München:Büros statt 800 Wohnungen für Schwabing

Verwaltungsgebäude München, Parkstadt Schwabing

Bedeutende Büro-City: Die Türme der Highlight-Towers und der Komplex der Microsoft-Deutschlandzentrale in der Parkstadt Schwabing.

(Foto: Corinna Guthknecht)
  • Nach neun Jahren sind die Verhandlungen zwischen dem Planungsreferat und der Firma Argenta gescheitert.
  • Statt 800 Wohnungen will der Investor in der Parkstadt Schwabing nun Büros bauen.
  • Das Planungsreferat zeigte sich am Montag überrascht und enttäuscht über die Entscheidung.

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Die Parkstadt Schwabing gilt in der öffentlichen Wahrnehmung kaum als Platz zum Wohnen. Über die Jahre ist auf dem 40 Hektar großen Gebiet eine moderne Büro-City mit 12 000 Arbeitsplätzen entstanden, mit Komplexen von Microsoft, Amazon, Osram. Doch im Areal zwischen dem Mittleren Ring und der Domagkstraße leben 2500 Menschen; seit neun Jahren laufen die Verhandlungen mit der Firma Argenta, Generalentwickler und größter Grundeigentümer des Gebiets, das Quartier weiterzuentwickeln. Nun sind die Verhandlungen gescheitert - statt 800 Wohnungen will die Argenta Büros bauen.

Das Planungsreferat zeigte sich am Montag überrascht und enttäuscht. Als "herben Verlust, der äußerst schmerzlich für uns ist", bezeichnete Stadtbaurätin Elisabeth Merk die Entscheidung in einer Mitteilung. Man bedauere diese Entscheidung sehr. Die Argenta wollte den Kurswechsel nur in einer knappen schriftlichen Erklärung bestätigen: Man gebe die Absicht auf, das bestehende Baurecht im Rahmen eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans zu ändern, heißt es. "Diese Flächen können somit nunmehr ohne zeitliche Verzögerung gemäß dem bestehenden Bebauungsplan bebaut werden. Es sind u. a. Gebäude mit Büroflächen für weitere Hightech-Unternehmen geplant."

Büros statt Wohnungen, und zwar ohne zeitliche Verzögerung: So lautet nun die neue Strategie der Argenta für die verbliebenen Brachflächen in der Parkstadt Schwabing. Nach Auffassung des Planungsreferats folgt das Unternehmen dem Kalkül, mit Büros mehr Rendite zu machen. In einem Schreiben an das Planungsreferat, datiert vom 23. Juli 2019, das der SZ vorliegt, behauptet Argenta-Chef Helmut Röschinger allerdings das Gegenteil. Er spricht in dem vierseitigen Brief, vom "Verzicht auf eine erhebliche Bodenwertsteigerung unserer Grundstücke", da der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen höher als für Kerngebietsflächen liege.

Röschinger gibt die langwierigen und nach seinen Worten immer noch nicht abgeschlossen Verhandlungen mit der städtischen Behörde als Hauptgrund an, das Verfahren zu stoppen. "Nach neun Jahren intensiver Tätigkeit, die angestrebte Konversion umzusetzen, und einem siebenstelligen Kostenaufwand hierfür haben wir uns angesichts des bisherigen Ablaufs und der sich hieraus ergebenden unsicheren Perspektive, den Verfahrensabschluss in zeitlich vertretbarem Rahmen zu erreichen, entschlossen, die Konversion gemäß VEP nicht weiter zu verfolgen." Die Rede ist von einem sogenannten Vorhaben- und Erschließungsplan (VEP) für ein Bebauungsplanverfahren.

Die Parkstadt Schwabing war einst ein reines Industriegebiet; seit Ende der Achtzigerjahre treibt die Argenta die Entwicklung zu einer Art Hightech-Kleinstadt voran. Nach der Jahrtausendwende gab es eine Gewerbeflaute, woraufhin die Argenta auf Wohnbebauung umschwenkte. Es entstand ein Hybrid aus Gewerbe- und Wohngebiet mit massiven Verkehrsproblemen. Denn die Firmenmitarbeiter sind mit ihren Autos drastisch in der Überzahl.

Das Bebauungsplanverfahren lief bereits 2014 an

Nordwestlich der Highligt-Towers liegen etwa zehn Prozent der Gesamtfläche brach - und seit Jahren besteht die Hoffnung, dass mit neuen Wohnungen auf diesen Segmenten auch das Verkehrsproblem angegangen wird, zudem etwas städtisches Lebensgefühl in die Parkstadt Einzug hält. 2010 stellte die Argenta formal den Antrag für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, denn die Teilstücke sind baurechtlich als "Kerngebiet", also nur für Gewerbezwecke festgesetzt, nicht als "Wohngebiet". Damals, so schreibt Röschinger in seinem Brief, "kalkulierten wir mit circa drei Jahren bis zur Satzung des VEP". Es sollte anders kommen.

Dem Schreiben legte er eine neunseitige, als "Chronologie der Bemühungen der Argenta" bezeichnetes Schriftstück bei, verfasst von einem Rechtsanwalt. Laut dem Papier dauerte es drei Jahre und zehn Besprechungsrunden, bis eine Vereinbarung auf dem Tisch lag, ein "Memorandum of Understanding", also eine Art gegenseitige Einverständniserklärung. Herzstück dabei waren die Forderungen der Stadt im Zuge der sozialgerechten Bodennutzung (Sobon): 5479 Quadratmeter öffentlich geförderte (EOF) und 7342 Quadratmeter mietpreisreduzierte Wohnungen sollte die Argenta laut Röschingers Brief errichten, sowie eine Kita mit 1720 Quadratmetern Nutzfläche.

Das Bebauungsplanverfahren lief an: Der Planungsausschuss des Stadtrates fasste im Frühjahr 2014 einen Eckdatenbeschluss; Es folgte ein städtebaulicher Wettbewerb, für den im April 2016 der Sieger feststand: das Münchner Büro Hilmer Sattler Architekten Ahlers Albrecht mit Mahl.gebhard.konzepte. Ein paar Monate später geschieht das, was der Argenta-Chef ausweislich seines Briefs mit "Überraschung und erheblicher Verärgerung" registrierte: Die Stadt korrigierte die Sobon-Vorgaben nach oben, laut dem Röschinger-Brief um mehr als Doppelte: 11 554 Quadratmeter Geschossfläche geförderte Wohnungen sollte die Argenta demnach nun errichten, zudem eine zusätzliche Kinderkrippen- und Kindergartengruppe. Nach der Darstellung in dem Schreiben habe die Argenta schriftlich eine Kompromisslösung angeboten, darauf aber "bis heute keine Antwort erhalten".

Dem widerspricht jetzt das Planungsreferat: Ein gemeinsames Ergebnis sei eben mit jenem Schreiben im Dezember 2018 erzielt worden. Stadtbaurätin Merk kündigt an, sich dafür einzusetzen, "dass wir auf Basis der Einigung vom letzten Dezember die ursprüngliche Planung fortsetzen wollen". Die Behörde konstatiert ferner, das Verfahren habe angesichts der komplexen Ausgangslage "nicht ungewöhnlich lange angedauert". Im Antwortbrief an Röschinger, der der SZ ebenfalls vorliegt, begründet die Planungsbehörde die Sobon-Neubewertung so: "Eine Vertretbarkeit in Bezug auf erforderliche, ausreichende Gleichbehandlung musste geprüft werden, um Vorwürfen der Begünstigung keinen Raum zu geben." Die Prüfung der Konsenslösung habe sich "leider verzögert", indes die Behörde gemäß dem Schreiben weiter in Kontakt mit der Argenta wegen der geplanten "urbanen Mitte" in der Parkstadt stand.

Dabei geht es um die Umgestaltung der Kreuzung Anni-Albers-Straße/Lyonel-Feiniger-Straße zum zentralen Quartiersplatz mit Läden und Cafés. Diesen Plan will die Argenta allerdings weiterverfolgen. Man unterstütze aktiv, "auch finanziell", die Realisierung der "urbanen Mitte", teilt das Unternehmen mit.

Zur SZ-Startseite
Der Küchen-Chef des Restaurants Tantris, Hans Haas, geht in Rente

Teure Renovierung
:Münchner Gourmet-Institution Tantris droht das Aus

Eine Grundsanierung des Gebäudes steht an, der Küchenchef geht in Rente: Nun ist offen, wie und ob es überhaupt mit dem Restaurant Tantris weitergeht.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: