Fitness:Trimm dich fit

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Vor 50 Jahren begann die Trimm-dich-Bewegung und brachte Millionen Menschen zum Sport. Werbemaskottchen "Trimmy" wurde ein deutscher Held. (Foto: Walther/Eibner-Pressefoto/imago/Eibner)

Das in den Siebzigerjahren entstandene Konzept der Trimm-dich-Pfade hat in den letzten Jahren auch in München ein Revival erlebt. Wo sonst kann man an kostenlos und an der frischen Luft an Geräten trainieren? Eine Übersicht der besten Anlagen.

Von Magdalena Zumbusch

"Man kommt sich nah - und näher. Niemand ist zu jung oder zu alt für ein sportliches Wochenende", verkündet die fröhliche Werbestimme, während ein Zeichentrick-Männchen hochmotiviert durchs Grüne rennt, vorbei an einer Zeichentrick-Bikini-Schönheit, die ihn bewundernd anlächelt: Eine Riesen-TV-Werbekampagne des Deutschen Sportbundes ab den frühen 70ern sollte das Kunststück vollbringen, den Deutschen die Trimm-dich-Kultur als Freizeitvergnügen zu verkaufen.

Mit immer neuen Werbe-Clips, die wechselnde Feelgood-Sport-Szenarien zeigten - und einer Konstante: Das grinsenden Maskottchen "Trimmy", das die Sportler mit hochgerecktem Daumen anfeuert. Die Clips verabreichen dem Zuschauer eine kräftige Dosis unterhaltsamer, werbetypischer Beschönigung: In einer Sequenz etwa "weiß die vom Haushalt ziemlich abgehetzte Frau K. plötzlich genau: Jetzt hilft ihr nur ein Dauerlauf". Sie sprintet wie von der Tarantel gestochen los und kommt voll neuer Energie zurück - bereit zum Weiterkochen und Weiterbügeln.

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Die Geschichte

Mit einer neuen Fitness-Kultur wollte man dem Übergewicht Herr werden, mit dem die Nachkriegsgenerationen zu kämpfen hatten: Innerhalb weniger Jahre wurde ein Trimm-dich-Pfad nach dem anderen angelegt. Bis Mitte der Achtzigerjahre wurden 1500 kostenlose Anlagen in Deutschland gebaut, die meisten davon Trimm-dich-Pfade, aber auch Fitness-Anlagen. Um die Begriffe zu klären: Fitness-Parks - heute auch Calisthenics Park genannt - bieten eine ähnliche Auswahl an Geräten wie Trimm-dich-Pfade. Nur die Laufstrecken zwischen den Geräten fehlen, das Training findet also letztlich auf einem Sportplatz im Freien statt. Trimm-dich-Pfade erstrecken sich dagegen über einige Kilometer und liegen deshalb oft an Waldrändern oder in großen Parks. In den letzten Jahren erlebt die Outdoor-Fitness auch durch die Pandemiebeschränkungen ein Revival. In ganz Deutschland brachten Kommunen ihre Anlagen wieder in Schuss und legten neue an.

Einfachste "Geräte" boten damals Unterstützung bei den Übungen. Und auch der Jogginganzug ist durch Trimm-dich salonfähig geworden. (Foto: imago/Werek)

Trimmen heute

Auch gepflegt und gut in Schuss fühlen sich die Anlagen zwar immer etwas altmodisch und spartanisch an. Das liegt auch an den in den letzten Jahren entstandenen Fitness-Studios, an die sich viele gewöhnt haben. In den Fitness-Tempeln bleibt kein Wunsch offen, alles ist perfekt sauber, perfekt beleuchtet und in perfekter Lautstärke mit Lounge-Musik beschallt. Diese Standards bieten die städtischen Trimm-dich-Pfade und Fitness-Anlagen nicht. Dafür aber etwas, was kein Fitnessstudio liefern kann: Die Anlagen sind auch zu Stoßzeiten nicht überlaufen.

Außerdem liegt den Pfaden und Anlagen ein Konzept zugrunde: Sie bieten zwar keinen für den Einzelnen maßgeschneiderten Fitnessplan, aber ein rundes Programm, das Muskeltraining für den ganzen Körper kombiniert mit einem Ausdauertraining durch Laufeinheiten zwischen den Stationen. Warum nicht einfach einem klar vorgegebenem Trainingspfad folgen anstatt sich im Geräte-Dschungel eines "Fitness First" durchschlagen zu müssen? Die Geräte sind meist mit kurzen, verständlichen Anleitungen versehen: Wer die aufmerksam befolgt, kann keine groben Fehler mehr machen. Und das Wichtigste: Nach Sport im Freien fühlt man sich einfach besser als nach Indoor-Sport.

Flaucher

Hobbysportler beim Fitnesstraining im Freiluft-Gym in den Isarauen zwischen Freibadbächl, Candidstraße und der Isar in Untergiesing. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Eine Anlage in Bestlage im Süden Münchens ist der Parcours am Flaucher. Auf Höhe der Candidstraße werden hier die klassischen Parcours-Geräte geboten: Ringe, Sprossen, Sit-up-Bank, Squat-Plattformen und so weiter. Direkt an der Isar trainieren können, das ist schon echt ein Luxus: Im Sommer kann man sich nach getaner Trainingsarbeit gleich noch mit einer Abkühlung belohnen. Unten an den südlichen Ufern der Isar gibt es besonders schöne Badestellen.

Fitness-Anlage in der Candidstraße 30

Fitnessanlage in Obersendling

Wer im Südpark trainiert, ist von viel Grün umgeben. (Foto: Magdalena Zumbusch)

Obersendling bietet mit einer Fitness-Anlage in der Saarbrücker Straße tolle Trimm-Möglichkeiten. Rund ein Dutzend Geräte gibt es hier. Die Anlage auf einer Grünfläche mitten in einer ruhigen Wohngegend leitet Trimm-Willige besonders gut an. Die Geräte sind hier in fünf Kategorien eingeteilt: Aufwärmen, Koordination, Kraft und Beweglichkeit werden hier an gelben (Schwierigkeitsgrad leicht), grünen (mittlere Schwierigkeit) und blauen (sehr schwierig) Geräten trainiert. Die letzte Kategorie: Ausdauer wird durch Laufrunden um die Grünfläche abgedeckt.

Fitness-Anlage in der Saarbrücker Straße 15

Olympiapark

Zur Eröffnung der Bewegungsinsel im Münchner Olympiapark führte die Showgruppe Ykings die Übungen an den Fitnessgeräten vor. Im Bild: Kniebeugen auf der Wackelplatte. (Foto: Florian Peljak)

Die vielen noch gut in Erinnerung gebliebenen Trimm-dich-Geräte nördlich des Stauwehrs im Englischen Garten gibt es leider nicht mehr. Damit ist die zweitschönste Trimm-Adresse im Norden Münchens auf den ersten Platz gerutscht: Auf der Bewegungsinsel im Olympiasee ist man von Grün und Wasser umgeben. Eine Slackline gibt es hier, den bekannten Rückenstrecker ebenso wie Sprossen und Ringe fürs Armtraining und einen kleinen Hartplatz für freie Übungen. Den besonderen Trainingseffekt, den die Mischung aus Ausdauer- und Muskeltraining an den Geräten bietet, bekommt man, wenn man sich noch zu ein paar Laufrunden im Olympiapark aufrafft.

Fitness-Anlage auf der AOK-Bewegungsinsel im Olympiapark

Oberschleißheim

Noch weiter im Norden und schon außerhalb der Stadtgrenzen Münchens startet in Oberschleißheims Villengegend ein "richtiger" Trimm-dich-Pfad. Vita-Parcours nennt sich der Pfad - mit dem Namen wird dem Ursprung der Trimm-dich-Kultur Rechnung getragen: Die Trimm-dich-Pfade in der Schweiz nennen sich bis heute so. Über zweieinhalb Kilometer erstreckt sich der Pfad und bietet 21 Trimmstationen.

Trimm-dich-Pfad in der Jahnstraße 11 am "Berglwald"

Perlacher Forst

Vita-Parcours nennt sich auch der Pfad im Perlacher Forst. Start- und Endpunkt ist das Giesinger Waldhaus, ein malerisches Haus am Nordrand des Perlacher Forsts, das als Veranstaltungsort genutzt wird. Eine Stange zum Balancieren, Reck, Ringe, Sprossen und viele weitere Klassiker des Trimm-dich-Pfads sind geboten, sogar die Holzstämme zu Stemmen gibt es hier noch - diese Kraftübung findet man auf modernen Pfaden nicht mehr oft, weil es doch eine gewisse Verletzungsgefahr gibt. Vor allem bei Nässe kann einem das "Gewicht" leicht mal aus der Hand rutschen, also Vorsicht!

Trimm-dich-Pfad in der Oberbiberger Straße am Nordrand des Perlacher Forsts

Michaeli-Anger

Die Fitness-Anlage Michaelianger liegt auf einem kleinen Hügel mit schönem Blick über einen Teil der Anlage. (Foto: Magdalena Zumbusch)

Eine gute Adresse für Trimm-Willige im Münchner Osten ist der Calisthenics-Park im Michaeli-Anger. Mit dem Michaeli-Anger ist hier die Grünanlage am Michaeli-Gymnasium gemeint, nicht der Michaeli-Anger in Oberschleißheim. In der Grünanlage sind die Geräte dann wiederum im Westen zu finden, gleich am Hüllgraben. Die Anlage liegt auf einem kleinen Hügel mit schönem Blick über einen Teil der Anlage. Teils auf einem federnden Hartplatz, teils auf Holzschnitzeln gebaut dürfte es auch bei schlechtem Wetter keinen schlammigen Untergrund geben.

Fitness-Anlage am Hüllgraben im Michaeli-Anger

Riemer Park

Die Geräteauswahl des Parcours im Riemer Park ist eine der größten der Stadt. (Foto: Magdalena Zumbusch)

Eine schöne Adresse im Osten Münchens liegt im Riemer Park. Der Park steht im Ruf, abends und nachts eher ein ungünstiger Aufenthaltsort zu sein. Tagsüber kann er aber uneingeschränkt empfohlen werden: Die weitläufige Parkanlage bietet viel Platz zum Warmlaufen, zum Beispiel um den Riemer See, der mit seinem klaren Wasser und Kiesstrand im Sommer auch schön zum Baden ist. Die Geräteauswahl des Parcours ist mit mehr als 20 Geräten eine der größten der Stadt.

Fitness-Anlage im Süden des Riemer Parks zwischen Rappenweg und Zugspitzstraße

Südpark

Trimm-Profis können hier an den Ringen und Reckstangen in verschiedenen Höhen ihre Klimmzüge absolvieren. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Im westlichen Teil des Südparks liegt die Calisthenics-Anlage mit einem großen Sandplatz, der eine Vielfalt an Möglichkeiten bietet für Arm- und Oberkörpertrainingseinheiten bietet. Hartgesottene Trimm-Profis können an den Ringen und Reckstangen in verschiedenen Höhen ihre Klimmzüge absolvieren, für Trimm-Einsteiger reicht oft das Hängen in den Ringen schon für einen kräftigen Muskelkater. Die Balancier-Stange, ein alter Trimm-dich-Klassiker, ist dabei, außerdem ein Seilgerüst zum Klettern.

Fitness-Anlage im Westen des Südpark an der Einhornallee

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