Süddeutsche Zeitung

Betriebsunfall:PVC-Staubwolke aus Chemiebetrieb ausgetreten

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Durch den Sturm verbreitet sich das Pulver und kommt als künstlicher Niederschlag in Solln zu Boden. Das Unternehmen bietet Nachbarn die Reinigung ihrer Anwesen an.

Von Berthold Neff

Weiße Weihnacht? Dieser Wunsch wurde für die Bewohner der Melchiorstraße in Solln schon vergangene Woche wahr, allerdings anders als erhofft. Am Dienstag, 30. November, wurden durch einen technischen Defekt an einem Silo des Renolit-Werks an der Morgensternstraße etwa 50 Kilogramm PVC-Pulver in die Luft geschleudert. Durch das stürmische Wetter verteilte sich das weiße Pulver über das nordöstlich gelegene Gebiet, vor allem an der Melchiorstraße, und blieb dort liegen. Der künstliche Niederschlag mischte sich mit dem zuvor gefallenen Schnee, doch als dieser taute, war die ungewünschte Bescherung offensichtlich. Laut Angaben der Firma bestand für die Anwohner "zu keiner Zeit eine Gefahr".

Die Gehsteige wurden von der Firma bereits gereinigt, die zugleich auch einen Umweltgutachter damit beauftragte, "fundierte Handlungsempfehlungen zur fachgerechten Reinigung der Verschmutzungen auszuarbeiten". Den Anwohnern wurde angeboten, ihre Anwesen auf Kosten des Unternehmens durch eine Fachfirma reinigen zu lassen. Auch das Referat für Klima- und Umweltschutz sei informiert worden.

Der Feinstaubanteil soll gering sein

Der Firma zufolge ist das Pulver nicht gesundheitsgefährdend und kann über den Restmüll entsorgt werden. Rückstände, die auf Pflanzen oder Früchten verblieben, könne man abwaschen. Der von Renolit beauftragte Nürnberger Umweltgutachter Volker Tröbs weist darauf hin, dass PVC (Polyvinylchlorid) zu den weltweit am häufigsten hergestellten Kunststoffen gehöre. Es sei mit einem Negativimage belegt, weil es zur Verarbeitung Weichmacher benötige. Das freigesetzte Pulver habe diese jedoch nicht enthalten, auch der Feinstaubanteil sei gering. Eine Aufnahme über den Verdauungstrakt wäre dann denkbar, wenn etwa Kinder kontaminiertes Laub verschluckten oder ableckten. Aber selbst verschlucktes PVC werde "unverändert wieder ausgeschieden".

Die Nachbarn wurden, wie die SZ durch mehrere Anrufe erfuhr, über das Geschehen aufgeklärt. Hermann Ranke zum Beispiel, der direkt neben dem Renolit-Werksgelände wohnt, hat Teile seines Grundstücks bereits mit dem Staubsauger gereinigt. Die von der Firma angebotene professionelle Reinigung sei aber erst bei trockener Witterung möglich, sagte Ranke. Er kennt sich mit diversen Werkstoffen gut aus - als öffentlich bestellter Bausachverständiger.

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