„Das Thema ist scheinbar von großem Interesse“, stellte Olympiapark-Chefin Marion Schöne erfreut fest, als sie die Gäste im Coubertin-Saal der Olympiahalle willkommen hieß. Mehr als 120 Menschen waren gekommen zu einer Veranstaltung unter dem Motto: „Olympische Spiele der Zukunft. Ideen. Möglichkeiten. Herausforderungen!“ Dazu eingeladen hatte der Münchner Ortsklub der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG). Die setzt sich für die Verbreitung des olympischen Gedankens ein und organisierte am Dienstagabend bereits zum neunten Mal eine Gesprächsrunde im Olympiapark. Selten zuvor hatte die DOG so viel Publikum angelockt.
Das diesmal gewählte Thema klang vor allem deshalb spannend, weil es zum einen beschlossene Sache ist, dass sich Deutschland wieder um Sommerspiele bewerben soll; die Absichtserklärung unterzeichneten erst im August die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Weikert. Und zum anderen, weil München schon sein Interesse bekundet hat; im Stadtrat unterstützt mittlerweile eine breite Mehrheit das Vorhaben, nachdem sich auch die ehedem Olympia-skeptischen Grünen dazu bekannt haben.
Seit den erfolgreichen European Championships vor zwei Jahren, dem Multisportereignis zum 50-Jahr-Jubiläum der Olympischen Sommerspiele von München 1972, hat zweifellos ein Sinneswandel stattgefunden, was Olympia angeht. Das weltgrößte Sportfest kann man sich jetzt wieder vorstellen in der Stadt.
Wer sich am Dienstag nun aber neue Erkenntnisse erhofft hatte, wie es um die Zukunft einer neuen Münchner Olympia-Bewerbung steht, wurde enttäuscht. Ideen? Gab’s keine. Möglichkeiten? In homöopathischen Dosen. Herausforderungen? Ein paar. Olympische Spiele der Zukunft? Fehlanzeige. Die meiste Zeit der zweieinhalbstündigen Gesprächsrunde beschäftigten sich die Podiumsgäste mit Olympischen Spielen der Vergangenheit.
Schade, denn es hätte durchaus Anlass gegeben, sich zumindest mit den Entwicklungen in der näheren Zukunft zu beschäftigen. Der DOSB berät demnächst mit dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) verschiedene Veranstaltungskonzepte, darunter ist auch eins mit München als zentraler Ausrichterstadt. Bis Ende 2025 will der DOSB mindestens ein Konzept ausgearbeitet haben und dem IOC vorlegen.
Aus DOSB-Kreisen ist nun zu hören, dass es schwierig werden könnte, mit München für das Jahr 2040 anzutreten, wenn sich Deutschland im Kontext 50 Jahre Wiedervereinigung bewirbt. Da sieht man beim DOSB eher Berlin und Leipzig als Kandidaten. München sei aber eine Option, falls sich das IOC eine deutsche Bewerbung auch schon für 2036 vorstellen könne – 100 Jahre nach den Nazi-Spielen falle Berlin sicher aus. Man hätte gern erfahren, wie sich die Gäste auf dem Podium das vorstellen, aber dazu kam es nicht.
Den Ton für die Retrospektive hatte der neue DOG-Präsident Gregor von Opel aus Frankfurt am Main gesetzt, als er in seiner Begrüßungsrede feststellte: „Wir sind alle Olympia-Begeisterte nach den schönen Spielen von Paris.“ Anschließend schwärmte der Kanute Noah Hegge, Bronzemedaillengewinner dieses Jahres, über die Stimmung in der französischen Hauptstadt, und der siebenmalige Paralympics-Teilnehmer Michael Teuber stimmte zu.
DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele erzählte von ihren Erlebnissen und Begegnungen bei früheren Paralympics. Jörg Ammon, der Präsident des Bayerischen Landessport-Verbandes (BLSV), referierte über den Anstieg von Mitgliederzahlen nach Sport-Events wie den European Championships in München 2022 oder eben jetzt Olympia in Paris und kam zu dem Schluss: „Sportgroßereignisse sind ein wichtiger Impulsgeber.“ Dass der aus Lausanne angereiste IOC-Mitarbeiter Jochen Färber vor allem seinem obersten Chef huldigte, dem IOC-Präsidenten Thomas Bach, passte in die allgemeine Schönfärberei.
Es blieb dem ÖDP-Politiker Tobias Ruff vorbehalten, für kritische Gedanken zu sorgen. Ruff ist einer der wenigen verbliebenen Olympia-Skeptiker im Münchner Stadtrat. Er hatte sich schon im Bündnis „Nolympia“ gegen eine Bewerbung für Winterspiele 2022 engagiert, nachdem er das Anforderungsprofil des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in die Finger bekommen hatte, das sogenannte Bidbook. „Es gibt ein wahnsinniges Ungleichgewicht zwischen dem IOC und dem Ausrichter“, begründet Ruff seine ablehnende Haltung zu Olympia: Die Städte tragen die Risiken, das IOC nimmt den Gewinn.
Zum eigentlichen Thema des Tages, „Olympische Spiele der Zukunft“, hatte zumindest er einen Gedanken beizutragen: „Wir müssen das Verhältnis zwischen dem IOC und den ausrichtenden Städten verändern.“ Dafür bekam er den meisten Beifall an diesem Abend.