Lange hatten sie sich nicht geäußert und versucht, hinter den Kulissen ihren Einfluss geltend zu machen. Jetzt, kurz vor der Entscheidung des Stadtrats, machen sie ihren Protest öffentlich: Helmut Pfundstein und Karl-Heinz Knoll wollen so das drohende Aus für das Herzkasperlzelt auf der Oidn Wiesn verhindern. Sie sind zwei der Erfinder des Konzepts, nach dem die Oide Wiesn seit 2011 funktioniert - mit historischen Fahrgeschäften, Museums- und Musikantenzelt, dem Festzelt Tradition und seit 2017 auch mit dem Volkssängerzelt.
Pfundstein, ein ehemaliger CSU-Stadtrat, wird besonders deutlich: "Obwohl im Stadtrat die breite Mehrheit die kulturelle Bedeutung des Herzkasperlzeltes anerkennt, getraut sie sich nicht, diese Erkenntnis durchzusetzen und verweist auf die Rechtslage, an die der Stadtrat gebunden sei", sagt er. Die Bedeutung des Herzkasperlzelts für die Oide Wiesn sei einer breiten Mehrheit im Stadtrat klar, lediglich der für die Wiesn zuständige Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) habe "dafür keinerlei Gespür und wischt alle diesbezüglichen Hinweise arrogant vom Tisch".
Auch Karl-Heinz Knoll, der Präsident des Festrings München, wird deutlich: "Ich wünsche der Oidn Wiesn, dass sie nicht durch formalen Bürokratismus kaputtgeht", schreibt er in einer Stellungnahme vom Samstag, "eine Oide Wiesn ohne Herzkasperlzelt ist eigentlich nicht vorstellbar." Der Festring war maßgeblich beteiligt an der Entwicklung der Oidn Wiesn. Er veranstaltet unter anderem den Einzug der Wiesnwirte und den Trachten- und Schützenzug und betreibt auf der Oidn Wiesn das Festzelt Tradition, das vom normalen Zulassungsverfahren ausgenommen ist.
An diesem Dienstag entscheidet der Stadtrat über die Zulassungen zum Oktoberfest und zur Oidn Wiesn, und das Herzkasperlzelt wird aller Voraussicht nach nicht dabei sein. In der Punktewertung fällt es diesmal völlig überraschend hinter einen Neubewerber zurück: Peter Schöniger von der Festhalle Bayernland, der mit einem neuen Zelt namens "Boandl Kramerei" antritt und den Zuschlag bekommen soll, obwohl er vom Kulturreferat deutlich weniger Punkte zuerkannt bekommen hat als Beppi Bachmaiers Herzkasperlzelt. Dafür hat er in anderen Kategorien deutlich mehr, in denen das Herzkasperlzelt gar keine bekam.
Besonders bemerkenswert ist das, weil das Herzkasperlzelt so gut wie gesetzt war und sogar während des Zentral-Landwirtschaftsfests dort mit vertreten gewesen wäre. Nachdem der Bauernverband jedoch im Januar sein Fest mangels Ausstellern absagen musste, wurde die Oide Wiesn schnell nachträglich neu ausgeschrieben. Und da tauchte plötzlich ein neuer Bewerber in Gestalt von Schöniger auf, der sich mit seiner "Boandl Kramerei" nun erstmals um das Musikantenzelt bewarb und am Herzkasperlzelt vorbeizog.
Pfundstein und Knoll fordern seit Jahren, die Bewertungskriterien für die Oide Wiesn zu ändern. Knoll wörtlich: "Das Problem ist seit Langem, dass die Oide Wiesn wie die normale Wiesn bei den Zelten behandelt wird." Dabei seien die kulturelle Bedeutung, Tradition, Volkssänger, echte Blasmusik, Trachten und Brauchtum sowie moderne, junge bayerische Volksmusik den Vätern der Oidn Wiesn wichtiger gewesen, "als gastronomische Spitzenleistung und Punktegewinn durch langjähriges Innehaben von Geschäften auf der normalen Wiesn".