Eröffnung des Orgelfestivals:Überirdische Register ziehen

Synergien schaffen und ausgetretene Pfade verlassen: Im Alten Peter startet das neue Orgelfestival "Laudes Organi".

Von Michael Stallknecht

Strahlender Streicherklang füllt den Alten Peter, Schlaghölzer und Trommel hallen aus der Tiefe des Raumes wider. Die "Fratres" von Arvo Pärt, hier in der Fassung für Streichorchester und Schlagzeug, klingen in einer Kirche gleich doppelt so überirdisch wie im Konzertsaal. Das Orchester St. Peter eröffnet damit unter Sebastian Adelhardt, dem Chordirektor und Kapellmeister, das neue Orgelfestival in Münchens ältester Pfarrkirche. Eine Orgelreihe, die ohne das traditionellste und klanggewaltigste Instrument der Kirchenmusik beginnt?

"Mit der Orgel lassen sich nicht nur Orgelkonzerte bestreiten", sagt Adelhardt im Gespräch vor dem Konzert, "sie ist auch ein guter Kammermusikpartner für Chor und Orchester." Mit den beiden hauseigenen Ensembles betreibt man in St. Peter schon lange die umfangreichste und vielfältigste Kirchenmusikpflege der Stadt, den Dom eingeschlossen. Jeden Sonntag erklingt im Gottesdienst eine der großen Messvertonungen, darunter viele, die andernorts nie zu hören sind. Außerdem verfügt man seit 2003 über eine Orgel des Bonner Traditionshauses Johannes Klais, die erst 2019 nochmal neu intoniert wurde, daneben seit 2011 auch über eine gar nicht so kleine Chororgel. Und mit Johanna Soller über eine renommierte und vielseitige Organistin, die in der zweiten Jahreshälfte zudem die künstlerische Leitung des Münchener Bachchors übernehmen wird.

Das Orgelfestival ist der Versuch, hier neue Synergien zu schaffen und gleichzeitig "ausgetretene Pfade zu verlassen", wie Adelhardt sagt. In den kommenden zwei Wochen werden der Mainzer Domorganist Daniel Beckmann und Christoph Schönfelder, der designierte Domorganist von St. Gallen, reine Orgelkonzerte bestreiten. Soller dagegen wird mit dem von ihr gegründeten Barockensemble capella sollertia unter anderem ein Orgelkonzert von Georg Friedrich Händel spielen und zum Abschluss am 30. April mit dem Chor von St. Peter das Werk von Zoltán Kodály, das dem ganzen Festival auch den Namen gibt: "Laudes Organi". Für Sebastian Adelhardt hat der Titel daneben den Vorteil, dass man die Reihe - anders als beim Orgelherbst in St. Michael oder dem Orgelsommer der evangelischen Hauptkirchen - in den nächsten Jahren zeitlich flexibel ansetzen könne.

Ein "Lob der Orgel" darf man nach dem noch etwas spärlich besuchten Eröffnungskonzert auf jeden Fall spenden. Johanna Soller durchleuchtet dort die anspruchsvolle Suite op. 5 von Maurice Duruflé mit extremer Klarheit, was nicht nur ihrem virtuosen Fingerspiel, sondern auch den feinen Registern der Klais-Orgel geschuldet ist. Ausgetretene Pfade werden dennoch erst danach verlassen, mit dem Orgelkonzert von Francis Poulenc aus dem Jahr 1938. Schließlich ist die siebenteilige Fantasie für Orgel, Streicher und Pauke (!) eines der schrägsten, auf jeden Fall humorvollsten Werke, die je für das heilige Instrument komponiert wurden. Entsprechend stürmisch lässt Adelhardt das Orchester St. Peter phrasieren. Doch wenn Soller erstmal alle Register zieht, hat selbst ein ganzes Streicherkorps klanglich wenig Chancen gegen die Orgel.

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