Gesteinskunde. Wer so etwas betreibt, der muss sich eigentlich auch mit Rockmusik gut auskennen. Also wenn man den "Rock" jetzt mal als "Felsen" übersetzt. Mit Lina Seybold und Moritz Gamperl haben jedenfalls zwei zusammengefunden, die beides leidenschaftlich tun. Das heißt: Sowohl die Erdkruste auf ihre Beschaffenheit hin abzuklopfen als auch der Rockmusik in ihren Verästelungen nachzuspüren. Letzteres machen die beiden Münchner seit 2018 mit ihrer Band Pirx. Kennengelernt haben sie sich im Geologiestudium. Und dann war wohl schnell klar, dass sie sich beide auch für den Rock als Musikform interessieren. Mit "Lamina" gibt es beim Label Kommando-84 von Pirx seit Mitte August nun auch ein Album. Am 2. September werden sie es live im Feierwerk präsentieren.
Was da auf "Lamina" als in zwölf Songs gegossene, musikalische Lava in einer sehr beeindruckenden Weise an die Oberfläche bricht, das hat wie vieles im Erdreich eine Vorgeschichte. So hat Bassistin und Sängerin Lina Seybold vor Pirx schon 15 Jahre lang bei der bekannten Indierock-Band Candelilla Gitarre gespielt, die seit 2018 auf Eis liegt. Gitarrist und Sänger Moritz Gamperl hatte davor wohl ebenfalls mehrere Indie-Projekte. Und Schlagzeuger Sascha Saygin, der die Band seit 2019 komplettiert, war jahrelang bei der Punk-Band Die Schröders und danach bei Majmoon und bei Friends Of Gas.
Wir bestehen aus den gleichen Atomen, dem gleichen Sternenstaub
Dass die drei ihr Metier und Instrumentarium kennen, das hört man "Lamina" auch an. Das beginnt tatsächlich mit dem Grummeln eines Vulkans, dem des Cumbre Vieja auf La Palma, das eine befreundete Vulkanologin 2021 aufnahm. Bald darauf setzen beim Opener "Zone Null" ein leises Pochen, ein Synthesizer und die hohe, klare Stimme von Seybold ein. Der Vulkan grummelt weiter, dazu eine Gitarre, begleitet von einem leicht vertrackten Schlagzeug. In "Makeshift Heat" singt Seybold von einem "beautiful day". Bald folgt die Einladung "come with us", vorgetragen mit Sirenen-hafter Stimme und unterlegt mit drängenden Rhythmen. Der Text ist von Herbert W. Franke inspiriert, dem im Juli verstorbenen Science-Fiction-Autor, Physiker und Computerkunst-Pionier.
Der Kontrast zwischen drängenden Akkorden und Rhythmen und Seybolds sanfter Stimme, er prägt auch zahlreiche weitere Songs, von denen einige immer wieder ins Sehnsüchtige ausbrechen. Bei "Papillon", das hauptsächlich von Saygins harten, vertrackten Beats lebt, hört man ein verhalltes Klavier. Auch in "Grauzone-Nightglass" trägt einen eine Klaviermelodie hinein. Das eher ruhige "Nowhere Water" wirkt mit dem ständig im Duett-Gesang wiederholten "We're trying to find water" höchst aktuell. Bei "Tremor" und "Ecossaise" klingt mit sägenden Gitarren die Candelilla-Schule durch. "Parvis-Pirx" und "Enough Space" wiederum bilden zwei Ruhepole. Und im abschließenden "Lamina" wird emphatisch unsere Zugehörigkeit zur Natur beschworen. Weil wir, so wie alles, aus den gleichen Atomen, aus dem gleichen Sternenstaub bestehen. Und Geologen müssen das ja wissen.
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Pirx: Lamina (Kommando-84), live am Fr., 2. Sept., um 20.30 Uhr im Feierwerk (Sunny Red), Hansastr. 41, www.pirxband.de