Wenn es um Olympia geht, geht es immer auch um Bilder, also alle mal lächeln. Die Fotografen werden zuerst bedient von den drei Männern, die vor einer Gebirgskette aus grünen Plastiksitzschalen posieren, um die erste Botschaft des Tages zu streuen: Hier haben alle das gleiche Ziel. „Das ist doch ein schönes Bild“, sagt Markus Söder.
Die großen Pläne der Stadt und des Freistaats sind schon länger bekannt. Im Sommer 2036, spätestens 2040 oder allerspätestens 2044 sollen in München wieder Olympische Spiele stattfinden. Nun also wollen Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), Ministerpräsident Söder und Sportminister Joachim Herrmann (beide CSU) der Welt zeigen, dass sie nicht nur große Pläne haben, sondern auch ein Konzept, das zunächst die Menschen in München überzeugen soll und am Ende das Internationale Olympische Komitee (IOC). Die Münchnerinnen und Münchner dürfen am 26. Oktober über die Idee abstimmen. Das ist die nächste und vielleicht wichtigste Botschaft an diesem Dienstag.
Am Vormittag, vor dem gemeinsamen Auftritt im Olympiastadion, hat das bayerische Kabinett beschlossen, eine Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele grundsätzlich zu unterstützen. Die Kosten für eine solche Bewerbung beziffert OB Reiter mit „sechs bis sieben Millionen Euro“. Diese Kosten hätten sich seit dem gescheiterten Versuch der Stadt, Winterspiele für 2018 zu erhalten, um rund 75 Prozent reduziert. „Wir machen ein starkes Angebot für nachhaltige, gute, aber vor allem für sympathische Spiele“, sagt Söder und verspricht: „Wir werden für Deutschland ein gutes Bild abgeben.“
Interesse daran, ein gutes Bild abzugeben, gibt es allerdings auch in Düsseldorf. „Nordrhein-Westfalen ist bereit“, tat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nur kurz nach dem Auftritt der Konkurrenz aus dem Süden kund: „Wir bringen Begeisterung, Erfahrung und die nötige Infrastruktur mit.“ Am 28. Mai will er das Konzept, in dem das für die Region Rhein/Ruhr dokumentiert ist, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vorstellen.
Auch Berlin und Hamburg laufen sich für eine Bewerbung warm, was Bayerns Ministerpräsidenten zu einer Spitze herausfordert: München, so Söder, habe nicht nur eine gute Infrastruktur, sondern auch „einen super Flughafen, das hat nicht jeder Bewerber“.
Söders übliche Superbayern-Strecke („Sportland“, „megaleistungsfähige Organisationskraft“) gipfelt in einem etwas schief geratenen Satz: „München und Bayern ist eine weltweit bekannte Stadt.“ Welche Stadt am Ende ins Rennen geht, will der DOSB 2026 entscheiden. Als internationale Konkurrenten werden unter anderem Rom und Madrid gehandelt.
Für den nationalen Wettbewerb wird entscheidend sein, dass die Bevölkerung einer Bewerbung zustimmt – und mit welchen Zahlen dies geschieht. Damit es im Herbst zu einer Abstimmung kommen kann, muss der Münchner Stadtrat in der kommenden Woche der Bewerbung zustimmen.
Das Konzept für die Spiele in München sieht vor, dass die olympischen Sportstätten von 1972 weitgehend genutzt werden. Das Olympische Dorf soll in Daglfing entstehen und durch einen Ausbau der U-Bahnlinie 4 und einen S-Bahn-Nordring angeschlossen werden. 4000 Wohneinheiten, die nach den Spielen weiter genutzt werden können, sollen dort entstehen. Münchens Oberbürgermeister Reiter rechnet zudem damit, dass Zuschüsse den Bau der zweiten S-Bahn-Stammstrecke beschleunigen könnten – und das Entstehen einer U-Bahnlinie 9, die eine Entlastung auf der Süd-Nord-Achse durch die Stadt bringen würde.
Schwimmen in Freising, Reiten vor Schloss Nymphenburg
Bei den Sportstätten will München sich an den Arenen orientieren, die es bei den Olympischen Spielen im vergangenen Jahr in Paris gab. Dort waren die Reitwettbewerbe vor dem Schloss in Versailles abgehalten worden. In München soll Schloss Nymphenburg als Kulisse für die Dressurwettbewerbe dienen. Das Bogenschießen soll vor dem Schloss in Oberschleißheim abgehalten werden.
Woran es fehlt: Ein Schwimmstadion mit zehn Bahnen, wie es das IOC vorschreibt. Hier ist eine temporäre Lösung geplant. In der Multifunktionsarena in Freising, die bis 2029 fertiggestellt werden soll, könnte ein temporäres Schwimmbecken aufgestellt werden. Ähnliche Lösungen gab es bereits bei Schwimm-Weltmeisterschaften.
Als feste Größen eingeplant sind das Olympiastadion für die Leichtathletik-Wettbewerbe und die Medaillenzeremonien, die Olympia-Schießanlage in Garching, die Reitanlage in Riem fürs Springreiten sowie die Regattastrecke in Oberschleißheim – an all diesen Orten wurden bereits bei den Spielen 1972 Wettbewerbe ausgetragen. Reiter argumentiert, es könnten die bisher nachhaltigsten Spiele überhaupt werden. „Wir müssen nicht immer alles neu machen, wir haben fast alles da“, sagt Söder.
Neben den Schwimmwettbewerben ist lediglich noch für die Bahnrad-Rennen geplant, eine temporäre Konstruktion auf einer Fläche der Zentralen Hochschulsportanlage (ZHS) aufzustellen, die im Norden an den Olympiapark grenzt. Zum Freiwasserschwimmen soll es in den Starnberger See gehen, die Wildwasser-Kanuten würden im Kanal in Augsburg um Medaillen kämpfen. Lediglich die Segelwettbewerbe müssten in größerer Distanz zu München stattfinden, in Kiel oder in Rostock.
Ministerpräsident Söder und Oberbürgermeister Reiter hatten ihre olympische Botschaft noch nicht verkündet, da meldeten sich schon die Gegner von Sommerspielen in München. Am 28. Mai soll vor dem Rathaus am Marienplatz eine Demonstration gegen die Bewerbung stattfinden. An diesem Tag soll der Stadtrat das weitere Vorgehen offiziell beschließen. Eine halbe Stunde vor Beginn um neun Uhr ruft die ÖDP zu einer Kundgebung auf unter dem Motto: „NÖ-lympia: München darf kein Geld fürs IOC verbrennen und die Natur zerstören!“
„Wenn München eines nicht braucht, sind es Riesen-Events von ethisch fragwürdigen Sportverbänden, die auch noch die Lebenshaltungskosten explodieren lassen und den Wohnraum weiter verknappen“, sagt Fraktionschef Tobias Ruff. Auch die Linke positioniert sich gegen die Bewerbung: „Das Versprechen für nachhaltige und soziale Olympische Spiele ist eine Mär“, so der Fraktionsvorsitzende Stefan Jagel.
München hat sich zuletzt um die Winterspiele 2018 beworben, dabei aber eine deutliche Niederlage (25 Stimmen zu 63) gegen Pyeongchang in Südkorea erlitten. 2013 war eine Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2022 am Veto der Bevölkerung gescheitert. Bei einer Beteiligung von 28,9 Prozent votierten bei einem Bürgerentscheid in München 52,1 Prozent mit Nein. Auch in Garmisch-Partenkirchen (51,56 Prozent) und in den Landkreisen Traunstein (59,67 Prozent) und Berchtesgadener Land (54,1 Prozent) hatte sich keine Mehrheit für einen erneuten Olympia-Anlauf finden lassen.
Söder und Reiter betonen nun das „Lebensgefühl“, das gerade mit Olympischen Sommerspielen verbunden sei. Er hätte gerne wieder „mehr positive Vibes in der Stadt“, sagt Reiter. Von den Spielen verspricht er sich da einen „Schub“.
Eine breite Mehrheit dafür im Stadtrat gilt als sicher, auch weil die Bürgerinnen und Bürger noch extra entscheiden dürfen. Dafür haben sich neben der SPD auch die CSU und die Grünen ausgesprochen.
Das Konzept für die Spiele: Was wo stattfinden soll
Im Olympiapark
Leichtathletik (Olympiastadion), Geräteturnen, Trampolin (beides in der Olympiahalle), Handball (SAP Garden), Tischtennis (in einer neuen Halle mit 5000 Zuschauerplätzen, die an Stelle des Eisstadions entstehen soll), Wasserspringen (Olympiaschwimmhalle), Sportklettern (Olympiaberg), Triathlon (Olympiapark), Volleyball (in einer temporären Halle mit 15 000 Zuschauerplätzen, die auf dem Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage entstehen soll), Bahnradfahren (in einer temporären Halle mit 5000 Zuschauerplätzen, die auf dem Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage entstehen soll), Basketball 5x5 (in einer temporären Halle mit bis zu 15 000 Zuschauerplätzen), Basketball 3x3, BMX, Skatepark und Modernen Fünfkampf (alle im Olympiapark).
In München
Messe München: Fechten, Gewichtheben, Rhythmische Sportgymnastik, Taekwondo, Boxen, Judo, Ringen.
Im Dantebad: Kunstschwimmen, Wasserball.
Rudi-Sedlmayer-Halle: Badminton.
Theresienwiese: Beachvolleyball.
Odeonsplatz: Radfahren, Ziel Straßenrennens und Zeitfahren.
Schloss Nymphenburg: Dressurreiten.
Olympia-Reitanlage Riem: Springreiten.
Englischer Garten: Vielseitigkeitsreiten.
MTTC Iphitos: Tennis.
Stadion an der Grünwalder Straße: Rugby.
Sportpark Unterhaching: Hockey.
Schloss Schleißheim: Bogenschießen.
Regattaanlage Oberschleißheim: Kanusport, Rudern.
Olympia-Schießanlage Garching: Schießen.
Allianz-Arena: Fußball.
Im Umland
Neue Event-Arena am Flughafen (Freising): Schwimmen.
Eichenried: Golf.
Starnberger See: Freiwasserschwimmen.
Weiter weg
Eiskanal Augsburg: Kanu-Slalom.
Bad Wiessee (Sonnenbichl): Mountainbike.
Kiel oder Rostock: Segeln.
Augsburg, Nürnberg, Hoffenheim, Freiburg, Stuttgart: Fußball.