Süddeutsche Zeitung

München:Polizei holt am Sendlinger Tor Flüchtlings-Unterstützer von den Bäumen

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Nach wochenlangen Protesten samt Hungerstreik hat die Polizei ein Camp von Flüchtlingen in München aufgelöst. Dutzende Beamte und Mitarbeiter des Kreisverwaltungsreferats hatten die Menschen am Freitagabend aufgerufen, das Lager in der Innenstadt zu räumen. Die Flüchtlinge kamen dem nach und packten Pavillons und Isomatten zusammen. Laut Camp-Sprecherin Narges Nasimi hatte das Camp zuletzt etwa 80 Teilnehmer. Sie betonte, die Flüchtlinge seien zur Räumung gezwungen worden.

Die Polizei erklärte den Einsatz damit, dass sich die Lage in den vergangenen Stunden deutlich zugespitzt habe. Schon 15 Flüchtlinge, die seit Montag im Hungerstreik waren, hätten im Krankenhaus versorgt werden müssen. Die Teilnehmer seien geschwächt, und in den nächsten Tagen und Nächten solle es kalt werden - mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Zudem wollten die Menschen nun auch noch aufs Trinken verzichten. "Eine Gefahr für Leib und Leben kann nicht mehr ausgeschlossen werden", sagte ein Polizeisprecher.

Am Freitagvormittag hatte die Organisation "Refugee Struggle for Freedom" bekannt gegeben, die Flüchtlinge - vorwiegend aus Afrika - wollten von Samstag an auch aufs Trinken verzichten, wenn die Politik sie weiter ignoriere. Sie hatten zudem ein Ende von Abschiebungen in vermeintlich sichere Herkunftsländer gefordert. Bei einem Protestmarsch quer durch Bayern in den vergangenen Wochen waren sie unter anderem nach Nürnberg vors Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gezogen.

Unterstützer der Flüchtlinge kletterten in die Bäume

Wie viele Beamte für die Räumung im Einsatz waren, sagte der Sprecher nicht. Die Einsatzkräfte sperrten den Platz nahe dem Sendlinger Tor vorübergehend ab. Auch einige Straßen konnten nicht mehr genutzt werden, zudem war eine Straßenbahnverbindung blockiert.

Im Zuge der Räumung kletterten unmittelbar am Sendlinger Tor etwa acht Menschen auf Bäume. Nach Angaben des Polizeisprechers handelte es sich dabei um Unterstützer der Flüchtlinge. Sie forderten - beobachtet von der Polizei - lautstark ein Bleiberecht und verharrten stundenlang in den Baumkronen. Polizisten holten die Demonstranten in der Nacht zum Samstag herunter.

Räumungen von Flüchtlingscamps in der Vergangenheit

Bereits im November 2014 hatte die Polizei ein ähnliches Protestcamp in München aufgelöst. Damals hatten Flüchtlinge eine ganze Nacht lang auf Bäumen ausgeharrt und waren erst am Morgen entkräftet heruntergeklettert. Nach einem anschließenden Gespräch hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) einen Brief an Landes-, Bundes- und Europapolitiker geschickt und sie zum Gespräch über die Flüchtlingspolitik eingeladen.

Im Juni 2013 räumte die Polizei zudem ein Protestcamp am Münchner Rindermarkt, nachdem Flüchtlinge dort ebenfalls mehrere Tage lang nicht getrunken hatten. 44 Menschen kamen damals ins Krankenhaus.

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