Loriot-Zitat:"Früher war mehr Lametta" bekommt keinen Urheberschutz

Lesezeit: 2 min

Viele Sprüche des Komikers Loriot sind längst in den allgemeinen Sprachgebrauch eingeflossen. Nun ist das Zitat "Früher war mehr Lametta" ein Fall für die Justiz geworden. (Foto: dpa)
  • Loriots berühmter Satz "Früher war mehr Lametta" ist nicht vom Urheberrecht geschützt.
  • Das teilte das Landgericht München am Freitag mit.
  • Dem kurzen Satz aus dem Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts" fehle die maßgebliche "Schöpfungshöhe".
  • Die Erben des als Loriot berühmt gewordenen, 2011 gestorbenen Vicco von Bülow sind damit mit dem Versuch gescheitert, einem Hersteller zu verbieten, den Satz auf T-Shirts zu drucken.

Von Stephan Handel, München

Es ist vermutlich Loriots berühmtester Satz, er wird zuverlässig zu Weihnachten herangezogen oder immer dann, wenn betont werden soll, dass früher alles besser war - nur: Originell ist er nicht. "Früher war mehr Lametta", gesprochen vom Großvater im Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts", ist ein "eher alltäglicher und belangloser Satz", der deshalb auch nicht urheberrechtlich geschützt sei. Finden jedenfalls Landgericht und Oberlandesgericht München.

Die beiden Töchter Loriots hatten als Alleinerbinnen einen T-Shirt-Produzenten aus Leipzig zunächst abgemahnt: Er solle aufhören, den Satz auf seine Leiberl zu drucken, denn dadurch werde die Urheberschaft Loriots an dem Satz verletzt. Der Abgemahnte hatte daraufhin angeboten, die Shirts freiwillig aus dem Angebot zu nehmen und keine neuen mehr zu produzieren; sogar die Anwaltskosten hätte er übernommen. Das genügte den Erbinnen jedoch nicht - auch wenn er sich aktuell an sein Angebot gehalten hätte, hätte er jederzeit wieder mit der Produktion beginnen können. Deshalb beantragten sie beim Landgericht eine Einstweilige Verfügung.

Weihnachten
:Im Greta-Jahr zählt jede Tanne

Jedes Jahr kommen fast 30 Millionen Tannenbäume in deutsche Wohnzimmer. Zum Glück gibt es formschöne Alternativen, die nicht im Müll enden. Fünf Beispiele.

Von Mareen Linnartz und Violetta Simon

Das jedoch machte ihnen einen Strich von Loriotscher Absurdität durch die Rechnung: Der Lametta-Satz erfahre Besonderheit und Originalität durch die Einbettung in den Hoppenstedt-Sketch, heißt es in dem Beschluss. Für die Beurteilung der im Urheberrecht maßgeblichen "Schöpfungshöhe" komme es aber nicht darauf an, dass Sketch und Satz "von dem fraglos bekannten und bedeutenden Künstler Loriot" stammten. Der Satz sei, isoliert betrachtet, alltäglich und belanglos und bringe nur zum Ausdruck, dass früher tatsächlich mehr Lametta benutzt worden sei oder - in einem metaphorischen Sinn - dass früher alles besser war.

Als Beispiel für eine schützenswerte Wortfolge führt das Gericht das Verserl "Vom Ernst des Lebens halb verschont, ist der schon, der in München wohnt" an. Hingegen wurde urheberrechtlicher Schutz verwehrt für das Textfragment "Ja und jetzt, jetzt bring ma wieder Schwung in die Kiste, hey ab geht die Post, let's go, let's fetz, volle Pulle, volle Power, wow, super!" - in diese Kategorie gehört nach Auffassung des Gerichts also auch der Lametta-Satz.

Der Beschluss des Landgerichts ist nur ein bisschen über zwei Seiten lang. Viereinhalb Seiten benötigte das Oberlandesgericht als zweite Instanz, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass das Landgericht richtig lag. In ihrer Beschwerde hatten die Loriot-Töchter argumentiert, dass die Originalität des Satzes in seiner - falschen - Grammatik liege: Normalerweise werde das Verb "sein" nicht mit dem Komparativ "mehr" und einem Substantiv verbunden. Daraus folge, dass der Satz eben keine alltägliche Verwendung finde und also originell sei. Dem entgegnet der OLG-Senat allerdings nüchtern: "Dass in der täglichen Umgangssprache die Regeln der Semantik allgemein befolgt werden (...), kann nicht festgestellt werden."

Hätten Loriots Töchter das anfängliche Angebot ihres Kontrahenten angenommen, so hätten sie - wenigstens zunächst - erreicht gehabt, was sie wollten: keine T-Shirts mit dem Satz ihres Vaters. Nach den Gerichtsbeschlüssen ist nun das Gegenteil Realität - "Früher war mehr Lametta" ist nun sozusagen für jedermann frei zur Verwendung; der Leipziger T-Shirt-Produzent muss sich nicht einmal mehr an sein freiwilliges Angebot halten und kann Spruch und Shirts weiterhin ungehemmt verkaufen (AZ: 33 O 9328/19).

© SZ vom 21.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: