Süddeutsche Zeitung

Ausfälle bei der Post:Wenn der Bote nicht mehr klingelt

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In Forstenried und Solln kommt es vermehrt zu Verzögerungen bei der Briefzustellung. Grund ist der hohe Krankenstand bei den Männern und Frauen in Gelb-Schwarz.

Von Ben Bergleiter, Forstenried

Die Ambivalenz der Post: willkommene Boten, wenn sie lang ersehnte Briefe von Geliebten oder Vermissten bringen, oft genug unerwünschte Überbringer, wenn der Absender die Bank oder das Amt ist. Dabei kennt man die Menschen, die diese mitunter durchaus sensiblen Botschaften überbringen, ja meist gar nicht näher. Dennoch ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Unbekannten in Gelb-Schwarz enorm, es bleibt ja auch keine andere Wahl.

Umso problematischer, wenn sie dann für mehrere Tage nicht mehr erscheinen, wenn dringend benötigte Briefe ausbleiben. So erging es in der vergangenen Woche Katrin Mittermeier aus Forstenried. Sie ist Rechtsanwältin und geht ihrer Arbeit in ihrer "Wohnzimmer-Kanzlei" nach, wie sie ihr Homeoffice nennt. Seit Donnerstag, 11. November, habe sie mehrere Tage hintereinander keine Post mehr bekommen, das sei schädlich für ihr Geschäft. "Briefe sind meine Geschäftsgrundlage" erzählt sie. Als sie auf der Straße eine Postbotin sieht, spricht sie sie an, warum sie denn keine Post mehr bekomme. Die habe laut der Anwältin berichtet, dass bei der Post gerade viele Krankheitsfälle aufgetreten seien und es deswegen zu Verzug komme. Beim zuständigen Postamt an der Herterichstraße wird ihr diese Schilderung bestätigt.

Auch eine Sollner Arztpraxis ist schon seit circa einem Monat von Verzögerungen betroffen

Auch eine Nachfrage bei der Deutschen Post München bestätigt diesen Eindruck. Es komme vereinzelt zu Zustellverzögerungen, "diese sollten nicht länger als einen Tag betragen" erläutert Pressesprecher Dieter Nawrath. Doch Katrin Mittermeier wartet eine ganze Woche lang auf ihre Post, dann erst erhält sie endlich wieder Briefe und kann ihrer Arbeit im gewohnten Umfang nachgehen. Doch nicht überall löst sich der Verzug: Die Arztpraxis von Annette Berz in Solln sei schon seit circa einem Monat von Verzögerungen im Briefversand betroffen, sagt sie. Die Situation habe sich seitdem nicht gebessert. Briefe an Patienten, die normalerweise innerhalb eines Werktages ankämen, brauchten jetzt drei. Die Patienten riefen bei der Praxis an und beschwerten sich, doch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Praxis trügen an den Verspätungen keine Schuld.

Genauso wenig können die in gelb-schwarz gekleideten Boten etwas dafür. Wenn es zu personellen Ausfällen kommt, leiden die übrigen Postboten, die den Zustellbetrieb aufrechterhalten müssen, mit am meisten darunter. Zusätzliche Schichten und Überstunden seien die Konsequenz, hat Katrin Mittermeiers Botin ihr erklärt. Und als Empfänger bleibt einem dann nur noch übrig, auf den nächsten Brief zu warten.

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