Hühnersuppe mit Kartoffeln und Maiskolben. Das Grundgewürz ist Guasca, ein kräftiges Wildkraut, garniert mit Sauerrahm und Kapern (6,90 Euro). ​Ein veganes Paradies ist das Mi Casa zwar so wenig wie das Gros der südamerikanischen Küche, aber für dem Fleisch Abgeneigte findet sich schon etwas: Frisch und fruchtig war war der Avocado-Mango-Salat, dem frischer Koriander eine ganz besondere Note verlieh (7,90 Euro).

Vielleicht nicht ganz so raffiniert, aber immer noch sehr zufriedenstellend waren die Hauptspeisen. Nicht leicht zu essen, aber die Mühe wert waren die Costillas, Schweinerippchen mit hausgemachter scharfer Guaven-Sauce, dazu gab es Maniok mit Kräuterbutter (18,90 Euro). Peffekoven, den die Empanadas nicht hatten aufhalten können, genoss Pechuaga en lulo, ein fein gegrilltes Maishähnchen in hausgemachter, schön pikanter Orangensoße mit Korianderreis. Dass das Hähnchen aus Frankreich stammte, tat der Freude keinen Abbruch, immerhin war es nicht um die halbe Welt gereist (18,90 Euro).

Das Entrecote wie das Rinderfilet stammte freilich aus Neuseeland, letzteres war ein gegrilltes Angus-Steak, hauchzart auf Stachelpalmenfrucht-Sauce, dazu wurden kreolische Kartoffeln gereicht (27,90 Euro). Das Besondere am Entrecôte (23,50 Euro) war die Sauce, nämlich die aus Argentinien stammende Chimichurri-Sauce, die sich inzwischen fast überall auf dem Subkontinent findet. Das Wort "Chimichurri" gilt übrigens als Verballhornung des Satzes "Give me the Curry", mit dem englische Kriegsgefangene im frühen 19. Jahrhundert im noch spanischen Argentinien um Essen gebeten haben sollen. Jedenfalls, das Chimuchurri auf dem Teller war wesentlich reeller als jenes vom Nebel der Geschichte umwaberte. Es basiert auf gehackter Petersilie, getrocknetem Thymian, Oregano, Lorbeer, Knoblauch und scharfen Peperoniflöckchen sowie viel Pfeffer, alles zerstoßen im Mörser - und war im Mi Casa ein Gedicht. Nur bei den Pommes frites gab es Differenzen in der sonst einhellig beglückten Tischgesellschaft: Manche hielten sie für trocken und geschmacklos, andere sagten, so schmeckten echte Mais-Pommes, man müsse sie halt mit Sauce beträufeln.

Grundsätzlich gilt: Die Küche ist eher fleischlastig. Hier ein gegrillte Maishähnchen in pikanter Orangensoße und mit Korianderreis. (Foto: Robert Haas)

Eine Spezialität gibt es immer sonntags, köstlich, aber derb und viel und daher nichts für kulinarische Schattenparker: Bandeja paisa, aus Maisfladen, roten Bohnen, Spiegeleiern, Rinderhack, scharfer Chorizo-Wurst, knusprigem Schweinebauch und frittierter Kochbanane, um die wichtigsten Ingredienzien zu nennen (18,90 Euro). Kolumbianischer geht es nicht.

Am Ende des Abends vermochte die Runde nicht zu entscheiden, ob nun der Dictador Solera die bessere Wahl war oder der mit einer Blume verzierte, pfeffrige Cartagena Mule, an dessen Zutaten sich später bedauerlicherweise niemand mehr erinnern konnte. Am besten einfach ausprobieren. Viel behaglicher als in dem kleinen Raum, wenn die Serviererin hinter dem Tresen die Eiswürfel schüttelt, dezenter Latino-Pop aus den Lautsprechern säuselt, man von freundlichem Personal umsorgt ist und der Küchenchef seinen beeindruckenden Schädel ins Restaurant steckt, um zu sehen, ob es allen schmeckt, geht es eigentlich nicht mehr. Peffekoven wird wiederkommen, muchas gracias.

Mi Casa, Am Einlaß 4, Telefon: 089/23718651, www.mi-casa-restaurant.de , Öffnungszeiten: Di. bis Sa. 18-1 Uhr, So. 18-1 Uhr, Mo. Ruhetag

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