Süddeutsche Zeitung

Bauprojekt "Living Isar":Hohe Preise, hohe Nachfrage

Auf dem ehemaligen Osram-Gelände in Untergiesing entstehen gerade 423 neue Wohnungen. Knapp eineinhalb Jahre vor ihrer Fertigstellung sind die meisten verkauft - für bis zu 13 000 Euro pro Quadratmeter.

Von Sebastian Krass

Es ist viertel vor drei, als ein Kran langsam die Richtkrone, einen aus Tannenzweigen geflochtenen und mit bunten Bändern geschmückten Kranz, in die Höhe hebt. Der Polier der Baustelle steht auf dem Dach eines der 17 neu entstehenden Wohnhäuser, er hält eine kleine Rede, erhebt ein Glas Wein - und schmeißt es zum Abschluss hinab auf den Boden. Damit ist der offizielle Teil des Richtfests für das Bauprojekt mit dem Vermarktungsnamen "Living Isar" beendet. Der größte Teil der etwa 80-köpfigen Festgesellschaft trollt sich zügig an die aufwendig gedeckten Esstische im Erdgeschoss eines der Rohbauten, künftig wird das ein Kitaraum sein.

Ein paar Leute aber bleiben noch stehen unter den Sonnenschirmen und blicken ein wenig zurück auf die bisher etwa sechs Jahre währende Entstehung dieses Projekts auf dem ehemaligen Osram-Gelände in Untergiesing, angrenzend an die Isarauen und den Mittleren Ring. 423 Wohnungen für etwa 1000 Bewohnerinnen und Bewohner entstehen hier - ein Wohnbau-Projekt, wie es das in dieser Größe und in so zentraler Lage nur selten gibt in München, was sich allerdings auch in entsprechend hohen Kaufpreisen niedergeschlagen hat.

Der Immobilienunternehmer Ralf Büschl und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) sind zwei der Leute unter dem Sonnenschirm. Sie sind sich einig, dass es ziemlich geschmeidig gelaufen ist mit diesem Projekt - und dass es sich eben lohne, frühzeitig die Nachbarschaft in die Planungen einzubinden. So habe man abseits der formellen Bürgerbeteiligung im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens eine Informationsveranstaltung angeboten, erinnert sich Baumgärtner, seinerzeit noch Vorsitzender des Bezirksausschusses (BA) Untergiesing-Harlaching.

Viele Vorschläge wie etwa der Bau eines Schwimmbads seien eher realitätsfern gewesen, "aber fünf Prozent waren sehr sinnvoll und wurden von den Bauherren auch aufgenommen". Letztlich habe es "null Einwände" gegen den Bebauungsplan gegeben, sagt Baumgärtner. Dem Lokalpolitiker gebühre großer Dank, weil er einen wesentlichen Anteil daran gehabt habe, "die Bevölkerung abzuholen", sagt Büschl.

Inzwischen kommt der BA-Vorsitzende aus dem anderen politischen Lager, nämlich von den Grünen. Aber Sebastian Weisenburger, der auch Stadtrat ist, bestätigt, dass es "keine Proteste und keine große Kritik an dem Projekt gab, anders als zum Beispiel bei der Bebauung des Paulaner-Geländes". Nun aber sei zu hoffen, dass "die versprochene Durchmischung der Bevölkerung tatsächlich zustande kommt", sagt Weisenburger.

Knapp 100 der Wohnungen sind gefördert. 66 davon hat der Freistaat mit seiner Wohnungsbaugesellschaft Bayernheim gekauft, weshalb sich auch Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) beim Richtfest die Ehre gab und betonte, dass "wir besonders in München mehr Wohnraum brauchen, der dauerhaft bezahlbar ist". Die gut 300 anderen frei finanzierten Wohnungen werden nicht in diese Kategorie fallen. Die Kaufpreise lagen zwischen 8000 und 13 000 Euro pro Quadratmeter - was bedeutet, dass man für 8000 Euro eher direkt auf den verkehrsumtosten Mittleren Ring schaut, zumindest von einer Seite der Wohnung aus.

Dennoch seien bereits jetzt, knapp eineinhalb Jahre vor der geplanten Fertigstellung Anfang 2022, etwa 90 Prozent der Wohnungen verkauft, sagt Ralf Büschl, der mit seiner Unternehmensgruppe an der Entwicklung von etwa 10 000 Wohnungen im Großraum München beteiligt ist und damit zu den größten privaten Akteuren im hiesigen Wohnungsbau gehört. Zudem hat er die Paketposthalle samt umliegendem Areal an der Friedenheimer Brücke gekauft und plant dort zwei 150 Meter hohe Türme. Am Projekt "Living Isar" allerdings hält Büschl nur 20 Prozent, 80 Prozent gehören der ABG Real Estate. Für die aus Investorensicht erfreulichen Verkaufszahlen hat Ulrich Höller, geschäftsführender Gesellschafter der ABG, eine einfache Erklärung: "Es ist ein Top-Produkt in einer tollen Lage."

Die architektonische Idee hinter dem Projekt beschrieb Florian Matzker vom Büro Ortner und Ortner aus Berlin in seiner Rede auf dem Richtfest so: Man habe mit der Anordnung der Gebäude "ein urbanes Gewebe ohne starres geometrisches System" schaffen wollen, "das wie zufällig entstanden scheint". Zudem betonte er die Gestaltung der Freiräume, die im Inneren des Quartiers komplett autofrei würden. Auch die Nachbarschaft werde von dem Wohnquartier profitieren, so Matzker. Denn an Stelle des bisher abgeschlossenen und versiegelten Osram-Areals entstehe eine öffentlich zugängliche "grüne Passage" zur Isar.

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SZ vom 23.09.2020/wean
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