Süddeutsche Zeitung

Flug nach Kabul geplant:Appell vor dem Rathaus

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Bündnis protestiert gegen Abschiebungen nach Afghanistan

Von Bernd Kastner

Wenn Gisela Schneeberger im Film an der Seite von Gerhard Polt zu sehen ist, dann gibt es gern was zum Lachen. Dieser Tage aber, da ist der Schauspielerin gar nicht zum Lachen, man kann es aus ihrem Brief herauslesen, den sie "an die Verantwortlichen" gerichtet hat. Darin merkt sie an, dass man sie, also "die Verantwortlichen", zwar gerne beim Spatenstich für einen neuen Kreisverkehr sehe, aber nie auf Bildern vom Flughafen. Zumindest nicht dann, wenn wieder ein Abschiebeflieger nach Afghanistan startet. Warum bloß?, fragt sie sich. "Als Bürgerin, als Christin stehe ich vor einem Rätsel: Warum sind es gerade christliche Parteien, die solch einen Abschiebeeifer an den Tag legen?"

Einen Tag, bevor von München aus ein weiteres Flugzeug mit abgelehnten Flüchtlingen nach Kabul starten soll, hat sich Gisela Schneeberger eingereiht in die Gruppe derer, die eben das ablehnen: Abschiebungen nach Afghanistan. Generell, weil das Land so unsicher ist, und speziell jetzt, mitten in der Pandemie. Es hat sich ein breites Bündnis gebildet, das am Montag vor dem Münchner Rathaus gegen die Politik von Bundes- und Staatsregierung protestierte, vor Ort oder virtuell. Kirchliche Organisationen wie die Diakonie München und Oberbayern, Caritas oder Matteo gehören ebenso dazu wie beispielsweise Flüchtlingsräte und der Paritätische, die Gewerkschaft Verdi und Akteure der Kinder- und Jugendhilfe. Mit dabei sind auch Vertreter der Stadtratsfraktionen von Grünen, Linken - und der SPD, die in Berlin als Teil der Bundesregierung mitverantwortlich ist für die Abschiebepolitik.

Gisela Schneeberger belässt es in ihrem Brief nicht dabei, die "Verantwortlichen" in der Politik zu kritisieren, sie will ihnen auch Mut machen: "Ich möchte euch zurufen: Weg mit eurer Dauerangst vor der AfD und anderen Hartherzigen! Tragt eure Werte offensiv vor euch her und seid stolz darauf!" Wenn die angesprochenen Politiker das täten und dann in die Kamera lächelten, dann, so schreibt Gisela Schneeberger, könne vielleicht sogar sie "ein bisschen stolz" sein - "auf euch, die Verantwortlichen".

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Quelle:
SZ vom 09.02.2021
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