Für die Untersuchung braucht Sandra Nischwitz nur "Hammer und Hände": Die promovierte Ärztin klopft auf die Kniescheibe des Patienten und prüft den Reflex, hakelt mit seinen Fingern oder lässt ihn mit seinen Händen gegen ihre Muskelkraft drücken. So versucht die Leiterin der Post-Covid-Ambulanz des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie herauszufinden, was ihrem Patienten fehlt. Nischwitz verbringt viel Zeit mit ihm, die meisten Termine in der Ambulanz dauern länger als eine Stunde. "Es wird viel geredet", erklärt die 42-jährige Neurologin. Diese Ausführlichkeit sei notwendig, da man noch am Anfang stehe, was neuro-psychiatrische Symptome wie Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten nach einer Corona-Infektion angeht. Der Schwerpunkt habe bisher bei Lungenbeschwerden gelegen: "Bis vor zwei oder drei Monaten hatten die allermeisten nur die pulmonalen Symptome im Fokus."
Die Ambulanz in München hat erst vor drei Wochen geöffnet. "Wir lernen noch", betont Nischwitz. Ein erstes Muster bei ihren Patienten kann sie jedoch bereits ausmachen: "Alle hatten einen relativ milden Covid-Verlauf und sind relativ jung, zwischen 25 und 40 Jahren." Bei der Behandlung hat die Medizinerin gemischte Gefühle, wie sie sagt: "Man hat Mitleid, es ist teilweise wirklich schlimm, aber zum anderen ist die Motivation da, die Beschwerden zu lindern." Welche Methoden ihren Patienten helfen könnten, schaut sie bei Therapien für andere Krankheiten ab. Die Arbeit von Sandra Nischwitz ist vielseitig. Um den Überblick über ihre Woche zu behalten, muss sie erst den eigenen Stundenplan öffnen: Am Montag und Mittwoch behandelt sie von 8.15 Uhr an Menschen, die beispielsweise an Multipler Sklerose erkrankt sind. Für Konsile, also Beratungen mit anderen Medizinern, fährt sie montags und donnerstags oft ins Schwabinger Krankenhaus. Außerdem bietet die Oberärztin eine Schlaf-Sprechstunde an.
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Von ihre Erfahrungen als Schlafmedizinerin könnten nun auch ihre Post-Covid-Patienten profitieren, welche zum Teil ebenfalls an schneller Ermüdung leiden. Einen typischen Fall stellt Nischwitz ihren Kollegen im Zuge einer internen Klinik-Weiterbildung vor: Die Frau ist jung, hatte einen leichten Verlauf, doch nun leidet sie unter den typischen Post-Covid-Symptomen, an Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten oder schneller Ermüdung. Ihre Ärztin gibt der Patientin Hoffnung. Sandra Nischwitz vermutet: "Das Syndrom ist etwas, das natürlicherweise bei den allermeisten irgendwann wieder abklingt."