Bauprojekt in Ramersdorf:Die Crux der schwarzen Aluschindeln

Lesezeit: 3 Min.

An der Rosenheimer Straße 124 sollen Apartments und geförderte Wohnungen sowie Büros entstehen. (Foto: Lehmann, Tabillion und Castorph Architektur und Stadtplanung)

An der Rosenheimer Straße, gegenüber dem Werksviertel, sollen 68 Wohnungen sowie Büroflächen entstehen. Doch ist das Konzept für den Neubau so nachhaltig wie versprochen? Die Stadtgestaltungskommission hat Bedenken.

Von Sebastian Krass

"Nachhaltigkeit", das ist eines der Schlagwörter, die Visar Obrija verwendet, als er das Neubauprojekt an der Rosenheimer Straße 124 vorstellt. 68 neue Wohnungen, sieben davon gefördert, und 1500 Quadratmeter Flächen für Büro und Gewerbe sollen auf einer Brache in Ramersdorf entstehen, direkt neben dem Kustermannpark und gegenüber dem Werksviertel. Daneben setze man bei dem Projekt auch auf "Digitalisierung" und "Sharing", sagt Obrija. Er ist Projektmanager beim Bauherren, der Immobilienfirma Savvy, und spricht vor der Stadtgestaltungskommission, die sich in ihrer jüngsten Sitzung auf Anregung des Bezirksausschusses mit dem Bauprojekt beschäftigt. Denn es liegt quasi an einem Eingang zur Stadt und wird weithin sichtbar sein.

Doch wie ernst meint der Bauherr es mit der Nachhaltigkeit? Diese Frage treibt die Kommission, die die Stadt zu bedeutenden Bauvorhaben berät, um, sobald Matthias Castorph vom Münchner Büro Lehmann, Tabillion und Castorph Architektur und Stadtplanung das Konzept vorgestellt hat. Die Grundfläche des Gebäudes sei "der einzige Fußabdruck", den es habe, sagt Castorph. Das Grundstück sei also nicht noch ausgreifender mit einer Tiefgarage unterbaut, wie es sonst oft der Fall ist, will Castorph damit sagen. Erreicht habe man das, indem man den Stellplatzschlüssel "mit einem Mobilitätskonzept auf 0,5 reduziert habe - so weit, wie es geht".

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Eigentlich müssen Bauherren laut Stellplatz-Satzung pro Wohneinheit einen Auto-Parkplatz bauen, was oft zu jenen groß dimensionierten Tiefgaragen führt, die wiederum verhindern, dass an der Oberfläche richtige Bäume wachsen können. Zum Mobilitätskonzept, mit dem sich eine Parkplatzquote drücken lässt, gehören etwa Stell- und Ladeplätze für Lastenräder, die man auch per App ausleihen kann (Stichwörter Digitalisierung und Sharing).

Zudem sollen die Dachflächen begrünt oder mit Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) belegt werden, auch an der Fassade gebe es potenzielle Fläche für PV-Anlagen, "sie waren Wunsch des Bauherren", sagt Castorph und ergänzt: "Als Architekt hat man auch eine Meinung dazu." Eine kaum verhohlene Anspielung auf die Debatte, ob und wie sehr ein Zuwachs an PV-Paneelen die Architektur und mithin das Stadtbild verschandelt.

Eine Besonderheit an dem Entwurf ist neben den treppenförmigen Terrassen die Farbgestaltung auf drei Fassadenseiten: schwarze Alu-Schindeln und gelber Sonnenschutz an den Fenstern.

Daran stört sich Brigitte Wolf, die als Stadträtin der Linken Mitglied der Stadtgestaltungskommission ist: "Schwarze Häuser gefallen mir sowieso in aller Regel nicht." Sie verstehe die Wahl von schwarzem Aluminium aber auch "nicht so richtig", wenn sie an das Problem der sich aufheizenden Stadt denke. Die Architektin Birgit Rapp (Amsterdam) wirft die Frage in den Raum, ob man "statt der Aluschindeln PV-Anlagen" installieren könne. Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer geht noch einen Schritt weiter und sagt, sie sei beim Anblick der Visualisierungen davon ausgegangen, "dass es sich um eine PV-Fassade handelt".

Architekt Castorph erwidert, man habe zur viel befahrenen Rosenheimer Straße bewusst eine dunkle Farbe gewählt. Es wisse ja jeder, "wie eine helle Putzfassade an so einer Straße nach einer Weile aussieht". Zudem sei die Fassade nach hinten, also zu der von der Sonne am meisten beschienenen Südseite, hell. Die grundsätzlich problematische Ökobilanz des Materials Aluminium, das in der Produktion viel Energie verschlingt, ist aus Castorphs Sicht dadurch gemindert, dass die Fassaden-Elemente zu 75 Prozent aus recyceltem Material bestünden.

"Wir machen hier ganz normalen Wohnungsbau"

Überlegungen, statt Aluminium PV-Elemente oder auch Holz zu verwenden, erteilt Castorph eine Absage: "Wir machen hier ganz normalen Wohnungsbau." Kostspieligere Lösungen seien im Budget nicht drin. Überdies sei die Planung mit der Lokalbaukommission (LBK) abgestimmt. Tatsächlich ist das Vorhaben aus Sicht der LBK "grundsätzlich genehmigungsfähig".

Neben zahlreichen kritischen Wortmeldungen gibt es aber auch wohlmeinende Stimmen aus der Kommission. Der Architekt Christoph Sattler, entsandt von der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, findet den Entwurf "gelungen, auch in der Farbgebung. Es wird ein ausdrucksvoller Punkt an der Stelle". Daniel Fügenschuh, Architekt aus Innsbruck, zeigt sich ebenfalls "sehr zuversichtlich, dass das Projekt gut wird".

Letztlich hat die Kommission wegen der bereits weit fortgeschrittenen Planung und wegen der Zusagen der Stadt nur noch wenig Einfluss. Sie gibt den Bauherren und den Architekten aber in ihrem Resümee mit auf den Weg, "dass der dunkle Farbton schwierig gesehen wird".

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