Prozess um Werbeanzeige:Verloren im Dschungel der Rabatte

Prozess um Werbeanzeige: Am Münchner Landgericht wird über die Rabattaktion verhandelt.

Am Münchner Landgericht wird über die Rabattaktion verhandelt.

(Foto: Johannes Simon)

20 Prozent "on top" und ein Geschirrspüler geschenkt: Das Landgericht muss über eine sogenannte Blickfangwerbung entscheiden. Werden die Kunden eines Möbelhändlers mit den groß dargestellten Preisabschlägen auf einer Anzeige in die Irre geführt?

Von Susi Wimmer

Mama backt, das Töchterchen ist selig und daneben verkünden riesige Zahlen auf rotem Grund verheißungsvolle Rabatte: 20 Prozent auf Möbel und Küchen, und 20 Prozent "on top" in allen Abteilungen, dazu noch einen Geschirrspüler geschenkt. Die Welt der Werbung kann so verlockend sein - aber auch irreführend. Die 17. Kammer für Handelssachen am Landgericht München I muss sich aktuell mit einer Werbeanzeige von Möbel Höffner beschäftigen, die angeblich den Verbraucher täuscht. Und die Vorsitzende Richterin Anne-Kristin Fricke machte am Ende der Verhandlung deutlich, dass auch die Kammer die diversen verschachtelten Rabatt-Aktionen nicht mehr ganz durchblickt hat.

"Ich habe meinen beiden Handelsrichtern die Anzeige vorgelegt, und sie sind zu unterschiedlichen Ansichten bezüglich der geltenden Rabatte gekommen", erzählte die Richterin in der Sitzung. Vor ihr liegt die Zeitungsannonce von Möbel Höffner, die so am 19. August 2021 in der SZ erschienen war. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte gegen die Anzeige geklagt. Die Wettbewerbszentrale wird getragen von der IHK, von Wirtschaftsverbänden und Unternehmen aus allen Branchen, quasi als Selbstkontrollinstitution gegen unlauteren Wettbewerb. Sie wird aktiv, wenn sich etwa ein Kunde getäuscht fühlt durch irreführende Werbung - oder auch ein Konkurrent.

Die vorliegende Werbung jedenfalls bezeichnete der Rechtsanwalt der Klägerpartei, Alexander Strobel, als intransparent und für den Verbraucher "schlicht nicht verständlich". Abgebildet sind riesige Rabattzahlen in Prozent auf rotem Grund: 20 + 20, dazu noch ein Elektrogerät gratis. Und nur bis zum 21. August. Im rechten Eck des roten Feldes ist der eingekreiste Buchstabe "R" zu sehen, was wie ein amerikanisches Copyright-Zeichen wirkt. Es soll aber nach unten ins Kleingedruckte verweisen.

Allerdings wird es in den Tiefen auch nicht verständlicher. Weil dort steht, dass es 20 Prozent Möbel- und Küchenrabatt gibt, zusätzlich 20 Prozent in allen Abteilungen, "was einer Gesamtminderung von 36 Prozent entspricht". Wobei wieder einige Markenprodukte vom Rabatt ausgeschlossen sind, und den gratis Geschirrspüler gibt es auch nur, wenn man eine Küche kauft, die nach Abzug aller Rabatte mehr als 4999 Euro kostet. Und dann steht noch am Ende: "Gültig bis 31.08.2021."

Wenn da stehe "20 Prozent in ALLEN Abteilungen", dann denke der Verbraucher, er erhalte 20 Prozent auf alle Produkte", sagte Rechtsanwalt Strobel. Blickfangwerbung wird so etwas genannt, wenn in großen Lettern große Versprechungen gemacht werden, die im Kleingedruckten dann zusammenschrumpfen. "Es ist nicht so, dass was versprochen wird, was nicht gehalten wird", meinte hingegen die Höffner-Anwältin Katy Ritzmann. Wenn der Kunde in den "Vollsortimenter" komme, sehe er alle diversen Reduzierungen auf einmal. Im Kleingedruckten stünden "klare Sätze, leicht verständlich - zugegeben, man sollte sie lesen". Und dass das eingekreiste "R" im Blickfang auf das unten anders dargestellte "R" für das Kleingedruckte verweise, sei nachvollziehbar.

Die Wettbewerbszentrale hatte Möbel Höffner angeschrieben, diese Werbung zu unterlassen. Als das Möbelhaus darauf nicht einging, beschritt man den Klageweg. Die 17. Kammer mit den Handelsrichtern Andreas Knaus und Jürgen Mahler machte deutlich, dass man "nach vorläufiger Einschätzung wohl der Klage stattgeben werde", so die Vorsitzende Anne-Kristin Fricke. Das Urteil soll im Januar verkündet werden.

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