Autodiebe:Probefahrt ins Präsidium

Lesezeit: 3 Min.

Eine Bande von Betrügern will die Vermieter von Luxusautos um ihre Fahrzeuge bringen - macht die Rechnung jedoch ohne die Polizei.

Von Bernd Kastner

Dieses Auto lockt. Es zieht Menschen an, denen es gefällt, mit viel Wind von null auf hundert in nicht mal vier Sekunden zu beschleunigen, und dabei 530 PS dröhnen zu lassen. So ein BMW M850i Cabrio lockt aber auch jene an, die vor lauter Freude am Fahren gar nicht mehr zurückkommen wollen. Das haben jetzt die Besitzer einer Münchner Autovermietung erlebt.

Es geht um 150.000 Euro. So viel etwa koste so ein BMW, würde man ihn neu kaufen, sagen die beiden Geschäftsleute. Vergangene Woche wollte den ein Mann aus den Niederlanden den Wagen mieten, 250 Euro kostet das pro Tag. Angefragt hatte der Concierge eines Münchner Luxushotels, man kennt sich, der Hotelmann vermittelte den Kontakt, am Freitag wollte der Gast das Auto übernehmen. Wenig später habe sich der Concierge erneut gemeldet, weil ihm etwas komisch vorkam: Der Gast werde nachmittags um drei in sein Zimmer einchecken, wolle mit dem Auto aber schon vorher eine Runde fahren.

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Vorsicht!, sagten sich da die Vermieter, denn sie hatten vor einem halben Jahr schon mal Lehrgeld bezahlt. Es war an Heiligabend, da buchte ein wohlhabender Hotelgast ein ähnlich teures Auto, er war in einer anderen Stadt abgestiegen, auch in einem luxuriösen Haus, und ließ sich den Wagen dorthin bringen. Gesehen wurde er nach Übergabe des Fahrzeugs nicht mehr. Eine Weile war er noch online zu verfolgen, über einen GPS-Sender, er steuerte Richtung Osten, aber irgendwann waren der Sender tot und das Auto weg. Die Versicherung habe nicht gezahlt, berichten die beiden Vermieter, es war kein schönes Weihnachten.

Also kontaktierten sie vergangene Woche die Polizei. Zumal sie erfahren hatten, dass ihr Kunde über ein weiteres Münchner Hotel bei einer weiteren Firma ein Auto geordert hatte, einen Audi, ähnlich teuer. Ein Mann, zwei Zimmer, zwei Autos? Die Kripobeamten fanden das so interessant, berichten die beiden Firmenchefs, dass sie vorübergehend den Job als Vermieter übernahmen.

Man traf sich wie vereinbart um elf in dem Münchner Hotel, der Fake-Vermieter, von Beruf Polizist, erklärte dem pünktlich erschienenen Kunden den Wagen. Der Mann sei etwas ungeduldig gewesen, wollte rasch los. Es ging dann auch schnell: Als der Schlüssel in der Hotellobby übergeben war, kümmerten sich Kollegen des Fake-Vermieters um den Kunden. Anschließend kam er in den Genuss einer kostenlosen Probefahrt im Polizeiauto.

Die beiden echten Vermieter hielten sich in der Nähe des Hotels auf. Weit genug weg, um den Einsatz nicht zu stören, aber doch nah genug, um ein bisschen was mitzubekommen. Zum Beispiel, dass ihr Kunde offenbar nicht allein nach München gekommen war. Er soll insgesamt vier Wagen reserviert haben, weshalb wohl drei Komplizen von ihm in einem Auto beim Hotel warteten, startbereit. Das Quartett traf sich auf dem Präsidium wieder.

Ein Polizeisprecher bestätigte am Sonntag den Einsatz: Es handle sich offenbar um eine Betrügerbande, alle vier seien niederländische Staatsbürger und zwischen 26 und 38 Jahre alt. Die vier säßen jetzt in Untersuchungshaft, teilweise seien sie vorbestraft.

Die beiden Vermieter, glücklich ob des gelungenen Polizeieinsatzes, erzählen, dass kriminelle Autobanden eine große Plage für die kleine Branche der Luxusautovermieter seien. Die jetzt gescheiterte Masche habe vor ein paar Monaten in München noch funktioniert, also, beinahe. Man kennt sich in der kleinen Branche, und so haben sie erfahren, dass damals bei anderen Firmen schon mal vier Wagen an einem Tag bestellt wurden, Ferrari, Lamborghini und so. Die Autos waren weg. Dann aber recherchierten findige Leute einer der betroffenen Firmen, und siehe da, nach ein paar Wochen hatten sie die Wagen aufgespürt. Da waren sie in einem europäischen Hafen in Container verpackt, irgendjemand auf einem anderen Kontinent freute sich bereits auf das Dröhnen vieler Pferdestärken.

Nun aber freuen sich erst mal die Münchner Autovermieter und sind voll des Lobes für die Münchner Polizei. Das ist auch ein Happy End für jene, die dieser Tage den M850i mieten wollen. Voraussetzungen sind: Führerschein, Ausweis, Kreditkarte. 23 Jahre alt muss der Fahrer sein, und wieder zurückkommen.

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