Gedenken an das Olympia-Attentat:Zwei Seiten einer Erinnerung

Gedenken an das Olympia-Attentat: Ein bewaffneter Polizeibeamter im Trainingsanzug schirmt am 5. September 1972 den Block im Olympischen Dorf in München ab, in dem Terroristen israelische Sportler der Sommerspiele festhalten.

Ein bewaffneter Polizeibeamter im Trainingsanzug schirmt am 5. September 1972 den Block im Olympischen Dorf in München ab, in dem Terroristen israelische Sportler der Sommerspiele festhalten.

(Foto: Horst Ossinger/dpa)

Lange ist das Gedenken an die Olympia-Opfer von 1972 verdrängt worden. Dass es nun integraler Bestandteil des Jubiläumsprogramms wird, ist überfällig.

Kommentar von Joachim Mölter

Die Idee hat sich fast aufgedrängt in diesem Jubiläumsjahr der Olympischen Spiele von München 1972: jedem der zwölf Opfer des damaligen Terror-Anschlags - elf israelischen Sportlern, Trainern und Kampfrichtern sowie einem bayerischen Polizisten - jeweils einen Monat zu widmen, in dem dessen Biografie besonders beleuchtet wird. So erstreckt sich das Gedenken automatisch über das ganze Jahr.

So naheliegend diese Idee auch ist - ihre Umsetzung ist nicht so selbstverständlich wie es den Anschein haben mag. Jahrzehntelang ist die Erinnerung an die Ereignisse des 5. September 1972 lieber verdrängt worden von den beteiligten Institutionen - der Stadt München, dem Freistaat Bayern, der Bundesrepublik Deutschland, dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC).

Gedenken an das Olympia-Attentat: Erst 2016 wurde die Gedenkstätte im Olympiapark für die Opfer des Attentats während der Olympischen Spiele 1972 in München eingeweiht: Eine LED-Wand in der zu drei Seiten offenen Gedenkstätte des Architekturbüros Brückner & Brückner zeigt die die damaligen Ereignisse.

Erst 2016 wurde die Gedenkstätte im Olympiapark für die Opfer des Attentats während der Olympischen Spiele 1972 in München eingeweiht: Eine LED-Wand in der zu drei Seiten offenen Gedenkstätte des Architekturbüros Brückner & Brückner zeigt die die damaligen Ereignisse.

(Foto: Stephan Rumpf)

Jahrzehntelang haben die Angehörigen der Opfer kämpfen müssen um irgendeine Form der Anerkennung. Erst 2016, zum 45. Jahrestag des Anschlags einer palästinensischen Terrorgruppe, wurde im Olympiapark eine Gedenkstätte eingeweiht. Und sogar erst im vorigen Sommer in Tokio gab es erstmals bei einer Eröffnungsfeier Olympischer Spiele eine Schweigeminute zur Erinnerung an die Opfer von 1972.

Es ist längst Zeit, beim Rückblick auf München '72 den Fokus etwas mehr auf das Gedenken zu richten. So wie es Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Kulturreferent Anton Biebl bei der Vorstellung des Jubiläumsprograms nun getan haben. Da kommt das Gedenken nicht nur einmalig an einem Tag im September vor, sondern ist "integraler Bestandteil". So hätte das freilich schon jahrzehntelang sein müssen: Zur Erinnerung an die Spiele von 1972 gehört ja nicht nur die fröhliche Seite, sondern auch die traurige. Die angenehmen Seiten des Lebens sind selten ohne die unangenehmen zu haben.

Es ist eine tragische Volte, dass die Spiele in München das Bild eines neuen, eines weltoffenen Deutschlands zeigen sollten, und dass dann gerade das Prinzip der Offenheit und Zugänglichkeit den Terroristen den Weg ins Olympische Dorf und zum Attentat auf die israelischen Teilnehmer ebnete. Bei München '72 sind somit Freud und Leid enger verbunden und verwoben als bei jedem anderen Sportereignis auf dieser Welt. Zu jenen Spielen gehören Heiterkeit und Tragik gleichermaßen, und für beides muss auch Platz sein in der Erinnerungskultur. Es war überfällig, den zu schaffen.

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