Pinakothek der Moderne:Zeit wird's

Lesezeit: 2 min

Die Neue Sammlung in der Pinakothek der Moderne präsentiert die erste Soloausstellung des niederländischen Designers Maarten Baas im deutschsprachigen Raum. Er verknüpft Film, Performance, Technik, Kunst und Design miteinander.

Von Jürgen Moises

Was ist Zeit? Ist sie eine objektiv gegebene Wesenheit oder Tatsache? Oder ist sie an die menschliche Erfahrung, das menschliche Bewusstsein geknüpft? Über Fragen wie diese haben sich von Aristoteles über Augustinus bis hin zu Heidegger schon viele Philosophen ihren Kopf zerbrochen. Auch die Wissenschaft hat sich daran versucht, und das mit einem nicht wirklich eindeutigen Ergebnis. Ein großes Problem ist, dass wir die Zeit nie direkt, sondern nur über ihr Verstreichen, über Veränderungen oder Ereignisse wahrnehmen. Das können die Jahreszeiten sein oder der Uhrzeiger, der sich symbolisch im Kreise dreht. Dass letzterer von Menschenhand geschaffen ist, das wird gerne vergessen. Oder auch, dass die Natur keine Stunden und Minuten kennt.

Genau hier kommt Maarten Baas mit seiner Serie "Real Time" ins Spiel, die vom 10. Juni an in der ersten Soloausstellung des niederländischen Designers in der Neuen Sammlung der Pinakothek zu sehen ist. "Maarten Baas - New Times" heißt die Schau, die einen der derzeit originellsten und einflussreichsten europäischen Gestalter ins Bild rückt. Seinen Durchbruch hatte der 43-Jährige 2002 mit seiner Abschlussarbeit "Smoke", in der er Designklassiker wie von Gerrit Rietveld oder Ettore Sottsass durch Feuer verkohlen ließ. Auch mit seinen "Clay"-Möbeln wurde Maarten Baas international bekannt.

Mit der Serie "Real Time", in der er interdisziplinär Film, Performance, Technik, Kunst und Design verknüpft, hat der Niederländer 2009 begonnen. Im Zentrum stehen hier 12-stündige Filme, die verschiedene Performances zum Thema Zeit dokumentieren. Das kann wie bei "Analog Clock" ein Mann sein, der in einer Standarduhr mit einer Hand Ziffer für Ziffer malt und damit das Verstreichen der Zeit verdeutlicht. Auch bei den "Grandfather Clocks" befindet sich ein Mann scheinbar in einer Uhr und malt darin die Zeiger auf. Und bei "The Sweepers Clock" sieht man zwei Arbeiter, die Müll in Form eines Uhrzeigers zusammen und im Kreis kehren. Von Maarten Baas entworfene Sanduhren sind ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sowie eine Installation, die er speziell dafür entwickelt hat.

Hinzu kommen ausgewählte Objekte aus der im Jahr 2006 gestarteten Serie "Clay", wie etwa eine 2021 entstandene Leiter. Wie er seine "spontanen" und "naiv" designten, grell bunten "Clay"-Objekte aus industriellem Ton entwickelt, dazu gibt es übrigens auf seiner Webseite maartenbaas.com einen schönen Animationsfilm. Darin sieht man Baas als alten Mann im Jahr 2056, wie er ein Stück Ton auf eine Drehscheibe wirft und dann einen blauen Stuhl baut. Auch hier ist also Zeit ein Thema, indem Baas schon mal humorvoll und im Voraus den 50. Geburtstag seiner "Clay"-Serie zelebriert.

Maarten Baas - New Times , bis So., 3. Okt., Pinakothek der Moderne, Barer Str. 40, Telefon: 23 80 53 60

© SZ vom 09.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: