Protest gegen Corona-Regeln:"Querdenker" mobilisieren für eine Demo auf dem Odeonsplatz

Feldherrnhalle in München, 2020

Die Feldherrnhalle am Münchner Odeonsplatz

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Organisatoren der Berliner Kundgebung haben vor einer Woche 5000 Teilnehmer angemeldet. Das Polizeipräsidium bereitet einen größeren Einsatz vor.

Von Julian Hans

Vor einer Woche haben sie auf den Stufen des Reichstagsgebäudes in Berlin Reichsfahnen geschwenkt, für ihren nächsten Auftritt haben Verschwörungsideologen, Rechtsradikale und Corona-Leugner sich München als Bühne ausgesucht. Für den kommenden Samstag hat die Vereinigung "Querdenken 089" eine Kundgebung mit dem Titel "Frieden, Freiheit und Gesundheit" auf dem Odeonsplatz angemeldet. Auf einer Internetseite und in Chatgruppen der Szene auf Telegram wird bundesweit dafür mobilisiert.

Das Kreisverwaltungsreferat bestätigte, dass eine Kundgebung mit 5000 Personen angemeldet worden sei. Darüber hinaus sei ein Demonstrationszug mit 500 Teilnehmenden geplant. Noch hat die Versammlungsbehörde nicht darüber entschieden, derzeit befinde man sich in Abstimmungsgesprächen mit dem Veranstalter, teilte KVR-Sprecher Johannes Mayer mit. Über die Route und mögliche Auflagen soll im Laufe der Woche entschieden werden. Die Ereignisse in Berlin vom vergangenen Wochenende "fließen in die Gefahrenprognosen ein", hieß es. Auf der Website "Zeig mir Dein Lächeln" kündigen die Veranstalter derweil "Zwischenkundgebungen" am Stachus, am Viktualienmarkt und am Hofgarten an.

Wie in Berlin wird auch in München eine Mischung aus Corona-Zweiflern, Verschwörungsideologen, Reichsbürgern und Rechtsextremen erwartet. Als Organisator und Redner tritt Michael Ballweg auf, der die Bewegung "Querdenken 711" in Stuttgart gründete, die seitdem regionale Ableger gebildet hat. Der baden-württembergische Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume kritisierte eine Verschmelzung der Bewegung mit Antisemiten. Ihr Pressesprecher Stephan Bergmann steht der Reichsbürger-Szene nahe. Ballweg bestreitet Verbindungen zu den Reichsbürgern und behauptet, mit Extremisten von Rechts und Links nichts zu tun zu haben; er sei nur für Frieden, Liebe und die Grundrechte.

Die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus in München (Firm) beobachtet seit dem Beginn der ersten Proteste gegen die Corona-Maßnahmen im April, dass sich die Szene radikalisiert. "Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie (Maskentragen, Abstand halten) werden mit der Situation jüdischer Menschen im Nationalsozialismus gleichgesetzt", schreibt die Firm in einer aktuellen Analyse. In einschlägigen Chatgruppen werde auch der Einsatz von Waffen diskutiert, um sich gegen die angebliche "Diktatur" in Deutschland zur Wehr zu setzen, und gegen geheime Mächte, die angeblich hinter den Kulissen die Fäden ziehen.

In Berlin wurden vergangene Woche auch Vertreter diverser rechtsextremer Gruppierungen aus München und Bayern gesichtet. Darunter von Pegida München und von der rechtsextremen Partei Der Dritte Weg. Dort wurde auch zur Teilnahme an der Demonstration in München aufgerufen.

Die Polizei rechnet daher mit einer bundesweiten Mobilisierung. Aus der Erfahrung mit ähnlichen Veranstaltungen sei damit zu rechnen, dass auch Erkenntnisse von Staatsschutz und Verfassungsschutz bei der Einsatzplanung zu berücksichtigen seien, teilte ein Sprecher mit.

Wie ernst die Polizei das Ereignis nimmt, zeigt schon, dass der Einsatz nicht von einem Abschnittsleiter sondern direkt aus dem Präsidium geführt werden soll. Da in der Innenstadt zahlreiche Gebäude durch die NS-Zeit belastet sind, sei ein Schutz dieser Gebäude auch Gegenstand der Vorbereitungen, hieß es. Für den neuen Vizepräsidenten Michael Dibowski, der Anfang des Monats seinen Posten angetreten hat, wäre es jedenfalls ein gelungener Einstieg, würde es gelingen, Bilder wehender Reichsfahnen vor der Feldherrnhalle zu verhindern.

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