Viele Studierende und Auszubildende sind von Armut bedroht. Dies hat der Stadtrat indirekt anerkannt. Denn von Anfang Januar 2025 an können sowohl Studierende als auch Auszubildende einen München-Pass bekommen. Der Sozialausschuss hat das in seiner Sitzung am Donnerstag einstimmig beschlossen.
Der München-Pass ermöglicht Menschen mit geringem Einkommen eine Vielzahl von Vergünstigungen, etwa im öffentlichen Nahverkehr, in Museen, Sportstätten, Schwimmbädern oder Kinos. Bisher werden diese Vergünstigungen zum Beispiel Beziehern von Bürgergeld oder Asylbewerbern gewährt sowie prinzipiell allen Menschen, die nachweisen konnten, dass sie unterhalb bestimmter Einkommens- und Vermögensgrenzen liegen.
Auch Menschen, die ein Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr oder einen Bundesfreiwilligendienst machen, können einen München-Pass beziehen. Auszubildende und Studierende sind allerdings bis jetzt explizit ausgenommen. Eben das soll sich im kommenden Jahr ändern.
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Der Beschluss des Sozialausschusses setze ein Zeichen, „dass wir anerkennen, dass Studis und Azubis in München auch unterhalb der Armutsgrenze leben“, sagt Clara Nitsche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Fraktion im Stadtrat. Verschiedene Jugendverbände hätten diese Erweiterung des München-Passes schon lange eingefordert.
Und auch ihre Koalitions-Kollegin Barbara Likus von der SPD-Fraktion stimmt Nitsche zu: „Es gibt hier Studis und Azubis, die von Armut betroffen sind.“ Tatsächlich sind laut Statistischem Bundesamt gut ein Drittel aller Studierenden und 18 Prozent aller Auszubildenden in Deutschland armutsgefährdet. Wer von den Eltern ausgezogen ist, ist noch viel stärker betroffen: 77 Prozent der Studierenden sowie 54 Prozent der Auszubildenden, die alleine oder in WGs leben, sind durch Armut bedroht. Besonders in einer so teuren Stadt wie München dürfte es noch mehr Studierende und Auszubildende treffen.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich dadurch für junge Frauen, die studieren oder eine Ausbildung machen: Die Stadt München wird ihnen, sobald sie über 22 Jahre alt und München-Pass-Bezieherinnen sind, die Kosten für verschreibungspflichtige Verhütungsmittel, etwa für die Pille, erstatten.
Ein weiterer Erweiterungspunkt des München-Passes sorgte dagegen für Diskussionen. Mehrere Fraktionen sprachen sich für eine vergünstigte Version des Deutschlandtickets für alle München-Pass-Bezieher aus. Dies sei viel einfacher in der Handhabung als das derzeit gültige „Sozialticket“ innerhalb des MVV, die Isarcard S, die 31,10 Euro kostet, jedoch werktags nur von 9 Uhr morgens an und nur für eine Zone gilt.
Die Fraktion Die Linke/Die Partei schlug vor, stattdessen das Deutschlandticket für München-Pass-Bezieher pauschal auf 29 Euro zu vergünstigen. „München ist Schlusslicht unter den Städten, wenn es um die Mobilität für ärmere Menschen geht“, sagte Fraktionsvorsitzender Stefan Jagel. In vielen Städten gebe es bereits Vergünstigungen.
In Nürnberg oder in Erlangen zahlen Bedürftige nur 19 Euro monatlich fürs Deutschlandticket. „Wir sollten uns nochmal anschauen, wie andere Kommunen das lösen“, schlug auch Grünen-Stadträtin Clara Nitsche vor.
Doch soll die Kommune oder der Verkehrsverbund MVV diese Subventionen übernehmen? Darüber waren sich die Fraktionen uneinig. In der Beschlussvorlage hatte das Sozialreferat klargestellt: Man halte das Vorhaben „aufgrund der aktuellen Haushaltslage für nicht finanzierbar“.
Wenn, wie vom Bund angedacht, das Deutschlandticket im kommenden Jahr auf einen Preis von 58 Euro angehoben werde, entstünden der Stadt jährliche Kosten in Höhe von 22 Millionen Euro, um die Differenz auszugleichen. Doch die Stadträte wollen die Idee noch nicht aufgeben. Beschlossen wurde, gemeinsam mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft und dem MVV über eine mögliche Finanzierung zu verhandeln.