Süddeutsche Zeitung

München:Raserjagd auf Bestellung

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Bezirksausschüsse sollen Geschwindigkeitsmessungen als städtische Leistung kostenpflichtig anfordern können

Von Ellen Draxel, München

Beschwerden über rücksichtslose Raser und Endlos-Kolonnen auf bestimmten Strecken erreichen Münchens Lokalpolitiker immer wieder. Sie poppen, geäußert von frustrierten Bürgern, in den Sitzungen der Bezirksausschüsse auf, stoßen bei den Stadtteilvertretern häufig auf Zustimmung und gipfeln dann in Forderungen nach Verkehrszählungen und Geschwindigkeitsmessungen.

Einige Gremien wollten sogar bereits eigene Tempo-Messgeräte anschaffen, um valide Daten in der Hand zu haben und nicht auf Informationen aus der Verwaltung angewiesen zu sein. Politiker aus Aubing-Lochhausen-Langwied etwa, aus Au-Haidhausen, Sendling-Westpark, Berg am Laim oder Ramersdorf-Perlach. Das jedoch ist, wie jetzt bei einem "längeren, komplexen und sehr intensiv diskutierten Abstimmungsverfahren zwischen dem Direktorium, dem Baureferat und dem Kreisverwaltungsreferat" herauskam, nicht möglich. "Bezirksausschüsse können eigene Geräte zur Geschwindigkeitsmessung beziehungsweise Verkehrszählung nicht selbst kaufen und einsetzen", informiert das KVR derzeit alle Bezirksausschüsse. Denkbar sei allerdings, Zählungen und Messungen in Form einer städtischen Leistung zu bestellen und diese dann aus dem Budget des Bezirksausschusses zu bezahlen. Möglich soll das Abrufen dieser neuen Leistung allerdings frühestens Ende 2021 sein - wenn klar ist, wie der Bedarf aussieht und entsprechende zusätzliche finanzielle und personelle Ressourcen vom Stadtrat bewilligt sind.

Bei dem Messgerät, von dem die Rede ist, handelt es sich um sogenannte "Topo-Boxen". Diese Geräte sammeln, weitgehend unbemerkt von den Vorbeifahrenden, Daten über den fließenden Verkehr. Erfasst wird, wie viele Verkehrsteilnehmer vorbeikommen und wie schnell diese unterwegs sind. Das Kästchen notiert zudem, ob Autos, Lastwagen oder Zweiräder den Weg kreuzen. Auch der Lärmpegel am Aufstellungsstandort kann aufgezeichnet werden. Geblitzt wird von dem Seitenradargerät aber niemand, weder entstehen Fotos von den Fahrern noch werden amtliche Kennzeichen ermittelt.

Unklar ist dem Kreisverwaltungsreferat zufolge allerdings, "was sich die Bezirksausschüsse vom Ergebnis der Zählungen und Messungen erwarten". Denn "ein Umbau von Straßen", sollten die Messungen tatsächlich ergeben, dass zu schnell gefahren werde, werde "nicht erfolgen, um die Geschwindigkeit zu senken". Sehr begrenzt in der Praxis und nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung seien zudem die Möglichkeiten zusätzlicher verkehrsregelnder Maßnahmen. Änderungen gegen ein zu hohes Verkehrsaufkommen in einer Straße, so gibt die Behörde zu des Weiteren bedenken, führten in der Regel nur zu Verkehrsverlagerungen in andere Straßen. Wirkliche Verbesserungen erwirkten lediglich durchdachte Verkehrskonzepte.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2020
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