In den vergangenen Jahrzehnten sind gleich sieben deutsche Olympia-Bewerbungen gescheitert, darunter auch zwei Münchner Kandidaturen für Winterspiele (2018/2022). Nun läuft schon seit geraumer Zeit der achte Versuch, der bereits zu allerlei Verstimmungen geführt hat. Denn mehr als zwei Jahre lang verfolgte der deutsche Sport den Ansatz, eine auf mehrere Städte verteilte „Deutschland-Bewerbung“ zu konzipieren – insbesondere auch mit dem Argument, dass er ausschließlich bestehende Sportstätten benutzen wolle.
Doch Ende 2024 vollzog der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) einen Richtungswechsel. Da entschied er sich, auf den klassischen Ansatz umzusteigen, nach dem der klare Schwerpunkt einer Bewerbung in einer Stadt liegen soll. „One Village“ heißt dieses Modell. Das beinhaltet, dass mindestens 70 Prozent der Athleten im zentralen olympischen Dorf unterkommen können müssen – und ihre Sportstätten maximal 50 Kilometer beziehungsweise eine Stunde Fahrtzeit von diesem Dorf entfernt liegen dürfen.
Dies wiederum hat zur Folge, dass in jedem Fall mehr Sportstätten komplett neu oder zumindest temporär errichtet werden müssen als vom DOSB zunächst avisiert. Der DOSB behauptet zwar, dass er mit einem One-Village-Konzept international mehr Chancen habe; tatsächlich gibt es keine IOC-Richtlinie, aus der hervorgeht, dass es ein solches One-Village-Konzept sein muss.
Zugleich legte der DOSB ein mehrstufiges Verfahren fest, nach dem er bis zum Herbst 2026 einen deutschen Kandidaten aussuchen möchte. Zunächst einmal müssen die interessierten Städte bis zum 31. Mai ihre ersten konkreten Konzepte einreichen. Diese werden dann von einer Arbeitsgruppe des Sportdachverbandes geprüft.
Als zweite Stufe sind Bürgerbefragungen vorgesehen, und unter den Städten, in denen sie positiv ausfallen, wird der deutsche Sport Mitte des nächsten Jahres einen Kandidaten aussuchen. Dabei darf sich München aktuell als Favorit fühlen. Hamburgs Bewerbung leidet zum Beispiel daran, dass es über kein Olympia- beziehungsweise Leichtathletikstadion verfügt. Beim Blick auf Berlin ist neben dem Zustand vieler Sportstätten die Sorge um die Zustimmung der Bevölkerung besonders groß, wobei auch die letzte Münchner Bewerbung an dem Nein in einem Referendum scheiterte. Düsseldorf, das als Hauptstadt einer Bewerbung der Rhein-Ruhr-Region vorgesehen ist, ist ohnehin Außenseiter.
Zugleich hat die lange Geschichte der gescheiterten deutschen Olympia-Bewerbungen bewiesen, dass das alles nichts heißen muss. Als es vor rund zwei Jahrzehnten zum letzten Mal einen innerdeutschen Wettkampf zwischen mehreren Städten gab, entschied sich der Sport gegen den Bewerber, der in einem sportinternen Bewertungsbogen die meisten Punkte hatte (damals Hamburg) und für Leipzig. Die Stadt scheiterte im IOC dann schon in der Vorauswahl.
Bei Olympia-Vergaben kommt es ohnehin nicht auf das beste Konzept an
Sollte sich München im deutschlandinternen Rennen durchsetzen, ist damit noch gar nichts über die internationalen Aussichten gesagt. Grundsätzlich sind die Chancen nicht schlecht, dass Europa 2040 wieder Gastgeber von Spielen sein könnte. Außer in Deutschland kursieren auch schon in Istanbul und in Budapest konkretere Überlegungen, auch in London träumt so mancher von einer Wiederholung der 2012er-Spiele. Auch Rom und Madrid könnten ins Rennen gehen.
Die Erfahrung der Olympia-Vergaben lehrt, dass es dabei ohnehin nicht auf das beste Konzept ankommt, sondern auf sportpolitische Erwägungen und persönliche Vorteile. München selbst hat das schon leidvoll erfahren, als es für die Winterspiele 2018 mit der klar besten Bewerbung antrat, aber gegen Pyeongchang in Südkorea verlor.
Dies wird noch verstärkt, seitdem das IOC unter der Führung des deutschen Präsidenten Thomas Bach das Vergabesystem verändert hat und noch intransparenter gestaltete. Seit 2017 bestimmt faktisch nicht mehr die Session, also die Versammlung aller rund 100 IOC-Mitglieder, den Ausrichter, sondern ein kleiner Kreis um den Präsidenten.
Dieser legt nicht einmal offen, wann er für welche Spiele einen Favoriten aussucht oder wer noch im Rennen ist. Bachs Zeit an der Spitze des IOC endet nach zwölf Jahren im Juni, auf ihn folgt die von ihm protegierte Kirsty Coventry aus Simbabwe. Ob es zu Modifizierungen beim Verfahren kommt, ist noch unklar.