München will "Zero Waste City" werden, wörtlich übersetzt: eine Stadt ohne Müll. Das Ziel klingt toll, die Stadt hat es sich vor zwei Jahren auf die Fahnen geschrieben. Sarkastisch könnte man sagen: Klappt super bisher, zum Beispiel beim Plastikmüll. In München scheint es schließlich viel weniger davon zu geben als in anderen Städten. Gerade einmal 5,7 Kilo kamen hier pro Kopf durchschnittlich im Jahr 2019 zusammen. Im Rest von Bayern sind es im Schnitt 21,6 Kilo.
Sarkasmus aus: Natürlich gibt es in München nicht weniger Plastikmüll als anderswo, es wird nur viel weniger gesammelt. Das liegt am hiesigen Sonderweg, der die Menschen nicht gerade zur Mülltrennung motiviert. Viele nehmen den Weg zur Wertstoffinsel nicht auf sich. Stattdessen landen große Mengen Plastik in der Restmülltonne - und werden verbrannt.
Dass der Abfallwirtschaftsbetrieb (AWM) nun einen Pilotversuch mit der gelben Tonne starten will, ist deshalb richtig und überfällig. Vor allem, wenn absehbar ist, dass der Rezyklateinsatz in der Produktion sich künftig deutlich erhöhen wird. Bisher hatte der AWM mit dem hohen Sammelaufwand und mit der geringen Recyclingquote gegen die gelbe Tonne argumentiert. Tatsächlich wird noch viel zu wenig Plastik wiederverwertet, die Quote liegt im niedrigen zweistelligen Bereich. Laut Verpackungsgesetz müssten es seit diesem Jahr eigentlich 63 Prozent sein. Mit seiner Argumentation lag der AWM also gar nicht falsch. Doch Plastik, das gar nicht erst gesammelt wird, kann eben auch nicht recycelt werden. Und so ändert sich nichts am System.
Dass jenes ziemlich kompliziert ist und in der Summe ziemlich falsch, darüber waren sich im Stadtrat auch bisher alle weitgehend einig. Eine grüne Stadträtin sagte vor knapp zwei Jahren einen bemerkenswerten Satz. Eigentlich müsse man ehrlich sein zu den Menschen: "Wenn ihr euer Plastik in die Restmülltonne werft, wird es wenigstens hier verbrannt." Werde es hingegen brav im Container entsorgt, könnte es am Ende in den Weltmeeren landen. Damals erteilte Grün-Rot der FDP-Forderung nach einem Pilotversuch mit der gelben Tonne noch eine Absage. Gut, dass die Regierungsfraktionen nun anders darüber denken.
Vor der Corona-Pandemie waren die Münchner übrigens immer bessere Abfallvermeider geworden. Über zehn Jahre sind laut AWM die Restmüllmengen um fast 50 Kilo pro Kopf gesunken. Doch die Pandemie hat den Trend umgekehrt: 2020 warf jeder Einwohner im Schnitt 201 Kilo Restmüll weg, fünf Kilo mehr als 2019. Das hehre "Zero Waste"-Ziel liegt in weiter Ferne.