Süddeutsche Zeitung

Wiesn:Gericht verbietet Weiterverkauf von Oktoberfesttischen

Bis zu 3299 Euro verlangte eine Eventagentur im Internet für Reservierungen in der Ochsenbraterei. Dagegen klagt die Wirtin - und bekommt recht.

Von Susi Wimmer

Wiesntisch-Preise, die so saftig sind wie eine Ochsensemmel, die wird es auf dem Oktoberfest 2022 - so es denn stattfindet - nicht geben. Die 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I hat am Freitag einer Eventagentur verboten, Reservierungen für das Festzelt Ochsenbraterei im Internet anzubieten und zu verkaufen. Die Agentur hatte pro Zehner-Tisch bis zu 3300 Euro verlangt.

"Das ist ein sehr wichtiges Urteil für uns", sagt Wiesnwirte-Sprecher Peter Inselkammer. Der Weiterverkauf von Tischen über Eventagenturen sei den Wirten "schon sehr lange" ein Dorn im Auge. Im Kollegenkreis bekämpfe man den Zwischenhandel "zu Wucherpreisen", nun habe man erstmals ein Urteil an der Hand.

Wer auf dem Oktoberfest in der Gruppe ein Prosit der Gemütlichkeit anstimmen will, der reserviert am Besten im Frühjahr des Wiesn-Jahres einen Tisch. Der kostet dann für zehn Personen bis zu 400 Euro maximal und schließt Getränke- und Essensgutscheine mit ein. Die Agentur mit Sitz in München und Chemnitz hingegen, die die Internetseite "Tischreservierung-Oktoberfest.de" betreibt, verlangte im Frühjahr 2020 zwischen 1990 und 3299 Euro pro Tisch. "Das Angebot wurde nach der Absage des Oktoberfests entfernt", sagt Anne-Kristin Fricke, Pressesprecherin am Landgericht.

Antje Schneider von der Ochsenbraterei wurde der Preishorror zu bunt: Sie klagte gegen das Portal, auf dem schon jetzt Plätze für 2022 angeboten wurden. Wie die Tische an die Agenturen gehen, "das ist ein gut gehütetes Geheimnis", sagt Peter Inselkammer. Vermutlich würden Strohmänner in großem Stil die Reservierungen bei den einzelnen Betreibern kaufen und im Internet weitervertreiben. Was der Käufer meist nicht weiß: In den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Zeltbetreiber ist verankert, dass "die Veräußerung der Tischreservierungen an kommerzielle Weiterverkäufer verboten ist". Das heißt, begehrt eine Gruppe Einlass, die die Reservierung über das Portal erstanden hat, so hat der Wirt das Recht, die Gäste des Zeltes zu verweisen.

Der Kunde habe keinen rechtswirksamen Anspruch auf eine Reservierung

Die Spreu vom Weizen zu trennen, also Wucher-Online-Tickets von Original-Reservierungen, ist natürlich für die Oktoberfest-Wirte nicht so einfach. "Die Bedienungen von unserem Armbrustschützenzelt kennen unsere Stammgäste", sagt Inselkammer. Aber halt auch nicht alle. Und es gibt ja auch neue Besucher. "Wir verfolgen halt auch im Internet, was da angeboten wird, wer verkauft." Die Betreiber der Seiten seien schon sehr professionell aufgestellt. "Das ist dann ein Katz- und Maus-Spiel", sagt Peter Inselkammer.

Die 3. Kammer für Handelssachen urteilte nun, dass das Angebot des Online-Portals "irreführend" sei und gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoße. Der Kunde habe nach dem Kauf tatsächlich keinen rechtswirksamen Anspruch auf eine Reservierung. Die Ochsenbraterei stelle personalisierte Reservierungsbestätigungen aus, auf denen betont werde, dass eine Übertragbarkeit nicht möglich sei. Zudem bestätigte das Gericht das Verbot der Ochsenbraterei, die Reservierungen an kommerzielle Weiterverkäufer abzugeben. Die Wirtin wolle ein sozialverträgliches Preisgefüge sicherstellen, um auch weniger wohlhabenden Bürgern einen möglichst gleichberechtigten Zugang zur Wiesn zu ermöglichen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Inselkammer jedenfalls ist zuversichtlich, dass es im Frühjahr mit den Reservierungen für die Wiesn 2022 losgeht. Die Wirtshaus-Wiesn, der Ersatz für das Oktoberfest 2021, habe gut funktioniert. "Die Leute wollen feiern, und bei uns waren sie zu 95 Prozent geimpft."

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