Süddeutsche Zeitung

Münchner Rathaus:Reiter verschiebt Referentinnenwahl

Krankheitsfälle bei den Grünen hätten die Mehrheitsverhältnisse im Rathaus "absehbar verändern" können, begründet der Oberbürgermeister seine Entscheidung. Die CSU hatte bereits im Vorfeld scharfe Kritik an einer Kandidatin geübt.

Von Heiner Effern

Die geplante Wahl zweier neuer Stadtministerinnen an diesem Mittwoch ist geplatzt. Die kommende Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer und die designierte IT-Referentin Laura Dornheim werden wohl bis zur Vollversammlung im Juli warten müssen, bis sie die Koalition aus Grünen/Rosa Liste und SPD/Volt offiziell mit ihrer Mehrheit ins Amt bringt. Denn genau das drohte am geplanten Termin zu scheitern. Die Grünen haben so viele kranke Stadträtinnen und Stadträte in ihren Reihen, dass die beiden Kandidatinnen möglicherweise keine Mehrheit in der Vollversammlung gefunden hätten.

"Da es sich bei den Wahlen der Referentinnen um wesentliche Personalentscheidungen der Stadtregierung für die nächsten sechs Jahre handelt, die auch in der Vollversammlung im Juli noch erfolgen können, haben wir die Wahlen entsprechend verschoben", erklärte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Er ist durch sein Amt auch Herr über die Tagesordnung und genießt bei der Zusammenstellung eine große Freiheit.

Die Grünen verzeichneten laut Fraktionschef Dominik Krause am Dienstag zwei Krankheitsfälle und zusätzlich drei Corona-Infektionen. "Weitere Tests laufen gerade", sagte Krause. Ein zentrales Ereignis, bei dem sich die Stadträte angesteckt haben könnten, sei nicht bekannt. In dieser Woche wurden jedoch mehrere scheidende Referenten mit Empfängen verabschiedet. Die Gefahr, dass bis Mittwochmorgen weitere Fälle hinzukommen, sei real, sagte der Fraktionsvorsitzende. "Das wäre zu heikel."

Grüne/Rosa Liste und SPD/Volt verfügen mit OB Reiter über 44 Stimmen im Stadtrat, auf die Opposition entfallen 37. Wenn die Opposition der grün-roten Stadtregierung bei ihren Personalvorschlägen geschlossen nicht gefolgt wäre, hätte es zumindest knapp werden können. Die Krankheitsfälle hätten "die Mehrheitsverhältnisse morgen absehbar verändern" können, sagte Reiter. Die Grünen verwiesen ausdrücklich auf die Krankheitsfälle als Grund für die Verschiebung der beiden Wahlen auf den 27. Juli.

Die Opposition hatte die Wahl der kommenden IT-Referentin Laura Dornheim im Vorfeld scharf gerügt. Sie sei im Ausschreibungsverfahren, das die Stadt durchgeführt hat, aus ihrer Sicht bei Weitem nicht die beste Kandidatin gewesen, sagte CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl. Das werde im Rathaus in großen Teilen so gesehen. Mit dieser Äußerung deutet Pretzl zumindest an, dass die Koalition sich möglicherweise in einer geheimen Wahl nicht all ihrer Stimmen sicher gewesen wäre.

Die Grünen reagierten auf die Attacken der CSU verärgert. "Was die CSU veranstaltet, ist unanständig", sagte Krause. Vor jeder Personalwahl veranstalte sie ein "Brimborium" und werfe mit Schmutz um sich. Erst im Frühjahr hatte die CSU mit Zweifeln an der fachlichen Eignung verhindert, dass die damalige Grünen-Fraktionschefin Anna Hanusch als Chefin ins Baureferat wechseln konnte.

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