Projekt an der Paketposthalle48 500 Unterschriften gegen zwei 155-Meter-Hochhäuser

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So stellt sich der Investor das Areal an der Paketposthalle vor – vor allem die beiden hohen Türme sind den Gegnern ein Dorn im Auge.
So stellt sich der Investor das Areal an der Paketposthalle vor – vor allem die beiden hohen Türme sind den Gegnern ein Dorn im Auge. (Foto: Herzog de Meuron, Vogt Landschaftsarchitekten)

Die Gegner des Neubauprojekts an der Paketposthalle überreichen ordnerweise Unterschriften, um ein Bürgerbegehren zu erwirken.  Der Investor nennt dieses „eindeutig rechtswidrig“ – und äußert eine unverblümte Erwartung.

Von Sebastian Krass

Es ist ein richtiger kleiner Menschenauflauf im Foyer des Kreisverwaltungsreferats (KVR). Etwa zwei Dutzend haben sich am Montagvormittag versammelt. Viele haben Plakate dabei, mit Slogans gegen neue Hochhäuser in München. Und dann kommen sie endlich, die Unterschriften.

Robert Brannekämper, CSU-Landtagsabgeordneter, und Wolfgang Czisch, ehemaliger SPD-Stadtrat, schieben Wagen mit gelben Kisten herein, die voll sind mit Aktenordnern. Die wiederum sind voll mit Unterschriftenlisten. „Das ist die Antwort der Münchnerinnen und Münchner auf die irren Pläne an der Paketposthalle“, sagt Brannekämper.

Etwa 48 500 Unterschriften haben Brannekämper und Czisch, die Vorsitzenden des Vereins „Hochhausstop“, nach eigenen Angaben gesammelt für ein Bürgerbegehren gegen das Neubauprojekt an der Paketposthalle, das unter anderem zwei 155-Meter-Hochhäuser vorsieht. Dabei geholfen haben auch die im Stadtrat vertretenen Parteien Die Linke und ÖDP sowie die Wählergruppe München-Liste. Diese Unterschriften übergeben sie nun an Florian Schmelmer, den Geschäftsleiter des KVR.

Die Behörde wird jede einzelne Unterschrift auf ihre Gültigkeit prüfen, etwa ob Namen mehrmals vorkommen, ob Personen noch in München gemeldet oder womöglich verstorben sind. Etwa 50 bis 70 KVR-Beschäftigte seien damit nun hauptsächlich beschäftigt, erläutert Schmelmer. Nach zehn Tagen soll das Ergebnis der Prüfung vorliegen. Das Bürgerbegehren muss von mindestens drei Prozent der Abstimmungsberechtigten unterschrieben sein. Das sind etwa 33 000 Menschen. Die Hochhausgegner haben also offenbar einen Puffer einkalkuliert.

Geplant ist, dass der Stadtrat am 30. April über die Zulassung des Bürgerbegehrens entscheidet. Sollte er sich dafür aussprechen, würde dann voraussichtlich binnen drei Monaten ein Bürgerentscheid stattfinden, in dem alle Münchnerinnen und Münchner an die Urne gerufen würden.

Die Frage des Bürgerbegehrens lautet: „Sind Sie dafür, dass die Stadt München alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergreift, damit in Neuhausen im Umfeld der Paketposthalle kein Hochhaus gebaut wird, das über 60 Meter hoch ist?“ Der Stadtrat, der das Bauprojekt mit einer breiten Mehrheit aus Grünen/Rosa Liste, SPD/Volt, CSU/Freie Wähler und FDP/Bayernpartei befürwortet, kann dem mit einem Ratsbegehren eine alternative Fragestellung entgegenstellen.

Wenn es zum Bürgerentscheid kommt, würde das Erinnerungen wecken an den Hochhaus-Entscheid von 2004, als eine knappe Mehrheit sich für eine stadtweite Hochhaus-Obergrenze von 99 Metern aussprach, abgeleitet von den Türmen der Frauenkirche.

Es gehe darum, „Münchens weltberühmte Silhouette zu erhalten“, argumentieren Brannekämper und Czisch. Das Projekt an der Paketposthalle wäre ein Dammbruch, in dessen Folge es Investoren ermöglicht würde, in der ganzen Stadt „Hochhäuser mit zum Teil unbegrenzter Höhe zu errichten“.

Der Linken-Stadtrat Stefan Jagel, der ebenfalls ins KVR gekommen ist, erklärt seine Ablehnung damit, dass in den Türmen in großem Stil Luxus-Wohnraum entstünde, der nicht gebraucht werde. Überdies seien Hochhäuser jenseits von 60 Metern in Bau und Betrieb unökologisch.

Der Investor fürchtet um die Entwicklung des gesamten Quartiers

Der Investor, die Büschl-Unternehmensgruppe aus Grünwald, hält dagegen. Die Hochhausgegner hätten die Bürger angeschwindelt und Horror-Bilder frei erfundener Hochhausszenarien gezeigt. Wenn das Bürgerbegehren sich durchsetze, dann würde „die gesamte Entwicklung um die Paketposthalle“ verhindert.

Geplant sind unter anderem 1200 Wohnungen, etwa die Hälfte davon frei finanziert, also sehr hochpreisig, die andere Hälfte gefördert und preisgedämpft. Ebenso verspricht die Büschl-Gruppe, die denkmalgeschützte, aber bisher verschlossene Paketposthalle zu einem öffentlichen, überdachten Stadtplatz zu machen.

Die Büschl-Gruppe erklärt zudem, das Bürgerbegehren sei „eindeutig rechtswidrig“, und sie äußert eine unverblümte Erwartung: „Wenn sich der Stadtrat an Recht und Gesetz hält, dann muss er das Bürgerbegehren für unzulässig erklären.“

Das zielt darauf, dass die Planungshoheit einer Kommune, wie sie vom Stadtrat umgesetzt wird, ein hohes Gut ist. Bürgerbegehren dürfen nicht zu tief in die Planungshoheit eingreifen. Das Bürgerbegehren von 2004 wäre wohl nach heutiger Rechtssprechung nicht mehr zulässig.

Deshalb hat der Verein „Hochhausstop“ seine Frage konkret auf das Paketpost-Projekt ausgerichtet (natürlich mit dem Hintergedanken einer stadtweiten Wirkung). Sollte der Stadtrat das Bürgerbegehren nun für unzulässig erklären, dann werde man vor das Verwaltungsgericht ziehen, sagt Robert Brannekämper.

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