Süddeutsche Zeitung

München:Automobilclub klagt gegen Fahrradwege

München will Pop-up-Radwege in dauerhafte Fahrradstrecken umwandeln - dagegen geht nun der Automobilclub "Mobil in Deutschland" gerichtlich vor.

Von Heiner Effern

Die Pop-up-Radwege müssen wieder weg, und weil es politisch dafür keine Mehrheit gibt, sollen nun Richter dafür sorgen. So sieht es Michael Haberland, Präsident des Automobilclubs "Mobil in Deutschland". Am Mittwoch will er eine Klage vor dem Verwaltungsgericht einreichen, mit der er die neuen Radwege auf der Rosenheimer Straße, der Elisenstraße und der Theresienstraße noch verhindern will. Haberland sieht in den weiß markierten Radwegen auf den früheren Autospuren eine Verletzung der Straßenverkehrsordnung. Im Grunde geht es Haberland auch darum, ein Zeichen gegen die aus seiner Sicht "einseitige bornierte Verkehrspolitik" in München zu setzen. Autofahrer würden systematisch benachteiligt und "in den Stau gezwungen", sagte Haberland.

Die Rathauskoalition aus Grünen und SPD nimmt diese Ankündigung demonstrativ gelassen auf. "Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass er Recht bekommet", sagte Grünen-Fraktionschef Florian Roth. Dass dreimal Autofahrern eine Spur genommen und den Radfahrern zugeschlagen wurde, das sei eine "klare verkehrspolitische Prioritätensetzung". Diese sehe er "als nicht justiziabel" an.

Auch der Fahrrad-Experte der SPD im Stadtrat, Andreas Schuster, bleibt "entspannt". Die Politik und die Verwaltung hätten ihre Hausaufgaben gemacht und die Einrichtung der Radwege sei rechtlich geprüft worden. Ein ähnliches Gerichtsverfahren in Berlin sei letztlich für die Radfahrer positiv ausgegangen. Wie praktisch alle Beteiligten verweist Schuster zwar vorsorglich darauf, dass man vor Gericht und auf hoher See nie zu 100 Prozent sicher sein könne, aber er sagt auch: "Vielleicht tut es gut, wenn ein Gericht ein positives Zeichen setzt."

Die Koalition hatte erst im März die dauerhafte Etablierung der sogenannten Pop-up-Radwege auf den drei Straßen im Stadtrat in die Wege geleitet, dagegen stimmten nur die CSU und die FDP. Ursprünglich waren diese in der Coronakrise eingerichtet worden, weil viele öffentliche Verkehrsmittel gemieden hatten und aufs Rad umgestiegen waren. Damit die höhere Zahl an Fahrern mehr Platz und Sicherheit erhielten, wurden Autospuren mit gelben Streifen als Radwege markiert. Im Herbst verschwanden sie wieder, nun sind sie als weiß markierte Radwege fix eingerichtet.

Die Stadtpolitik bleibt wohl auch deshalb gelassen, weil Haberland und sein Automobilclub dort bestens bekannt sind. Er kandidierte auch auf der Liste der CSU für den Stadtrat. Allerdings positionierte ihn seine Partei so, dass er gerade nicht zum Zug kam. Für die Grünen ist Haberland ein Autofahrer-Ultra, zweimal fällt im Gespräch mit Fraktionschef Roth das Wort "extrem", wenn er sich über ihn äußert. Auch für Stadtrat Schuster war "klar, dass sowas von ihm kommt". Die CSU-Fraktion wolle zur Klage ihres Parteikollegen vorerst lieber nichts sagen, erklärte eine Sprecherin, sondern lieber das Urteil abwarten.

Nicht mal Haberland selbst klingt sehr überzeugt, dass er Recht bekommt. "Kann auch sein, dass ich verliere", sagte er. Aber wer es nicht versuche, der könne Radwege auch nicht verhindern. Eines bekommen Haberland und sein Automobilclub in jedem Fall: öffentliche Aufmerksamkeit. Oder wie Grünen-Mann Roth sagt: So eine Klage könne auch "PR-mäßig" nützlich sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5314486
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/dpa/sonn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.