Polizei in München:Die kuriosesten Fälle des Jahres

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Polizeiautos während einer Demonstration in der Schwanthalerstraße. Nicht nur die Protestzüge hielten die Beamten 2019 auf Trab. (Foto: Florian Peljak)

Ein letztes Überbleibsel der Mondmission in Brunnthal, eine geheimnisvolle Pfütze vor dem chinesischen Generalkonsulat in Obersendling: Einige Fälle forderten Polizei, Feuerwehr und Zoll auf besondere Weise.

Von Martin Bernstein

Alle Jahre wieder haben Bundes- und Landespolizei in München und am Flughafen im Erdinger Moos sowie Feuerwehr und Zoll Einsätze, über die sie - wenn alles gut gegangen ist - am Ende sogar schmunzeln, zumindest aber den Kopf schütteln können. Das sind dann diejenigen unter den rund 400 000 Münchner Einsätzen im Jahr, über die die Pressestellen besonders gerne berichten. Und mancher Fall, der zunächst dramatisch aussieht, löst sich dann zur Freude aller Beteiligten in Wohlgefallen auf.

So wie ein Einsatz kurz vor Weihnachten, bei dem Münchner Polizisten sich am Oberanger als Freunde und Helfer präsentieren konnten. Laute Hilferufe hatte da jemand gehört. Unter dem Einsatzbefehl "Verdächtige Wahrnehmung" eilten Beamte der Altstadtwache zu dem Haus, in dem sich mutmaßlich Schreckliches zugetragen hatte. Hatte es auch, wie sich bald herausstellte - zumindest für den Betroffenen. Der saß nämlich auf seinem Dachboden fest, weil eine Tür zugefallen war, die sich von seiner Seite aus nicht mehr öffnen ließ. Vermutlich waren Christbaumkugeln oder Kripperl auf dem Altstadt-Speicher gelagert. Trotzdem mag niemand gerne Weihnachten im zugigen, ungeheizten Raum direkt unter den Dachbalken feiern. Die Polizisten konnten den Mann aus seiner misslichen Lage befreien.

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Was aus drei Münchner Kriminalfällen geworden ist, die im Jahr 2019 Aufsehen erregt haben.

Überhaupt geht es bei Einsätzen in München relativ oft darum, dass irgendein Mensch oder ein Tier aus einer Zwangslage befreit werden muss, in der er, sie oder es sich mutwillig oder versehentlich gebracht hat. Wie etwa die beiden jungen Leute, die es Anfang April für eine tolle Idee hielten, ihr morgendliches Schäferstündchen in ein geparktes Auto zu verlegen, dessen Hintertüre zufällig offen stand. Es war nicht ihr eigenes Auto - das sollte sich im weiteren Verlauf nicht nur aus rechtlichen Gründen als problematisch erweisen. Denn die Tür ließ sich zwar zum Zweck des ungestörten Austauschs von Zärtlichkeiten von innen schließen, aber nicht mehr öffnen. Das war ein bisschen peinlich für die Beteiligten, denn nun mussten sie die Feuerwehr rufen. Die befand jedoch: keine unmittelbare Gefahr im Verzug - und informierte die Polizei, die ihrerseits den Abschleppdienst alarmierte. Nach eineinhalb Stunden auf der Rückbank wurden die Turteltauben befreit.

Einen ausnahmsweise legalen Akt der Gefangenenbefreiung verübte die Berufsfeuerwehr. In der Bundespolizeiinspektion am Münchner Hauptbahnhof ließ sich nämlich das Schloss einer Handschelle partout nicht mehr öffnen. In den Fesseln der Ordnungshüter steckte ein 36 Jahre alter Delinquent. Also musste die Feuerwehr mit dem Trennschleifer ran. Ob die gelungene Operation dem Mann dauerhaft die Freiheit sicherte, ist nicht überliefert.

Mitten im Hauptbahnhof ereignete sich im Februar auch ein Unfall mit einem Fahrzeug. Zum Glück war aber nicht etwa ein Zug involviert, wie man vielleicht mutmaßen könnte, sondern ein dreh- und fahrbarer Bürostuhl. Mit diesem Gefährt raste ein Unbekannter mitten in der Nacht über den Querbahnsteig und schlug damit in einen Verkaufsstand ein. Der Unfallfahrer konnte unerkannt flüchten.

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(Foto: Polizei)

Der Spionage-Roman wurde am Flughafen entdeckt.

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(Foto: Polizei)

Dreiste Diebe: Mit einer Rampe holten Autoknacker einen Golf vom Güterzug.

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(Foto: Polizei)

Wilde Fahrt: Mit dem Bürodrehstuhl raste am Bahnhof ein Unbekannter in einen Kiosk.

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Schau, das Schaf: Einen Polizeieinsatz löste ein Straßen und Schienen überquerender Vierbeiner im Januar im Stadtteil Aubing aus.

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Münchner Ordnungshüter und Retter müssen sich mit Brehms Tierleben gut auskennen: Schwan...

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...und Boa constrictor, dazu Makrele, Rohrratte, Königspython, Eichhörnchen, Kaninchen, Skorpion, Nashorn.

Und noch einen Einsatz im Schienenverkehr gab es im zu Ende gehenden Jahr - in einem Kindergarten im Arnulfpark. Ein Mädchen hatte sich beim Spielen mit einer Holzeisenbahn den Finger eingeklemmt. Der Zeigefinger geriet genau in das runde Verbindungsstück einer Holzschiene und blieb stecken. Die Erzieherinnen versuchten vergeblich, das Kind mit Öl und Seife aus seiner misslichen Lage zu befreien. Das gelang erst den Experten der Feuerwehr, die ganze fünf Minuten feinmechanischer Arbeit dafür benötigten.

Genau 50 Jahre nach der Mondlandung wird in Brunnthal eine verdächtige Kapsel gemeldet

Viele, die damals mitfieberten, erinnern sich noch an die verwackelten TV-Bilder von der ersten Mondlandung. Kein Wunder, dass Apollo 11 zum 50. Jahrestag am 21. Juli 2019 noch in manchen Köpfen herumschwirrte. Es wäre ja auch etwas ganz Besonderes gewesen, wenn ausgerechnet am Vorabend ein letztes Überbleibsel der Mondmission nahe München herunter geplumpst wäre - eine Randnotiz für die Menschheit sozusagen, aber eine Schlagzeile für Brunnthal. Ein von Neil Armstrong beseelter Anrufer hatte bei einem Blick zum Sternenhimmel eine solche Sichtung. Eine Apparatur in Kapselform habe einen hochfrequenten Ton abgegeben, teilte er der Polizei mit. Eine Streifenbesatzung der Inspektion Unterhaching entdeckte das Trumm tatsächlich. Es war nicht extraterrestrisch - und dennoch eine Erinnerung an Apollo 11. Es handelte sich um eine irdische Forscherkapsel, die mit einem Wetterballon gestartet worden war. Als Hommage zum Jahrestag.

Mysteriöses trug sich 2019 indes nicht nur am Himmel zu. Manchmal genügte ein Blick auf die Straße, um auf das sinistre Treiben internationaler Agenten schließen zu können. Zumal, wenn sich das Geschehen unweit des chinesischen Generalkonsulats in Obersendling abspielt. Eine Pfütze mit einer geheimnisvollen braunen Flüssigkeit entdeckte dort jemand im Februar zu nachtschlafender Zeit. Die Feuerwehr hat Experten für allerhand gefährliche Stoffe. Die rückten an, sicherten das flüssige Beweismittel, schnupperten und stellten fest: Sojasoße.

Und auch das erinnerte an einen James-Bond-Film alter Schule, als Spione noch auf Handarbeit setzten: Mit einem Buch im Handgepäck erschien eine 59 Jahre alte Frau an der Sicherheitskontrolle am Flughafen. Die Kontrolleure an ihren Durchleuchtungsgeräten staunten nicht schlecht: In das Buch, aus dem die Seiten in passender Größe ausgeschnitten waren, war eine Pistole eingearbeitet. Die Frau aus Oberfranken konnten glaubhaft versichern, dass ihr Name weder Q noch Moneypenny sei - und dass sie das Buch online als Urlaubslektüre gekauft und bislang nicht näher angeschaut habe. In den Urlaub durfte sie fliegen, doch das Buch blieb da.

"Wir haben den Täter ausgeschaltet", meldete die Münchner Polizei auf Twitter wenige Stunden nach einem Einbruchalarm aus Ottobrunn. Ein Bewegungsmelder im Flur einer Wohnung hatte im Januar Verdächtiges registriert. Ein Warnton ließ einen Nachbarn aufschrecken, der sofort die 110 rief. Zur gleichen Zeit bekam auch der Wohnungsinhaber in Abwesenheit eine SMS aufs Handy. Dem Mann schwante sofort: Möglicherweise waren da gar keine Einbrecher am Werk, sondern sein iRobot Roomba Saugroboter ("Ihr Partner für ein sauberes Zuhause"), den der Besitzer eigentlich defekt wähnte. Doch das fleißige elektronische Helferlein hatte sich offenbar erholt und selbständig gemacht. Drei Polizeistreifen und der Wohnungsinhaber trafen zusammen am Tatort ein. Und schalteten den Übeltäter aus.

Und nun zum Sport: Auch da ereignet sich bisweilen Unerklärliches. Zum Beispiel, dass die Fußballer des FC Bayern München im März gegen Liverpool 1:3 verloren und aus der Champions League ausschieden. Möglicherweise geht die Niederlage auf ein Beschwörungsritual eines britischen Fans zurück. Der Mann vom Mersey River wurde nämlich am Morgen vor dem entscheidenden Spiel in der Münchner Innenstadt aufgegriffen. Ohne nähere Erinnerung an den Standort seines Hotels - aber auch ohne Hose. Das sei die Folge von "ein oder zwei Bier" behauptete er. Vielleicht aber hatte er nur schon mal die Beine frei gemacht, um am Abend die den Bayern ausgezogenen Lederhosen übernehmen zu können.

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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