Olympia 1972:Zeitzeugen und Quellen

Die SZ hat für den historischen Liveblog mit Sportlerinnen, Zuschauern und Hostessen gesprochen, wie sie die besonderen Tage 1972 in München erlebt haben und wie diese ihr Leben geprägt haben.

Von Barbara Galaktionow und Lisa Sonnabend

Zeitzeugen

Paul Barth, Silbermedaillengewinner aus München

Judoka Paul Barth, heute 76 Jahre, aus Gröbenzell ist großer Olympiafan. Mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Spiele 1972 gründete er den Olympia-Stammtisch, noch heute treffen sich die ehemaligen Sportlerinnen und Sportler regelmäßig und sprechen über die Tage 1972 in München. Barth holte in München die Bronzemedaille im Mittelschwergewicht.

Günter Döbler, Chef de Mission von Dahomey

Der aus Kempten stammende Günter Döbler war bei den Olympischen Spielen Chef de Mission für die kleine Mannschaft von Dahomey (heute Benin). Das westafrikanische Land war zu arm, um eigene Funktionäre zu entsenden. Der heute 76-Jährige kannte Dahomey, da sein Vater dort Honorarkonsul war, und hatte dort selbst bei einigen privat organisierten Hilfsprojekten mitgearbeitet. Seine Tätigkeit als Chef de Mission hatte für Döbler auch ganz persönliche Folgen, wie er erzählt: Durch einen Bericht in der Heimatzeitung Der Allgäuer wurde damals eine junge Frau auf ihn aufmerksam und trat mit ihm in Kontakt - mit ihr ist er bis heute verheiratet.

Werner Göldner und Klaus Petri, jugendliche Olympiabesucher

Werner Göldner und Klaus Petri besuchten als Jugendliche, wann immer es ging, zusammen die Spiele. Der damals 15-jährige Klaus war 1968 mit seinen Eltern von Göttingen nach München gezogen und sein damals 18-jähriger Freund Werner reiste extra von Göttingen an, um mit Klaus viele Wettbewerbe zu besuchen, nach Autogrammen zu jagen und die gesamte Atmosphäre der Spiele aufzusaugen. Beide einte eine massive Sportbegeisterung - und tut es bis heute.

Verena Hawe, Bronzemedaillengewinnerin aus München

Die ehemalige Brustschwimmerin Verena Hawe, heute 71 Jahre, nahm damals unter ihrem Mädchennamen Verena Eberle an den Schwimmwettbewerben teil und holte Bronze mit der Lagenstaffel. Olympia in ihrer Heimatstadt - das war für die Münchnerin Eberle etwas ganz besonderes. Auch wenn es ihr lieber gewesen wäre, die Spiele hätten woanders stattgefunden. Sie wollte die Welt sehen.

Joseph Hönle, Chauffeur der amerikanischen Leichtathleten

Joseph Hönle, heute 69, stammt aus Nördlingen und war 1972 bei der Bundeswehr. Als für die Spiele in München Fahrer gesucht wurden, sah er seine große Chance. Denn das Kasernenleben langweilte ihn. Als Chauffeur wurde er der amerikanischen Leichtathleten zugeteilt, sah einige Wettbewerbe live, verbesserte sein Englisch, schloss Freundschaften und tröstete Athleten nach bitteren Niederlagen. Nach den Spielen zog er nach München, um hier Jura zu studieren. Er lebt bis heute in der Stadt.

Monika Lindner, Telegrafistin im Olympia-Pressezentrum

Die Münchnerin Monika Lindner arbeitete während der Olympischen Spiele als Telegrafistin im Pressezentrum des Olympischen Dorfes. Sie war 21 Jahre alt und frisch verheiratet. Um arbeiten zu dürfen, brauchte sie damals noch eine schriftliche Erlaubnis ihres Mannes.

Rebekka Magnúsdóttir, Olympia-Hostess

Die damals 22 Jahre alte Isländerin Rebekka Magnúsdóttir arbeitete als Hostess bei den Spielen in München. Sie hatte 1970 ihr Stúdentspróf, das isländische Abitur, gemacht und wollte gern ins Ausland gehen. Sie sagt heute, der Olympia-Aufenthalt habe ihr Leben gelenkt - denn danach studierte sie in München Germanistik und in Bonn Deutsch als Fremdsprache und heiratete später einen Deutschen, der im höheren Dienst im Auswärtigen Amt arbeitete. Sie begleitete ihn zu seinen verschiedenen Positionen im Ausland und unterrichtete selbst an verschiedenen Goethe-Instituten Deutsch als Fremdsprache. Heute lebt Magnúsdóttir in Berlin.

Wolfgang Maier, jugendlicher Zuschauer aus Aschaffenburg

Der heute 66 Jahre alte Wolfgang Maier aus Aschaffenburg kam mit einer Gruppe Jugendlicher nach München und konnte viele Wettbewerbe live sehen. Er sammelte Autogramme, schoss Fotos und nahm Erinnerungen mit, die ihn geprägt haben. Noch heute ist er ein großer Sportfan.

Roland Maywald, ehemaliger Badmintonspieler

Der heute 74-jährige Roland Maywald aus Bonn nahm als Badmintonspieler an den Demonstrationswettbewerben teil und holte zwei Bronze-Medaillen im Männer-Doppel und Mixed. Es dauerte dann allerdings noch 20 Jahre, bis seine Sportart schließlich offiziell olympisch wurde. Maywald hatte seine Karriere da schon längst beendet.

Hagen Klie, Wasserskifahrer

Der heute 74 Jahre alte Hagen Klie aus Göttingen nahm bei den Demonstrationswettbewerben im Wasserski teil und holte eine Silbermedaille. Seine Sportart wurde nie olympisch, Klie erinnert sich dennoch gerne an die Tage im Sommer 1972. Noch heute fährt Klie Wasserski beim Verein WMC-Hann-Münden.

Gerda Röder, Platzanweiserin

Gerda Röder arbeitete bei den Olympischen Spielen in München als Platzanweiserin im Olympiastadion - ein Job, der sich gut mit ihrer hauptberuflichen Tätigkeit als Redakteurin der katholischen Frauenzeitschrift Monika vereinbaren ließ. Die damals 32-Jährige lebte zu dieser Zeit mit ihrem Mann und ihren drei und fünf Jahre alten Kindern in Karlsruhe, ein drittes war unterwegs. Während der Spiele wohnte sie in München bei Freunden, ihre Kinder bei Verwandten in Augsburg.

Gisela Welzenbach, Schülerin

Gisela Welzenbach durfte als 15-Jährige bei der Eröffnungsfeier beim "Gruß der Jugend" mittanzen.

Quellen

Roman Deininger/Uwe Ritzer: Die Spiele des Jahrhunderts. Olympia 1972, der Terror und das neue Deutschland, München 2021

Haus der Bayerischen Geschichte (Hg.): München 1972. Edition Bayern. Sonderheft #02, Augsburg 2010

Simon Reeve: Ein Tag im September. Die Geschichte des Geiseldramas bei den Olympischen Spielen in München 1972, 2. Aufl., München 2000

Kay Schiller/Christopher Young: München 1972. Olympische Spiele im Zeichen des modernen Deutschland, Göttingen 2012

Angelika Schuster-Fox: 5. September 1972. Das Ende der Heiteren Spiele von München, hrsg. vom Landsratsamt Fürstenfeldbruck, Fürstenfeldbruck 2012

https://olympics.com/ - Offizielle Website des IOC

Zahlreiche, oft zeitgenössische Artikel vor allem aus Süddeutscher Zeitung und der Münchner Abendzeitung sowie aus Spiegel, Bild-Zeitung, Neues Deutschland, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Welt, Zeit

Bewegtbild:

Kevin Macdonald: Ein Tag im September. Das Geiseldrama München 1972 (DVD)

Mediathek des Bayerischen Rundfunks: Die Eröffnungsfeier der Sommerspiele 1972, Teil 1 und Teil 2

Mediathek des Bayerischen Rundfunks: Olympische Spiele - eine Chronik. Folge 1 bis 17

Tod und Spiele - München '72. 4 Teile. Dokumentation 2022. ARD-Mediathek

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