Kritik:Gipfeltreffen

Kritik: Reinhold Messner, der Riese des Alpinismus.

Reinhold Messner, der Riese des Alpinismus.

(Foto: Stephan Rumpf)

Reinhold Messner und Richard Strauss' "Alpensinfonie" in der Isarphilharmonie.

Von Andreas Pernpeintner

Die Leute sind in die Isarphilharmonie gekommen, um Bergsteiger Reinhold Messner mit seinen Worten zu Richard Strauss' "Alpensinfonie" zu erleben. Dass die Stuttgarter Philharmoniker zuvor Mozarts g-Moll-Symphonie KV 183 spielen, wirkt deshalb wie der Auftritt einer Vorband, die keiner hören will. Dabei gibt sich Dirigent Christian Schumann alle Mühe, Präzision zu vermitteln.

Es reicht aber nicht, um die Streicher auch in den Details zu koordinieren, und bis zu den Hörnern dringt er gar nicht durch. Schlampig dargeboten, bereitet eine Mozart-Symphonie mit ihrer filigran komponierten Finesse keine Freude.

Anders die "Alpensinfonie". Schon der Anblick einer solch podiumfüllenden Orchesterbesetzung ist ehrfurchtgebietend. Und dann kommt er. Messner, der Riese des Alpinismus - und ist ein schlanker, grau gewordener Mann, der in unvertrauter Rolle vor einem riesigen Orchester steht. Das Stück beginnt. Wenn Messner sich auf ein Zeichen des Dirigenten erhebt und sein Erleben der Berge in Worte fasst, verharrt die Musik oder schreitet im Hintergrund voran. Foto-Projektionen verstärken den Eindruck. Spricht Strauss' Musik alleine, darf ihre assoziative Kraft ohne Bilder wirken.

Dieses Konzept funktioniert tatsächlich hervorragend. Weil sich hier - Absicht oder Zufall - zwei einander ebenbürtige Intensitätsstufen der Erzählung begegnen. In jenen Momenten, in denen Strauss unsäglich plakativ die Kuhglocken bimmelt, könnte man zwar vom Glauben an dieses Werk abfallen, doch an sich geht es Strauss um weit mehr als um Postkartenkitsch. Um Erhabenheit, um das innere Erleben, mehr noch: um diesseitig Existenzialistisches - ist dieses Werk doch von Nietzsche inspiriert. Und hier treffen sich Strauss und Messner. Messners Alpinismus ist ja keine Sonntagswanderung auf den Breitenstein. "Wir gehen freiwillig wohin, wo wir umkommen können, um nicht umzukommen." Messner ist für Strauss ein wirkliches Gegenüber.

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