Manche Sätze brauchen länger als andere. Dann, wenn die Tränen die Stimme bremsen. Die Trauer der Angehörigen und Freunde ist immer und überall, erst recht an diesem Abend, dem 22. Juli. Vor genau acht Jahren hat ein junger Mann neun Menschen getötet, am Olympia-Einkaufszentrum, dem OEZ. Angehörige, Freunde und mittrauernde Münchnerinnen und Münchner sind am Montag vors OEZ gekommen. Es war ein rechtsextremer Terrorakt, darauf weisen Angehörige und Freunde immer wieder hin. Der Täter hat sich bewusst einen Ort ausgesucht, der Treffpunkt ist für viele Menschen mit Migrationshintergrund.
„Ich hoffe, dir geht’s gut auf der anderen Seite.“ So lautet die Zeile eines der Lieder, die aus den Lautsprechern kommen. Vor Beginn der Gedenkveranstaltung läuft Musik, ausgewählt von Angehörigen. Viele Menschen umarmen sich. Jeden 22. Juli ist es ein Wiedersehen, ein trauriges.
Armela Segashi, Can Leyla, Dijamant Zabërgja, Guiliano Kollmann, Hüseyin Dayıcık, Roberto Rafael, Sabine S., Selçuk Kiliç und Sevda Dağ. Sie wurden an jenem Abend von einem rechtsextremen, 18-jährigen Mann erschossen. Ihre Namen sollen nicht vergessen werden. Viele Trauernde tragen T-Shirts mit den Namen.
„Wie konnte das in unserer Stadt passieren?“, fragt Oberbürgermeister Dieter Reiter. Es ist geschehen in einer Stadt, auch das sagt der OB, die so viele Opfer rechtsextremer Terrortaten seit 1945 zählt wie keine andere deutsche Stadt. Oktoberfest, Club Liverpool, NSU, OEZ. Reiter spricht von „Kontinuitäten rechten Terrors“ in München. An die Opfer zu erinnern, erfordere das Engagement von Zivilgesellschaft, Stadt, Land und Bund. Reiter bittet die Menschen in München: „Erinnert euch immer an diesen Tag vor acht Jahren. Erinnert euch an die Menschen, deren Leben hier jäh und gewaltvoll ausgelöscht wurden.“ Die Stadt will den Angehörigen einen dauerhaften Erinnerungsraum in Moosach ermöglichen, in dem Stadtteil, in dem viele der Angehörigen leben.
Es kommen viele Angehörige auf die Bühne, es sind sehr große Schritte für sie. Manche kritisieren Politik und Polizei für das allzu lange Ignorieren des rechtsextremen Charakters des Attentats. Andere sprechen zu den Ermordeten. Alle zusammen spannen sie so von jenem Ort, an dem das normale Leben so vieler Menschen endete, ein Band zu denen, die seit acht Jahren in ihren Gedanken weiterleben. Vieles davon ist in einem Büchlein niedergeschrieben, erschienen in Kooperation des NS-Dokuzentrums mit der Initiative „München OEZ erinnern“, es ist auch online verfügbar: „Tell Their Stories.“ Der Titel ist eine Aufforderung: „Erzählt ihre Geschichten!“