Gut 2000 Menschen haben am Samstag bei zwei verschiedenen Ostermärschen in der Münchner Innenstadt für eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg und gegen Waffenlieferungen demonstriert. Um die Mittagszeit waren schätzungsweise 600 Personen dem Aufruf des etablierten "Münchner Friedensbündnisses" gefolgt, das zur Kundgebung auf dem Marienplatz mit anschließendem Umzug geladen hatte. Am Nachmittag kamen dann nach Polizei-Angaben etwa 1500 Teilnehmer auf dem Odeonsplatz unter dem Motto "Macht Frieden" zusammen. Dafür hatte das Bündnis "München steht auf" ursprünglich 5000 Teilnehmer angemeldet. Der folgenden Demonstration durch die Stadt schlossen sich dem Anschein nach auch Grüppchen der ersten Versammlung an.
Richteten sich die Protestaktionen der aus der "Querdenker"-Szene stammenden Organisation "München steht auf" früher noch gegen staatliche Corona-Schutzmaßnahmen, so zielen sie inzwischen gegen die Haltung der Bundesregierung im Ukraine-Krieg. Bereits am Rande der Sicherheitskonferenz im Februar war "Macht Frieden" aufgetreten; schon damals hatte eine traditionelle Bewegung, das politisch links stehende Anti-Siko-Bündnis, eine Kooperation abgelehnt. Nun wurde erneut deutlich, dass die Friedensbewegung offensichtlich gespalten ist.
Dem Bündnis "Macht Frieden" wird vorgeworfen, sich nicht gegen eine Vereinnahmung von rechts zu wehren. Als der Versammlungsleiter Pascal Schmidt am Samstag einige von weiter her aus dem Bundesgebiet angereiste Teilnehmer begrüßte, sagte er, bewusst oder unbewusst: "Wir sind wieder richtig national aufgestellt."
Newsletter abonnieren:München heute
Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.
Wie gespalten die Friedensbewegung ist, zeigte sich auch in der Person von Ingrid Pflanzelt, die sich bislang in der Organisation IPPNW ("Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs") engagierte, welche das "Münchner Friedensbündnis" unterstützt. Bei "Macht Frieden" trat sie nun ausdrücklich als Privatperson auf. Die als "Brückenbauerin" vorgestellte Ärztin öffnete gleich zu Beginn die Türen zur rechten Seite: "Können wir uns spitzfindige Abgrenzungsdiskussionen überhaupt noch leisten?" Pflanzelt forderte, "nicht in falsche Abwehrreflexe zu verfallen", denn: "Auf politische Koordinaten kann man sich nicht mehr verlassen". Angesichts der überwiegend grau- und silberhaarigen Demo-Teilnehmer vor ihrer Bühne schlug sie einen weiten Bogen zurück in die Vergangenheit: "Wir brauchen wieder eine große Friedensbewegung wie in den Achtzigerjahren. Wir müssen wieder ähnlich breit in der Gesellschaft aufgestellt sein."
Dazu passte, dass die meisten Teilnehmer wie anno dazumal blaue Fähnchen mit Friedenstauben schwenkten oder mit Holztauben auf Stäben wedelten. Auf Plakaten war auch immer wieder der alte Slogan zu lesen: "Frieden schaffen ohne Waffen". Dabei wurden ausschließlich die westlichen Regierungen aufgefordert, Verhandlungslösungen zu suchen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden.
Als prominentester Redner verurteilte Jürgen Todenhöfer, ehemals Bundestagsabgeordneter der CDU, zwar auch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf sein Nachbarland, aber das klang eher nach pflichtschuldiger Erwähnung als nach wirklicher Empörung. An der Reaktion des Publikums war zu spüren, dass es lieber hören wollte, wie er die USA, deren Politik und deren Kriegsverbrechen attackierte. So bekam er Beifall für den Satz: "Die größte Gefahr für den Weltfrieden sind nicht Russland und China, das sind die USA." Auch als der 82 Jahre alte Todenhöfer die Mitglieder der Bundesregierung als Vasallen und Marionetten der USA bezeichnete, wurde er bejubelt.
Kritik an Russland war offensichtlich unerwünscht bei der Kundgebung. Zwei Frauen mit einem Transparent "Putin go home, run" (sinngemäß: "Putin geh heim und zwar schnell") räumten jedenfalls bald wieder den Platz vor der Feldherrnhalle, nachdem sie von anderen Demoteilnehmern angesprochen worden waren. Zu größeren Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei jedoch nicht.