Bürgerversammlung:Lieber Pferde als Wohnungen

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Den Reiterhof "Corona" und die angrenzenden Grün- und Weideflächen wollen die Sollner unbedingt erhalten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die geplante Bebauung auf dem Gelände des Reitvereins "Corona" in Solln kommt bei vielen Menschen im Münchner Süden nicht gut an. Die Stadt versucht bei der Bürgerversammlung, die Gemüter zu beruhigen - noch sei nichts entschieden.

Von Jürgen Wolfram

Die Pläne der Stadt für eine massive Bebauung des Reiterhof-Geländes und benachbarter Felder an der Muttenthalerstraße haben viele Bewohner des Münchner Südens aufgeschreckt. Die Aufregung war auch in der Bürgerversammlung für den Stadtbezirk Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln spürbar. Mehrere Redner wandten sich dezidiert gegen eine "Nachverdichtung an dieser falschen Stelle", auch weil eine funktionierende Verkehrserschließung nicht darstellbar sei. Ein Antrag, das Gelände des Reitvereins "Corona" sowie das Warnberger Feld von jeglicher Bebauung frei zu halten, fand eine klare Mehrheit.

Die von Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) geleitete Zusammenkunft in der Sporthalle an der Gaißacher Straße zeigte deutlich: Die Stadt macht sich in Solln keine Freunde, wenn sie Pläne zur Errichtung von bis zu 2500 Wohnungen an der Muttenthalerstraße Straße vorantreibt und zugleich die Existenz des Reitvereins "Corona" aufs Spiel setzt. Eine Bürgerin sprach gar von einem "stadtpolitischen Skandal", der sich da abzeichne. Sie forderte, die Grün- und Weideflächen generell nicht anzutasten und als Naherholungsgebiet zu erhalten. Auch sei der Fortbestand des Reitvereins "Corona" am angestammten Standort zu sichern, schon der vielen Kinder wegen, die von ihm profitierten. Eine andere Rednerin legte den Akzent auf die stadtklimatische Bedeutung des Warnberger Feldes.

Vertreter der Stadtverwaltung bemühten sich, "Druck aus der Sache zu nehmen" und die Gemüter mit dem Hinweis zu beruhigen, dass nichts entschieden, ein Bebauungsplan in weiter Ferne sei. Eine "komplette Bebauung" des Gebiets beim Reiterhof sei überdies unwahrscheinlich. Eine Sprecherin des Planungsreferats: "So schnell wird dort nichts passieren."

In Sachen Umgestaltung des ehemaligen Siemens-Sportparks hingegen sollte rasch etwas passieren. Diese Forderung erhob Wilfried Buchsteiner, Sprecher der Obersendlinger Stadtteilinitiative "Ü 60-aktiv". Unterstützt von einer breiten Mehrheit im Saal verlangte Buchsteiner einen Bericht über den aktuellen Planungsstand sowie eine "aktive Beteiligung" seiner Organisation an der Erstellung des Nutzungskonzeptes für den Park.

Kritik gibt es an der Renovierung des Derzbachhofs

Mit der Stadt und den Denkmalschutzbehörden hart ins Gericht ging Claudia Kaiser von der Initiative Dorfkernensemble Forstenried. Aus ihrer Sicht ist bei der Sanierung des Derzbachhofs nur "traditionsloses Blendwerk" herausgekommen, gepaart mit frevelhafter Zerstörung von Holzbauteilen und unverantwortlichen Umnutzungen. Kaiser rief die Stadt auf, sich ernsthafter um ihre Baudenkmäler zu kümmern.

Darüber hinaus beschäftigen die Menschen im Stadtbezirk 19 etliche Verkehrsprobleme. Diesmal ging es unter anderem um ein lärmminderndes Tempolimit für die Garmischer Autobahn bei Forstenried, den Ärger über dauerhaft abgestellte Wohnwagen, beispielsweise beim Schloss Fürstenried, oder auch um missachtete Parkverbote bei der Herterichschule und der Freiwilligen Feuerwehr in Solln. Dass der Radweg an der Herterichstraße "plötzlich aufhört" und man in Richtung Forstenried nur noch auf einem Fußweg mit "notdürftig ausgebesserten Frostschäden" vorankommt, monierte unter Zustimmung ein erprobter Vielradler.

Auf weitere Defizite des Stadtbezirks mit seinen knapp 100 000 Einwohnern wies der Bezirksausschuss-Vorsitzende Ludwig Weidinger (CSU) hin. Er beklagte "deutliche Verluste im Baumbestand" durch Bauvorhaben, die schäbigen Zustände an den Wertstoffcontainern sowie temporäre Versorgungslücken durch den Abriss und jahrelangen Neubau von Verbrauchermärkten. Weidinger erwähnte in diesem Zusammenhang den Real-Markt in Obersendling und das "KöWi" in Neu-Forstenried.

Bessere Nachrichten hielt die Polizei bereit. In den südlichen Vierteln lebe es sich noch deutlich sicherer als im städtischen Durchschnitt, sagte ein Vertreter der Inspektion Forstenried. "Echte Brennpunkte" existierten hier überhaupt nicht. Gelächter brach aus, als ein Redner die Wiederherstellung der eingestürzten Friedhofsmauer an der Festingstraße bejubelte: Die Maßnahme habe Ewigkeiten gedauert, aber jetzt sei er umso freudiger bereit "drei bis fünf Tragerl Bier" für eine Einweihungsfeier zu spendieren.

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