Haft- und Bewährungsstrafe:Hotelaufenthalte ohne Bezahlung

Das Amtsgericht München verurteilt zwei Frauen, die sich monatelang in ganz Südbayern in Unterkünfte eingemietet hatten - ohne zu bezahlen.

Von Stephan Handel

Fünfzehnfacher Betrug, dreizehnfache Urkundenfälschung, dreimal Unterschlagung, dazu noch zahlreiche Vorstrafen und ein Schaden von fast 9000 Euro - das macht unterm Strich eine Haftstrafe von drei Jahren und sieben Monaten, zu der das Amtsgericht jetzt eine 63-jährige Frau verurteilt hat. Sie hatte zusammen mit einer 60-jährigen Bekannten, die sie als "Stiefpflegeschwester" bezeichnet, von August bis November 2019 praktisch durchgehend in Hotels gewohnt. Das Bezahlen vergaßen sie dabei allerdings.

Die beiden Frauen kennen sich seit ihrer Kindheit in München - die jüngere der beiden Frauen, ein Heimkind, hatte Wochenenden und Ferien in der Familie der älteren verbracht. Diese schlug seit Ende der Neunzigerjahre einen kriminellen Weg ein - mehr als zehn Jahre saß sie seitdem im Gefängnis. Nach ihrer letzten Haftentlassung Ende 2017 war sie nach Südeuropa ausgewandert - kam aber auf Bitten ihrer Stiefschwester nach Deutschland zurück, um diese vor nicht näher beschriebener "Verfolgung" zu beschützen.

Die Einmietbetrügereien verteilten sie gerecht über fast ganz Südbayern: In Germering und Feldafing, Hausham, Kreuth, Gmund am Tegernsee, Krün, Steingaden, Bad Bayersoien, Oberau, Garmisch-Partenkirchen, Kochel, Bad Tölz, Bad Heilbrunn, Dietramszell und Schongau buchten sie Ferienwohnungen, Pensionen, Gasthäuser und Hotels, blieben eine bis 14 Übernachtungen und verschwanden dann ohne Bezahlung. Das Gericht bescheinigte ihnen dabei, nicht immer nur das Billigste genommen zu haben: "Sie wählten regelmäßig einen gewissen Standard", heißt es im Urteil. Zwischen 145 und gut 300 Euro kostete eine Übernachtung, der Gesamtschaden beläuft sich auf 8937 Euro.

Die Wege zwischen ihren Stationen wollen sie zu Fuß gelaufen sein. "Wir haben uns zeitweise im Wald versteckt", sagte die Hauptangeklagte. "Wir haben uns nicht getraut, meine Angehörigen zu kontaktieren." Die Taten selbst gestanden beide Angeklagten unumwunden ein.

Das Urteil des Schöffengerichts nennt das Vorgehen der Täterinnen "äußerst dreist". Die Vorgehensweise sei dilettantisch gewesen, "da die Angeklagten zum Teil Namen von Bekannten benutzten, jeweils unverkleidet und in Begleitung eines auffälligen Hundes auftraten". Zu ihren Gunsten sprach das Geständnis und die lange Untersuchungshaft seit ihrer Festnahme im Mai 2020.

So kam bei der Hauptangeklagten schließlich eine Vollzugsstrafe von drei Jahren und sieben Monaten heraus. Ihre Komplizin, die nur geringfügig vorbestraft ist, erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten, "da bei ihr nach erstmaligem und langem Hafteindruck angenommen werden könne, dass sie keine Straftaten mehr begehen werde", so das Gericht.

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