Prozess in München:Kinderpornografie über Whatsapp

Über soziale Netzwerke nimmt ein Mann Kontakt zu Mädchen zwischen sieben und elf Jahren auf - und bringt sie dazu, ihm Nacktfotos zu senden. Nun hat das Gericht eine Bewährungsstrafe für den vorbelasteten Sexualstraftäter verhängt.

Von Sophia Oberhuber

Ein 24-jähriger Münchner ist wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Beschaffens von Kinderpornografie verurteilt worden. Das Landgericht München sah es als erwiesen an, dass er im Jahr 2018 über soziale Netzwerke Kontakt zu Mädchen im Alter von etwa sieben bis elf Jahren aufgenommen und sie dazu gebracht hatte, ihm Nacktfotos zu senden. Der Prozessbeginn hatte sich wegen der Pandemie und der Überlastung der Justiz zunächst verzögert - bevor es nun zur Verhandlung kommen konnte, hatte sich der Täter bereits in ein betreutes Wohnen begeben und eine Therapie begonnen. Das dürfte sich positiv auf das Strafmaß ausgewirkt haben. Denn obwohl der Mann bereits wegen ähnlicher Vergehen vorbestraft ist, setzte das Gericht die Strafe erneut zur Bewährung aus.

Der 24-Jährige hat dem Gericht zufolge mit fünf Minderjährigen über den Messengerdienst Whatsapp gechattet und sie dazu aufgefordert, ihm Nacktaufnahmen zu schicken - was die Kinder dann auch taten. Vier der fünf Opfer sind der Staatsanwaltschaft nicht bekannt. Das fünfte Mädchen aber, zum Tatzeitpunkt zehn Jahre alt, ging mit seinen Eltern zur Polizei. Die Mutter war im Prozess als Zeugin geladen. Seit dem Vorfall befinde sich ihre Tochter in psychiatrischer Behandlung. "Sie hatte Angst, dass er plötzlich neben ihr stehen könnte", berichtete sie.

Der 24-Jährige kontaktierte das Kind im August 2018, nachdem sie in der Video-App Musically, heute Tiktok, einen Livestream erstellt hatte, so das Protokoll der polizeilichen Vernehmung des Mädchens. Der Mann gab sich als Elfjähriger aus, es wurden Handynummern ausgetauscht. Er wusste, wie jung das Mädchen ist, schickte über Whatsapp anzügliche Fotos von sich selbst und forderte das Kind dazu auf, sexuelle Aufnahmen von sich zu schicken - das tat es dann auch. Der Täter soll zudem ein Treffen vorgeschlagen haben, doch das lehnte das Mädchen ab. Die Mutter glaubt, dass der Kontakt maximal zwei Tage andauerte. Dann erfuhr sie von dem Chat und zeigte den Mann an.

Die Akte des Angeklagten im Bundeszentralregister ist lang. Demnach hat er sich zum Beispiel von einem Jungen Nacktaufnahmen schicken lassen und dem Kind anschließend gedroht, er werde diese Aufnahmen veröffentlichen, wenn der Junge ihm nicht ein weiteres Video schicke. Ein paar Jahre später wurde der Mann unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in 21 Fällen zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Gericht habe damals gehofft, das sei eine wirksame Warnung, sagte der Vorsitzende Richter zu Prozessbeginn - doch der Mann wurde schon bald rückfällig.

Der Verurteilte ist physisch und psychisch krank, er leidet am Klinefelter-Syndrom. Eine häufige Folge dieser Erkrankung sind Entwicklungs- und Hormonstörungen. Zudem hat die vom Gericht bestellte Psychiaterin den 24-Jährigen als "pädosexuell" eingestuft und eine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit gestand der Mann seine Taten. Später sagte er, er habe "Mist gebaut" und wolle weiter an sich arbeiten.

"Wenn die Dinge ihren normalen Gang gegangen wären, dann wäre es 2019 zum Prozess gekommen", sagte sein Verteidiger. "Als Bewährungsversager hätte man ihn zwangseingewiesen." Sein Mandant habe die Verzögerung genutzt, um Instrumente dafür zu entwickeln, die Taten nicht mehr zu wiederholen. Die Psychiaterin schätzt die Wiederholungsgefahr nun als gering ein. Teil der Auflagen ist, dass der Mann weiter in einem betreuten Wohnen lebt und eine Therapie durchführt. Sein Handy kann zu jeder Zeit unangekündigt von Betreuern durchsucht werden. Die Bewährung, die der Richter als "allerletzte Chance" bezeichnete, beläuft sich auf zwei Jahre.

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