Verkehr:Warum Pop-up-Radwege in München nicht verboten werden

Ein Verkehrsversuch aus gutem Grund: München richtete Pop-up-Radwege ein, weil die Zahl der Radfahrer schon seit Jahren wächst.

Ein Verkehrsversuch aus gutem Grund: München richtete Pop-up-Radwege ein, weil die Zahl der Radfahrer schon seit Jahren wächst.

(Foto: Robert Haas)

In Berlin hat ein Gericht acht solcher Radwege für illegal erklärt, aber in München liegt die Sache anders.

Von Andreas Schubert

Es kann der Frömmste nicht im Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. Das berühmte Zitat aus Schillers Drama "Wilhelm Tell" lässt sich trefflich immer wieder auf den ewigen Konflikt zwischen Autofahrern und Radfahrern anwenden. Radler wollen mehr Platz, Autofahrer aber wollen ihren Platz behalten, der ihnen aus Gründen früherer Stadt- und Verkehrsplanung üppig zur Verfügung steht. Und die jeweils eine Partei sieht in der anderen den bösen Nachbarn. Und heutzutage wird - anders als bei Schiller - dann eben vor Gericht gefochten.

In Berlin hatte der Senat schon seit März Radfahrern mehr Platz durch vorübergehende Radwege eingerichtet. Als Grund führte der Senat unter anderem die Corona-Pandemie an: Wer wegen der Ansteckungsgefahr nicht mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren wollte, sollte auch aufs Rad umsteigen können. Acht Pop-up-Radwege hat das Berliner Verwaltungsgericht inzwischen für illegal erklärt. Wegen der Radwege hatte ein AfD-Abgeordneter geklagt. Das Gericht gab ihm recht, weil es eine ausreichende Begründung für die Anordnung der Radwege vermisste - der Infektionsschutz reiche nicht als Anlass aus.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Senat hat außerdem unverzüglich Beschwerde in nächsthöherer Instanz angekündigt. Auf München, wo es seit Juni ebenfalls in fünf Straßen Pop-up-Radwege gibt, wird das Berliner Urteil wohl keine Folgen haben, auch wenn FDP und Bayernpartei eher auf der Seite der Autofahrer stehen und eine rechtliche Überprüfung fordern. Denn hier sind die rechtlichen Voraussetzungen anders, wie aus dem Kreisverwaltungsreferat (KVR) zu erfahren ist.

Bereits in den vergangenen Jahren habe sich der Anteil des Radverkehrs deutlich erhöht, im Frühjahr wurde das durch die Corona-Pandemie dann noch verstärkt. Viele Münchner mieden zur Wahrung des vorgeschriebenen Mindestabstands von 1,50 Metern zu anderen Personen und aus Angst vor Ansteckung die öffentlichen Verkehrsmittel und verlagerten ihre Fahrten auf das Fahrrad. "Die Notwendigkeit der eingerichteten Pop-up-Radwege ergab sich folglich aus der starken Zunahme des Radverkehrsaufkommens und nicht aus Infektionsschutzgründen."

Das ist der eine Unterschied zu Berlin, der andere ist noch wesentlicher und durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) gedeckt. Laut KVR sind die Münchner Pop-up-Radwege ein Verkehrsversuch, "um die Auswirkungen der bestandsorientierten Anlage eines Radfahrstreifens im jeweils gegenständlichen Straßenabschnitt im Vergleich zur vorherigen Situation zu testen". Die Maßnahmen würden durch das Planungsreferat evaluiert, die Ergebnisse dem Stadtrat vorgelegt, der dann über die künftige Verteilung des Straßenraums entscheiden soll. Überdies sei eine besondere Gefährdungslage für Verkehrsversuche seit dem Inkrafttreten der StVO-Novelle im Frühjahr nicht mehr notwendig.

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