Das Cover erinnert an ein Hochglanz-Magazin. Stabiler Umschlag, festes Papier. Nur der Name ist anders: "Unser Pasing" steht in Versalien auf der Titelseite. Darunter eine Fotomontage der früheren Bahnhof- und heutigen Gleichmannstraße. Und dazu kleine Klebebildchen: herumwirbelnde Trachtler beim Maifest. Böllerschützen, die es ordentlich krachen lassen. Gemütliches Zusammenhocken im Zelt auf der Vorwiesn. Aber auch charmante Straßen und denkmalgeschützte Gebäude, historische Industriehallen und das Grün an der Würm.
Ein Sammelalbum zur Ortsgeschichte in Panini-Manier gibt es in München noch nicht
Klassische Geschichtsbücher, Reiseführer und Bildbände gibt es über München und seine Stadtteile zuhauf. Ein Sammelalbum wie dieses über ein Viertel mit Stickern aber, die man in Panini-Manier kaufen und an passender Stelle im Heft einkleben kann, das ist neu. Kreiert hat dieses etwas andere Stadtteil-Mitmachbuch, das am 21. Mai in den Verkauf geht und das erste seiner Art in der Landeshauptstadt ist, der Kultur- und Heimatpflegeverein "D' Pasinger".
"Wir wollten schon lange ein Buch über Pasing machen", sagt Peter Denk. Der 45-jährige Software-Entwickler ist seit 2008 Vorstand des Kulturvereins, ein gebürtiger Pasinger, im Viertel aufgewachsen und zur Schule gegangen, bei den Ministranten aktiv gewesen. Ein Vereinsmeier, der bei der 1250-Jahr-Feier des Stadtteils vor neun Jahren auch den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft der Pasinger Vereine innehatte.
Unter die alten Bilder aus der Fotoausstellung lassen sich im Heft Sticker mit den neuen Straßen- und Gebäudeansichten kleben.
(Foto: Robert Haas)Denk war bis vor einigen Jahren noch fest davon überzeugt, Pasing wie seine Westentasche zu kennen - bis er alte Postkartenansichten zu Gesicht bekam, gesammelt von Bernhard Möllmann. "Da wurde mir klar, ich weiß fast nichts." Viele der reizvollen Facetten seines Ortes, der über Jahrhunderte in kommunaler Selbständigkeit existierte, bevor er eingemeindet wurde, kannte er nicht. Ebenso wenig wie so manche historische Geschichte. Anderen musste es genauso gehen.
Warum also nicht ein Buch herausgeben als Anreiz, Pasing besser kennenzulernen? Die Idee dazu war geboren und gärte über Jahre vor sich hin, in der Zwischenzeit gab es Ausstellungen mit alten und neuen Bildern. Dann kam Corona. Einige der Aktiven hatten plötzlich mehr Zeit. Vor allem aber traf eines der Vereinsmitglieder, das während der Pandemie seinem Beruf nicht nachgehen konnte und deshalb Pizza ausfuhr, bei diesem Aushilfsjob zufällig auf Adrian Huber.
Der Prokurist arbeitet für die Firma Stickerfive, die Sammelalben für Sportvereine anbietet. "Dieses Zusammentreffen", sagt Peter Denk heute, "war genau das, was wir gebraucht haben". Jetzt endlich bot sich die Möglichkeit, ein Buch zu gestalten und herauszugeben, das die Bilder aus den Ausstellungen in einer kreativen Form wirken lässt. Und das mit der Kombination aus Leselust und Sammelleidenschaft einen ebenso spannenden wie spaßigen Weg darstellt, Pasing besser kennenzulernen.
Das Ergebnis ist, wie Denk es formuliert, ein "komprimiertes Einsteigerbuch". Ohne Anspruch auf Vollständigkeit, denn dafür, ergänzt er lachend, "bräuchte es bei all den Pasinger Geschichten ja fast schon ein Brockhaus-Format". Auf 107 DIN-A4-Seiten, unterteilt in sechs Kapitel, finden sich in dem Album Historisches zur Geschichte und zur Ortsentwicklung ebenso wie Informatives zum Brauchtum, zu Feierlichkeiten und zur Wirtshauskultur.
Rauchende Schlote, Kirche und Adel
Es geht um Archäologie, um Kirche und Adel als Lehnsherren, um die Eisenbahn, rauchende Schlote und Pasing als Schul- und Gartenstadt. Unter die alten Bilder aus der Fotoausstellung lassen sich in dem Heft Sticker mit den neuen Straßen- und Gebäudeansichten kleben. Außerdem gibt es einen Rundgang für Pasing-Entdecker und eine Foto-Mitmach-Aktion bis Januar 2023.
Viele der aktuellen Fotos in dem Buch stammen von Stefan Aschenbrenner, die Texte hat Georg Felbermayr verfasst. Felbermayr, von Beruf Ingenieur, sei der "Crack des Vereins, wenn es um die Geschichte geht", sagt Peter Denk. Felbermayr wohnte früher gegenüber der ehemaligen Papierfabrik an der Planegger Straße und wollte wissen, was es mit dem Haus auf sich hatte. Sein Interesse für die Historie des Stadtteils entstand in dieser Zeit.
Der Autor erklärt in dem Sammelalbum auch so manches Wissenswertes, das selbst für den einen oder anderen Pasing-Kenner neu sein dürfte - etwa über Deutschlands älteste, aus handgeschöpftem Pasinger Papier hergestellte Briefmarke. 500 Exemplare des Albums hat der Kulturverein mittlerweile drucken lassen, jedes Buch kostet 3,50 Euro. Dazu kommen die Klebebilder, 249 an der Zahl. Einen Fünferpack gibt es für einen Euro, zehn Cent davon kommen der Ukraine-Hilfe zugute.
Zu kaufen gibt es Buch und Sticker zunächst ausschließlich beim Edeka am Pasinger Marienplatz an der Planegger Straße 2, denn der Marktinhaber Selim Spanjolli, seit mehr als 20 Jahren eng mit Pasing verbunden, ist maßgeblich an der Finanzierung des Projekts beteiligt. "Möglicherweise kommen irgendwann aber noch weitere Verkaufsstellen dazu", sagt Denk. Im Wirtshaus Franzz an der Bäckerstraße 89 hat der Verein zudem bereits vier Sticker-Tauschbörsen-Termine reserviert.
Diese Treffen sollen nicht nur dabei helfen, die Alben zu füllen, sondern auch die Gelegenheit zu Gesprächen bieten. "Wir wollen ja, dass die Leute zusammenkommen." Die Sammelbilder als zwischenmenschlicher Kitt. Gewinn jedenfalls, betont Denk, wolle und dürfe der Kulturverein mit dem Pasing-Buch keinen erzielen. Sollte am Ende doch ein Plus dabei herausspringen, werde man das Geld spenden. Verkaufsstart des neuen Sammelalbums ist am Samstag, 21. Mai. "D' Pasinger" veranstalten anlässlich dieses Termins ein kleines Fest von 10 bis 17 Uhr am Pasinger Marienplatz. Für alle Schnellentschlossenen gibt es an diesem Tag am Vereinsstand ein Starterpaket mit Buch, drei Stickerpäckchen und einem Freigetränk für insgesamt fünf Euro.
Von Gleis 10 in die große weite Welt: Die Geschichte vom ersten Eisenbahn-Halt, der einer kleinen Gemeinde vor den Toren der Haupt- und Residenzstadt einen enormen Entwicklungsschub verschaffte, steht beispielhaft für den Inhalt des Sticker-Büchleins. Der 7. Oktober 1840 markiert diesen Tag - einer von vielen Tagen, von vielen Orten, von Entdeckungen und Rundgängen in "Unser Pasing". Zu erhalten ist es nur in Pasing selbst. 3,50 Euro das Buch, dazu kommen die Klebebilder, ein Fünferpack zu einem Euro.