OlympiaparkOst-West-Friedenskirche soll wieder aufgebaut werden

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Die Kirche, errichtet von dem Eremiten Timofej Wassiljewitsch Prochorow, brannte im Juni 2023 ab.
Die Kirche, errichtet von dem Eremiten Timofej Wassiljewitsch Prochorow, brannte im Juni 2023 ab. (Foto: Stephan Rumpf)

Bei Aufräumarbeiten der Brandreste waren Helfer vor rund drei Wochen auf eine hohe Summe Bargeld in D-Mark-Scheinen gestoßen. Sie sollen nun in die Rekonstruktion der „Väterchen-Timofej-Kirche“ einfließen.

Von Joachim Mölter

Unter all den Münchner Sehenswürdigkeiten besaß die Ost-West-Friedenskirche immer einen Sonderstatus - weil sie kaum zu sehen war: Sie lag mitten in der Stadt und doch verborgen, eingewachsen hinter Bäumen und Büschen, eine Oase der Ruhe, eingezäunt am Rande des Olympiaparks. Man musste schon genau wissen, wo man sie zu suchen hatte, um sie überhaupt zu finden. Seit Juni 2023  war sie dann gar nicht mehr zu sehen: Da brannte der Holzbau eines Nachts ab, wegen eines technischen Defekts.

Jetzt kann der Verein Ost-West-Friedensgarten, der sich um Pflege und Erhalt des Geländes kümmert, die Pläne für den Wiederaufbau der kleinen Kirche vorantreiben. Die Stadt will dem Verein 66 800 Euro zur Verfügung stellen; das ist die Summe, die sie als Versicherungsnehmerin für die Sehenswürdigkeit von der Brandschutzversicherung bekommen hat. Einem entsprechenden Vorschlag des Direktoriums von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) stimmte der Verwaltungsausschuss des Stadtrats diese Woche zu.

Für Reiters Vorgänger Christian Ude ist dieser Betrag „eine wesentliche Anschubfinanzierung“ für die originalgetreue Rekonstruktion des Kirchleins. Die dürfte wegen der schlichten Holzbauweise insgesamt wohl „keinen grandiosen Betrag“ kosten, glaubt er, aber eine sechsstellige Summe wohl doch. Ude engagiert sich seit vielen Jahren für den Erhalt des Geländes, zu dem mehr gehört als die abgebrannte Kirche, nämlich noch ein Garten, eine Kapelle und ein Wohnhaus - all das wurde seinerzeit vom Feuer verschont. Das Haus dient schon seit Langem als Museum, als Gedenkstätte für „Väterchen Timofej“, den Erschaffer des verwunschenen Ortes.

Väterchen Timofej ist eine sagenumwobene Figur der Münchner Nachkriegsgeschichte, gestorben 2004 im Alter von angeblich schon 110 Jahren. Sein genaues Geburtsdatum ist freilich nicht sicher belegt. Der Russe, mit bürgerlichem Namen Timofej Wassiljewitsch Prochorow, kam 1952 mit seiner Lebensgefährtin Natascha in die Stadt, nach einer abenteuerlichen Reise durch mehrere Länder, geleitet von Marien- oder Engel-Erscheinungen, wie er immer erzählte. Die Gottesmutter habe ihn schließlich auf das damalige Oberwiesenfeld geführt, wo er eine Kirche errichten sollte, damit die Menschen dort im beginnenden Kalten Krieg für Frieden zwischen Ost und West beten. Das Kirchlein baute er mithilfe von Trümmern und Schutt, daneben außerdem ein Haus für sich und seine Frau sowie später noch eine Kapelle - alles ohne Genehmigung von Behörden.

Vor den Olympischen Spielen 1972 hätten Väterchen Timofej und Ehefrau Natascha ihre Schwarzbauten räumen und Platz machen sollen für die neuen Sportstätten. Dank einer breiten Unterstützung der Bevölkerung durften sie bleiben - Stadion und Hallen wurden weiter nördlich errichtet.

Die Sympathien der Münchner für den Eremiten schlugen sich offenbar auch finanziell nieder: Als Mitte März endlich die vom Brand betroffenen Bretter, Balken und Bleche weggeräumt wurden, kamen unter den Überresten neben etlichen Reliquien auch Münzen und Geldscheine zum Vorschein, verstaut in Blechdosen, wie Alt-OB Ude den Medien berichtete. Woher das Geld kam, ist nach seinen Angaben nicht zu klären.  Auch der Wert lasse sich im Moment schwer beziffern. Das Geld stammt aus D-Mark-Zeiten, „wir wissen noch nicht, wie viel es in Euro ausmacht“.

Wenn die Scheine auseinandergefieselt und getrocknet sind, sollen sie in Euro umgetauscht und der Erlös für den Wiederaufbau verwendet werden, so Ude weiter. Er ist überzeugt, dass der Verein die dafür nötigen Mittel zusammenbekommt, sobald dessen Gemeinnützigkeit vom Finanzamt anerkannt wird.  „Es gibt schon Unternehmen, die Spenden und Sachleistungen zugesichert haben“, sagt er, auch „Freunde aus nah und fern“ wollten sich beteiligen.

Bei einer Bürgerversammlung des Stadtbezirks Neuhausen-Nymphenburg Ende 2024 wurde angeregt, auf dem Gelände eine Begegnungsstätte zu errichten, als Besinnung auf den Frieden. Auf das also, was Väterchen Timofej dort stets gepredigt hat.

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