Wirtschaft:Die Zukunft von Airbus liegt in den Sternen

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Der Airbus-Standort in Ottobrunn kommt beim Stellenabbau relativ glimpflich davon. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Dem Stellenabbau im Unternehmen sollen am Standort Ottobrunn-Taufkirchen 210 Arbeitsplätze zum Opfer fallen. Ohne Rüstungsaufträge und Raumfahrtprojekte wäre es wohl schlimmer gekommen.

Von Stefan Galler

Die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Luftfahrtbranche erwischen nun auch den Flugzeugbauer Airbus und dessen Standort Ottobrunn/Taufkirchen. Allerdings wird das Werk im Münchner Südosten von dem weltweiten Stellenabbau weniger stark betroffen sein als andere Niederlassungen. Laut Konzernsprecher Florian Taitsch ist geplant, 210 Jobs zu streichen, nachdem im Februar noch von 170 der etwa 2500 Arbeitsplätze die Rede war. Betriebsbedingte Kündigungen könne man nicht ausschließen. "Aber wir haben in der Vergangenheit immer alle kreativen Lösungen ausgeschöpft, um den Stellenabbau sozialverträglich zu gestalten, das sind wir unseren Mitarbeitern schuldig", so Taitsch.

"Wenn niemand mehr fliegt, muss man eben auch keine Flugzeuge bauen, das sind die Folgen, die wir alle ehrlicherweise erwartet haben", sagt der Putzbrunner Bundestagsabgeordnete Florian Hahn (CSU). Er hoffe jedoch darauf, dass sich die negativen Effekte auf den Standort Ottobrunn-Taufkirchen in engen Grenzen halten. "Hätten wir hier nicht den Ludwig-Bölkow-Campus, die Fakultät für Luft- und Raumfahrt und das Raumfahrtprogramm Bavaria One, wäre es für den Standort vermutlich richtig übel", stellt Hahn fest.

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Der CSU-Politiker hält es vor dem Hintergrund der Krise in der Luftfahrtbranche für umso wichtiger, dass der Staat in die Verteidigung investiert. "Wir werden die Eurofighter mit neuen Radarsystemen ausstatten, das ist ein milliardenschwerer Auftrag, der an Airbus und die ebenfalls in Taufkirchen ansässige Firma Hensoldt geht", so Hahn, der Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestages ist. Auch Firmensprecher Taitsch appelliert an die Bundespolitik: "Der erwähnte Auftrag ist später eingegangen als erwartet, es wäre jetzt wichtig, umzusetzen, was ansteht." Würde das Projekt einer europäischen Drohne oder der Austausch der ersten Eurofighter-Generation noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht, wäre das eine enorme Unterstützung für den Standort.

Seine Bedeutung als großer Arbeitgeber in der Region München hat Airbus durch zahlreiche Sparwellen bereits seit vielen Jahren eingebüßt. 1958 hatte sich der Luft- und Raumfahrtpionier Ludwig Bölkow hier angesiedelt, in mehreren Fusionsschritten entstand bis 1969 die Messerschmitt-Bölkow-Blohm GmbH (MBB), die sich zu einem der weltweit führenden Unternehmen der Branche entwickelte. MBB ging Ende der Achtzigerjahre in der Daimler Benz Aerospace AG (Dasa) auf und wurde im Jahr 2000 zusammen mit französischen und spanischen Unternehmen Teil der European Aeronautic Defence and Space Company (EADS).

Nicht zuletzt der Erfolg von Eurocopter, der Hubschrauber-Sparte, brachte den Standort Ottobrunn-Taufkirchen nach vorne. Damals arbeiteten dort alleine 6000 Ingenieure und Facharbeiter. Mit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 gingen die Aufträge deutlich zurück. Alleine 2400 Stellen in der Militärluftfahrt wurden nach Manching verlegt, es folgte der Umzug des Eurocopter-Geschäftsbereichs nach Donauwörth. Im Gegenzug zogen 1150 Mitarbeiter nach der Schließung der EADS-Rüstungstochter Cassidian von Unterschleißheim nach Ottobrunn um. Nachdem EADS 2014 den Namen der Tochterfirma Airbus übernommen hatte, wurden immer mehr Geschäftsbereiche nach Frankreich verlagert. Doch die Staatsregierung wollte den Technologiestandort retten und schuf den Ludwig-Bölkow-Campus, der mit 20 Millionen Euro unterstützt wurde.

Nun also der coronabedingte Rückschlag, der sich auch auf die Kassen der beiden Standortgemeinden auswirken wird. "Wir haben ein Schreiben des Konzerns erhalten, wonach von der Ariane-Group für 2020 und 2021 keine Gewerbesteuerzahlungen zu erwarten seien", verrät Michael Lilienthal (Freie Wähler), der Zweite Bürgermeister von Taufkirchen. "Das mag nur ein Teil des Airbus-Konzerns sein, aber ich bin sicher, dass Gewinne weltweit hin- und hergeschoben werden und am Ende für uns nichts übrig bleibt." Besonders bitter werde es, wenn Airbus Verluste auf das Jahr 2019 zurückdatieren sollte: "Dann müssen wir Steuern zurückzahlen, die wir längst ausgegeben haben."

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) bleibt eher gelassen: "Airbus hat ja bereits bestätigt, dass die Maßnahmen hauptsächlich die zivile Luftfahrt betreffen, insofern sehe ich hier keinen Anlass zu Krisenbefürchtungen." Es sei von Vorteil, dass "dieser Standort anders tickt", so Loderer. "Hier gehen nicht mehr Tausende Menschen jeden Tag zur Arbeit, um Flugzeuge zusammenzubauen, die Ausrichtung ist eher eine Verzahnung von Wissenschaft, Forschung und Entwicklung." Bei den Angestellten sei die Stimmung gedrückt, sagte ein Mitarbeiter der SZ. Konzernbetriebsratschef Holger Junge hält den Stellenabbau für eine Scheinmaßnahme: Es gehe nicht um die Bewältigung der Krise, sondern um den schon lange geplanten Umbau des Unternehmens.

© SZ vom 03.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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