Vor 500 Jahren:Als der erste Protestant in München geköpft wurde

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Unerbittlich ging der bayerische Herzog Wilhelm IV. gegen Protestanten vor: Vor allem gegen wenig einflussreiche Personen zeigte man Härte. (Foto: piemags/imago)

Sebastian Tuschler behandelt 1523 als "Franzosenarzt" Menschen mit Syphilis - und ist Anhänger von Luthers Lehren. Schon bald gerät er ins Visier von Religionswächtern des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. Seine Hinrichtung ist der Auftakt einer tödlichen Epoche.

Von Wolfgang Görl

Wenige Monate sind vergangen, seit der Bäckerknecht Sebastian Tuschler in München aufgetaucht ist. Irgendwann um die Jahreswende 1522/23 muss es gewesen sein. Dieser Tuschler ist Protestant, ein Lutherischer. Vielleicht war er in Schwaz, wo er einige Zeit als Bäcker gearbeitet hat, mit reformatorischen Ideen in Berührung gekommen. In der Tiroler Bergbaustadt ist lutherisches Gedankengut wegen der Predigten des evangelischen Theologen Jacob Strauß zu dieser Zeit weit verbreitet. Angekommen in München praktiziert Tuschler als "Franzosenarzt", was nichts anderes heißt, als dass er Menschen behandelt, die an der Syphilis erkrankt sind. Seinen evangelischen Glauben verbirgt er offenbar nicht, denn schon bald fällt er den Religionswächtern des bayerischen Herzogs Wilhelm IV. auf. Diese nehmen jeden ins Visier, der mit Luthers Lehre sympathisiert. Für Tuschler wird die Wachsamkeit der herzoglichen Beamten zur Katastrophe. Der Bäckerknecht wird gefangen, zum Tode verurteilt und im Juli 1523 enthauptet.

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