Süddeutsche Zeitung

Restaurant im Nationaltheater:Edle Häppchen in der Oper

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Neues Design, bekannte Speisekarte: Das Ludwig Zwei in der Bayerischen Staatsoper hat sich verwandelt. Als Besucher wird man vom freundlichen und flinken Personal verwöhnt. Das hat seinen Preis.

Von Johanna N. Hummel

Zu Essenseinladungen auf offener Bühne gehört oft ein hohes Maß an Dramatik, zum Beispiel bei Mozart. "Don Giovanni! a cenar teco m'invitasti", ruft der steinerne Komtur, als der Sünder gerade genüsslich bei Fasan und Wein - einem Marzemino "eccelente" - tafelt. Bekanntermaßen öffnet sich alsbald der Höllenschlund, der ihn verschlingt. Insofern hat das üppige Rot, in das die Lounge des neuen Opernrestaurants Ludwig Zwei getaucht ist, vielfache Bedeutung: laszives Liebesrot, loderndes Höllenfeuer, Bühnenvorhang aus edlem Samt.

Nun hat der Schöpfer des Restaurants, der Niederländer Marcel Wanders, in der Designer-Szene einen Ruf wie in der Gastronomie Drei-Sterne-Köche. Er ist nie um extravagante Entwürfe verlegen, auch nicht im Ludwig Zwei, das nach König Ludwig II. benannt ist und nach dem Sänger Ludwig Schnorr von Carolsfeld, Wagners erstem Tristan. Das alte fensterlose Restaurant im Erdgeschoss des Nationaltheaters hat Wanders völlig verwandelt.

Treppchen führen von der roten Lounge in den Gastbereich, vorbei an Stehtischen, die zur Pause mit appetitlichen Canapés gedeckt waren, so nah am Gästestrom, dass wir uns fragten, ob da nicht mal jemand was wegnascht und wie es mit der Corona-Hygiene ausschaut. 260 Plätze an weißgedeckten Tischen gibt es, die Stühle sind lichtgrau mit Alcantara bezogen, Weiß und Grau wiederholt sich im Marmorboden, der unter alten Teppichen entdeckt wurde. Muranolüster spenden Licht, die Wände bedecken rote Samtvorhänge und beleuchtete Spiegel.

Wanders hat auch die Hausgötter der Oper bedacht, Mozart, Wagner und Richard Strauss wurden Chambres séparées gewidmet. In Mozarts illustrem Kämmerchen hält ein Wandgemälde Don Giovannis ultimo momento fest, Mozart blickt von der anderen Wand ernst auf den Tisch, vermutlich sucht er Fasan und Marzemino. Doch, das Ludwig Zwei bietet dem Feinkostunternehmen Dallmayr eine feine Bühne.

Auf den Wegweisern im Treppenhaus steht noch das alte Wort "Erfrischungsraum", ein Wort, das unter Denkmalsschutz gehört und das direkt zum Restaurant führt. Dort stimmte der Auftritt der Dallmayr-Crew positiv, die Bedienungen waren nahezu perfekt. Die bestellten kalten Speisen warteten auf dem Tisch, die warmen wurden sofort gebracht, und wenn etwas falsch lief, dann wurde es lächelnd korrigiert.

Allerdings, man muss schnell essen können, vor der Vorstellung bleibt weniger als eine Stunde Zeit und nicht mal ein halbes Stündchen in der Pause. Das neue Menü "Oper in drei Akten" für 65 Euro - zwei Gerichte, ausgewählt aus der Standardkarte, vor der Vorstellung und eines während der Pause - ist deshalb anstrengend. Wir hatten Mühe, die brave Spargelcrème-Suppe (7) wegzulöffeln und dann das Hauptgericht zu schaffen. In der Pause, beim Dessert, war es leichter, schon gar bei den unvergleichlichen heißen Himbeeren mit Vanilleeis (8,50).

Das Angebot im Ludwig Zwei erinnert an die Inszenierung der Zauberflöte von August Everding aus dem Jahr 1978: Diese steht noch immer auf dem Spielplan, wurde etwas überarbeitet und ist sehr gefragt. Bei der Lektüre der Speisenkarte ging es uns ähnlich, denn das Ludwig Zwei ist das alte Opernrestaurant geblieben.

Gerichte wie der Opera-Teller stehen gefühlt seit Jahrzehnten darauf, auch wenn Dallmayr, als er vor sechs Jahren das Restaurant übernahm, ihn leicht verändert hat. Und die edlen Häppchen wie marinierter Scampo, milder Lachs, intensive Entenleber-Praline waren eine feine Sache (25,50). Die Speisenkarte wechselt drei Mal im Jahr, die Klassiker, vor allem die kalten Gerichte, dominieren mit routinierter Qualität, zum Beispiel das Vitello tonnato mit leichter Thunfischsauce oder das fein angemachte Rindertartar mit Wachtel-Spiegelei (22,50 und 24,50).

Bei den warmen Gerichten hatten wir manchmal das Gefühl, dass sich die Zeit, die sie unter dem Salamander auf ihren pünktlichen Auftritt warten mussten, auf den Geschmack gelegt hatte. Das kostbare Kalbsfilet kam zwar schön medium auf den Tisch, aber es schmeckte abgestanden, auch das feine Zwiebelconfit konnte das nicht zudecken (35,50). Die mit Spinat gefüllte Maispoulardenbrust gab es auch schon 2017 und die wichtigsten Beilagen waren damals wie heute entweder glacierte Möhrchen oder Urkarotte (29,50), sehr konventionell das Ganze.

Bisweilen zeigte die Küche auch, was sie kann. Die Lachstranche mit kleinem Reistürmchen und feinem Gemüse war schön glänzend, gekrönt war sie mit intensiver Senf-Mousse (32,50). Nichts zu meckern gab es am weißen und grünen Spargel mit einer etwas gewöhnungsbedürftigen veganen Sauce Bernaise, die mit Curry aufgepeppt war.

Über das zarte Wiener Schnitzel dazu hätten sich die Wiener gewundert. Es war erstaunlich quadratisch, sehr flach, und die knusprige Panade schmeckte wie Panko (33). Und dann die offene Lasagne, sie könnte Vegetarier zum Fleischkonsum bekehren: Von den drei runden Teigblättern, gefüllt mit fadem Blattspinat, waren die unteren völlig zermatscht. Dekoriert war sie mit etwas Blumenkohl, Schwammerln und Tomate, der versprochene Kaviar fehlte. Happige 26,50 Euro kostete das Ganze.

Bei den Weinen, auch bei den offenen, erwies sich Dallmayr als versierter Sommelier, ob das den roten fruchtigen Castel Montegriffo Dolomiti 2019 betraf, den intensiven Silvaner von 2020 von Rainer Sauer oder das interessante Operncuvée Feder Stahl von Christian Stahl aus dem Fränkischen (0,2 Liter 10,50 bis 11,50). Ein Wein aber fehlt auf der Karte, der Marzemino. Schade. Mozart hätte über solch eine Verneigung vor der Oper sicher gelacht.

Ludwig Zwei, Max-Joseph-Platz 2, Telefon 089/21851280 (ab 13.15 Uhr), www.dallmayr.com/de/theatergastronomie/ , Öffnungszeiten: eine Stunde vor Beginn einer Aufführung und während der Pausen. Zutritt nur mit einer Karte für das Nationaltheater

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