In diesen Tagen war der Münchner Bundestagsabgeordnete Wolfgang Stefinger (CSU) wieder mal in seiner Heimatstadt, aus Berlin hatte er Kollegen der Arbeitsgruppe für nachhaltige Entwicklung mitgebracht, und bei dem Thema kamen sie natürlich nicht am Olympiapark vorbei. Der steht wie kein anderes Sportareal auf der Welt für nachhaltige Nutzung: Seit mehr als 50 Jahren, seit Olympia 1972, sind die Anlagen in Betrieb. Gerade wird der Fernsehturm renoviert, demnächst ist das Stadion dran, bis 2037 soll der ganze Park generalsaniert sein – gerade rechtzeitig für Olympia 2040.
Um diese Spiele möchte sich Deutschland bewerben, das haben Bundesregierung und Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) im Sommer schriftlich fixiert. München ist einer der fünf Orte, die sich für die Ausrichtung interessieren, neben Berlin, Hamburg, Leipzig und Nordrhein-Westfalen. In der Mitteilung des Bundesinnenministeriums zur beabsichtigten Olympia-Bewerbung wird ausdrücklich betont: „Vorhandene Sportstätten sollen maximal genutzt werden, um Neubauten der sportlichen Infrastruktur zu vermeiden.“ Wolfgang Stefinger findet, die dann runderneuerten Olympia-Sportstätten von 1972 seien „ein Pfund, das man in die Waagschale werfen kann“. Er sicherte „volle Unterstützung“ zu: „Ich versuche, die Bewerbung in Berlin anzuschieben, wo es geht.“
Das Problem ist nur: Für die Bewerbung beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ist formal der DOSB zuständig, und der scheint gerade weder in die Gänge zu kommen noch wirklich zu wissen, in welche Richtung es gehen soll. Weshalb auch in München bis auf Weiteres nichts vorwärtsgeht in Hinblick auf Olympia.
In ihrer gemeinsamen Erklärung schrieben Bundesregierung und DOSB noch im August, dass ein Ausrichtungskonzept bis Ende dieses Jahres „in seinen Grundzügen stehen und öffentlich vorgestellt werden“ solle. Damit sollte auch genug Zeit bleiben für eine Bürgerbefragung; die Zustimmung der Münchnerinnen und Münchner hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) für eine Bewerbung vorausgesetzt. Im Statement des Bundes hieß es zudem: „Die Bundesregierung favorisiert für die Spiele in Deutschland das Jahr 2040 – 50 Jahre nach der deutschen Einheit.“
Beim DOSB sieht man alles nicht ganz so eng. Aus dem Verband ist zu hören, dass man sich „um die nächsten freien Spiele“ bewerben wolle – das sind die im Jahr 2036. Zudem will der Sportverband erst im Dezember 2025 „mindestens ein finales Bewerbungskonzept präsentieren“. Der noch im August genannte Zeitplan verschiebt sich also um wenigstens ein Jahr.
In diesem Dezember will der DOSB zunächst einen unverbindlichen Dialog mit dem IOC aufnehmen und ausloten, wann dieses sich die nächsten Sommerspiele in Europa vorstellen kann. Der Logik folgend wäre nach 2020 mit Tokio (Asien), 2024 mit Paris (Europa), 2028 mit Los Angeles (Amerika) und 2032 in Brisbane (Ozeanien) im Jahr 2036 wieder Asien an der Reihe. Als erste Wahl wird Indien gehandelt.
Führt bei einer Bewerbung für Olympia 2040 ein Weg an Berlin und Leipzig vorbei?
Sollte das IOC 2036 wider Erwarten doch Spiele in Europa bevorzugen, wollen die deutschen Funktionäre lieber nicht mit Berlin antreten – wegen der Erinnerung an die Nazi-Spiele von 1936, genau ein Jahrhundert vorher. Da täte sich also eine Chance für München auf. Wenn man jedoch – wovon fast alle ausgehen – über eine deutsche Bewerbung für 2040 rede, werde es „schwierig, mit München das Narrativ von der deutschen Wiedervereinigung zu erzählen“, so ein Insider der hiesigen Sportpolitik. Dann käme man kaum an Berlin und Leipzig vorbei.
An diesen Überlegungen hat der DOSB die Münchner bislang nicht teilhaben lassen. Im Referat für Bildung und Sport (RBS), in dem die Fäden für Sportgroßereignisse für gewöhnlich zusammenlaufen, hat man jedenfalls nichts gehört. „Über eine Priorisierung hinsichtlich eines Ausrichtungszeitpunkts und in Bezug auf Orte liegen uns keine Informationen vor“, teilt RBS-Sprecher Lukas Schauer mit. Und auch OB Reiter sagt: „Es gibt nach meinem Kenntnisstand noch keine konkreten Festlegungen bezüglich des weiteren Vorgehens. Ich persönlich unterstütze weiterhin, wenn die Rahmenbedingungen passen, Olympische Sommerspiele in München.“

Münchner Olympia-Pläne:2036 vielleicht, 2040 eher nicht
Ein breites Bündnis wünscht sich, dass München in das Bewerbungsrennen um Olympische Sommerspiele einsteigt. Ein grundsätzliches Problem lässt sich aber wohl nur schwer ausräumen.
Dem Vernehmen nach werden beim DOSB in Frankfurt derzeit drei Regionalkonzepte forciert: Berlin plus eine weitere Stadt, München plus möglicherweise Augsburg und eine weitere Satellitenstadt oder Nordrhein-Westfalen. Ziel sei, einen örtlichen Schwerpunkt zu haben, an dem mindesten 70 Prozent der Athletinnen und Athleten vereint sind. Damit rückt der DOSB auch wieder ab von der ehemals gehegten Idee dezentraler Spiele. „Ich hätte es gut gefunden, wenn nicht nur eine Stadt die Spiele schultern muss“, sagt Ulrike Grimm, sportpolitische Sprecherin der CSU/FW-Fraktion im Münchner Stadtrat und große Olympia-Befürworterin. „Ich habe weder mit 2036 noch mit 2040 ein Problem“, sagt sie.
Allerdings müssten für 2036 nicht nur die Arbeiten im Olympiapark beschleunigt werden, sondern vor allem die an der zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Dass deren Fertigstellung erst für 2038 avisiert ist, haben die DOSB-Funktionäre wohl übersehen, als sie auf die Idee kamen, München eventuell schon für 2036 ins Rennen zu schicken.