Pasing:Forum mit Aussicht

Pasing: Über Nymphenburg bis zum Olympiapark: Aus dem obersten Stockwerk des "Belvedere" an der Paul-Gerhardt-Allee hat man einen hervorragenden Blick über die Stadt. Simulation: München-Bau

Über Nymphenburg bis zum Olympiapark: Aus dem obersten Stockwerk des "Belvedere" an der Paul-Gerhardt-Allee hat man einen hervorragenden Blick über die Stadt. Simulation: München-Bau

Im Neubaugebiet an der Paul-Gerhardt-Allee errichtet die München-Bau einen Wohn- und Gewerbe-Komplex. Auf dem Dach der Läden im Erdgeschoss entsteht ein öffentlich zugänglicher Platz, der "Belvedere"

Von Sebastian Krass, Pasing

Es ist eine etwas rumpelige, aber auch schön luftige Fahrt. Mit einem offenen Baustellenaufzug geht es Etage für Etage nach ganz oben. Dann unterm Baugerüst durchducken und hinein ins zehnte Stockwerk. Die Innenwände sind erst halb fertig, überall hängen Kabel herum. Aber wenn man auf der Loggia steht mit Blick nach Westen über ganz Pasing und in die andere Richtung über den Nymphenburger Park, dann ahnt man, es wird sich schon leben lassen in dieser Drei-Zimmer-Wohnung mit etwa 70 Quadratmetern. Wenn man den Kaufpreis von knapp 10 000 Euro pro Quadratmeter aufbringen kann, der für Wohnungen ganz oben im "Belvedere" anfällt. So hat Bauherr Friedrich Neumann das Projekt genannt, das er an diesem Dienstag bei einem Baustellenrundgang für Journalisten herzeigt.

Der Komplex bildet quasi den Eingang zu dem 33 Hektar großen Wohngebiet, das derzeit zwischen Paul-Gerhardt-Allee, Bärmannstraße und zwei Bahntrassen heranwächst. 2400 Wohnungen für etwa 5500 Menschen entstehen dort. Nach dem Arnulfpark, dem Hirschgarten, Nymphenburg Süd, den zwei Arealen um den "Laimer Würfel" und der Nordumgehung in Pasing ist das Areal an der Paul-Gerhardt-Allee die letzte der zentralen Bahnflächen, die die Deutsche Bahn für gutes Geld der privaten Immobilienwirtschaft zur Verwertung übergeben hat. Nach und nach ziehen private Bauträger nun ihre Projekte hoch. Manche sind schon bewohnt, manche noch im Rohbau. Das "Belvedere" ist in einem Status dazwischen, im Frühjahr 2021 soll es bezugsfertig sein. Friedrich Neumann, Gründer und Geschäftsführer der Firma München-Bau, hat sich für den Entwurf des Münchner Architekturbüros Allmann Sattler Wappner entschieden.

Pasing: Derzeit besteht das Gelände zum großen Teil aus Baustellen.

Derzeit besteht das Gelände zum großen Teil aus Baustellen.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Die Besonderheit an diesem Projekt ist, dass das Grundstück auf Erdgeschossebene mit einem Gewerbekomplex belegt ist, dort wird die gewohnte Mischung aus Supermarkt, Discounter, Drogeriemarkt und einer Metzger-Filiale einziehen. Der Gewerbeteil gehöre auch nicht seiner Firma, sagt Neumann, sondern der Vinzenz-Murr-Chefin Evi Brandl. Sie habe erst das ganze Grundstück gekauft und ihm den Anteil mit der Wohnbebauung weiterverkauft.

Diese Wohnbebauung mit insgesamt 164 Eigentumswohnungen verteilt sich auf drei Gebäude mit vier, sechs und neun Geschossen, die auf dem Gewerbe im Erdgeschoss aufsetzen. In ihrer Mitte entsteht ein öffentlich zugänglicher Platz, der "Belvedere", der eine Etage über Straßenniveau einen gewissen Ausblick über die Umgebung ermöglicht. Es sei nicht einfach gewesen, den Komplex zu planen, sagt Architekt Markus Allmann, "denn das Grundstück hat eine bizarre polygonale Figur. Wir haben uns das zunutze gemacht und dem Projekt mit polygonalen Gebäuden eine Identität geschaffen". Dieser Charakter ist auch in den Wohnungen zu spüren, weil viele Ecken nicht rechtwinklig sind.

Aus Sicht des Bauherren habe das Projekt einen Vorteil und einen Nachteil, sagt Friedrich Neumann: "Der Vorteil ist die tolle hervorstechende Architektur, der Nachteil sind die Kosten. Wir hatten eine ursprüngliche Kalkulation, aber da sind wir durch die Fassade etwas ausgerutscht." Das Architektenteam wollte nämlich die ganze Fassade mit Ausnahme der Loggien mit Schiebeelementen aus gefaltetem, mit kleinen Löchern versehenem Metall verkleiden. Sie sollen einen Sonnen- und Sichtschutz für die Bewohnerinnen und Bewohner bieten, ohne das Haus zu verschließen, wie es Rollläden tun. "Die Fassade ist wandelbar", sagt Allmann, "es sollen Häuser sein, die sprechen, anders als andere, die stumm sind nach außen." Die Lösung sei teurer gewesen als eine Fassade mit der üblichen Isolierung aus einem konturlosen Wärmeverbundsystem, sagt Investor Neumann. Aber er wolle etwas anderes schaffen als den "Billigbau, den ich bei dem einen oder anderen Kollegen sehe". Und damit meint Neumann durchaus auch Gebäude in diesem Quartier.

Pasing: Bauherr Friedrich Neumann (Mitte), seine Prokuristin Martina Decker und Architekt Markus Allmann haben einen Komplex mit Geschäften im Erdgeschoss und Wohnungen darüber geplant.

Bauherr Friedrich Neumann (Mitte), seine Prokuristin Martina Decker und Architekt Markus Allmann haben einen Komplex mit Geschäften im Erdgeschoss und Wohnungen darüber geplant.

(Foto: Sebastian Gabriel)

Trotz der Fassade steht nicht zu befürchten, dass sein Unternehmen in finanzielle Schieflage gerät. 90 Prozent der Wohnungen seien schon verkauft, sagt Neumann, die meisten zu einem Durchschnittspreis von 8600 bis 8700 Euro pro Quadratmeter. Von denen aus der Kategorie von knapp 10 000 Euro seien noch ein paar zu haben.

Noch profitabler wäre das Projekt geworden, wenn das höchste der drei Gebäude noch ein paar Etagen mehr bekommen hätte. Denn so, wie es jetzt steht, ist es nur knapp über der baurechtlichen Hochhausgrenze, was deutlich höhere Sicherheitsstandards bedingt, die den Bau und damit auch die Wohnungen verteuern. "Vier bis fünf Geschosse mehr wären städtebaulich auch sinnvoll gewesen", findet Architekt Allmann. Aber das war im 2014 verabschiedeten Bebauungsplan nicht vorgesehen. Heute würde der Stadtrat das vermutlich anders entscheiden.

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