Süddeutsche Zeitung

Geistiges Eigentum:Wie München die Marke Oktoberfest schützen will

Lesezeit: 2 min

Weltweit gibt es rund 150 Kopien des Oktoberfestes. Nun soll eine weitere hinzukommen, eine gigantische Version in Dubai. Der Stadt München missfällt das - helfen könnten ihr die sogenannten Nizza-Klassen.

Von Franz Kotteder

Spricht man den Wirtschaftsreferenten Clemens Baumgärtner (CSU) auf seinen jüngsten Erfolg an, dann wird er auf einmal ganz schmallippig. Das ist merkwürdig, denn in seiner Eigenschaft als Wiesnchef müsste er ja eigentlich daran interessiert sein, gerade jetzt positive Nachrichten verkünden zu können. Aber: kein Kommentar.

Die vornehme Zurückhaltung hat ihren Grund. Denn der Erfolg ist noch nicht ganz eingefahren, es besteht noch die Möglichkeit des Einspruchs bis zum 30. Juli. Der ist zwar nicht besonders aussichtsreich, da juristisch anspruchsvoll, aber die Stadt will keine schlafenden Hunde wecken. Schließlich hat man lange genug darauf hingearbeitet, die Marken "Wiesn" und "Oktoberfest" zu schützen. Fünf Jahre lang laufen die Bemühungen nun schon, jetzt sind sie von Erfolg gekrönt.

Weltweit gibt es um die 150 Kopien des Oktoberfests, hat mal jemand gezählt, die neueste steht schon in den Startlöchern. Zwei Unternehmer - der ehemalige Szenewirt Dirk Ippen (Mamasita, Pappasitos) und der Schausteller Charles Blume, der auch den Berliner Weihnachtsmarkt veranstaltet - wollen vom 7. Oktober an in Dubai eine gigantische Wiesnkopie aufziehen, auf 40 Hektar, mit 32 Zelten sowie 620 Fahrgeschäften und Buden aller Art. Das alles ein halbes Jahr lang, begleitend zur ersten Weltausstellung Expo im arabischen Raum, die auch in Dubai stattfindet. Die Stadt München sieht das mit Missfallen und weist darauf hin, dass sie damit nicht das Geringste zu tun habe.

Auch für solche Fälle hat der damalige Zweite Bürgermeister und Wirtschaftsreferent Josef Schmid (CSU) 2016 bei der Europäischen Behörde für geistiges Eigentum EUIPO ein Markenschutzverfahren für die Begriffe "Wiesn" und "Oktoberfest" ins Rollen gebracht. Das europäische Amt ist zuständig für den Markenschutz von Waren und Dienstleistungen. Die werden in 45 verschiedene Gruppen eingeteilt und "Nizza-Klassen" genannt, weil sie 1957 auf einer internationalen Konferenz in der südfranzösischen Stadt beschlossen wurden. Antragsteller können Schutz für einzelne Klassen oder für alle einfordern, das Verfahren nimmt allerdings einige Zeit in Anspruch.

Relativ schnell konnte München für einige Klassen diesen Schutz erreichen. Bei Gratulationen dazu machte Josef Schmid aber ein etwas geschmerztes Gesicht, denn der Markenschutz betraf damals beispielsweise die Nizza-Klassen für Waschmittel und Seife, und wer will die schon "Oktoberfest" nennen?

Seit dem 30. April, an dem die EUIPO den Markenschutz für weitere 22 Nizza-Klassen in Aussicht stellte, ist die Stadt ihrem Ziel schon sehr nahe gekommen. Zwar fehlt die Klasse 41 noch immer - unter sie fallen "Dienstleistungen, deren Hauptzweck die Zerstreuung, Belustigung oder Entspannung von Personen ist". Aber die enorm wichtige Klasse 35 ist jetzt enthalten, und die umfasst zum Beispiel Tourismuswerbung. Man darf dann ohne Lizenz der Stadt München nicht mehr mit dem Begriff "Oktoberfest" werben. Mit einer Veranstaltung, für die man nicht werben kann, ist aber nicht viel verdient. Und das will die Stadt nach eigenen Angaben ja eigentlich verhindern: dass jemand den guten Ruf des Festes benutzt, um mit einer schlechten Kopie viel Geld zu machen.

Das könnte nun auch für die Wüsten-Wiesn zum Problem werden. Denn dort wirbt man recht ungeniert mit dem Begriff "Oktoberfest". Auch bei potenziellen Wüstenwirten und Schaustellern. In einem Infoblatt wirbt man obendrein mit Dumpinglöhnen fürs Personal, das man sich in Dubai mieten könne: 7,50 bis 15 Euro inklusive Nebenkosten und Krankenversicherung zahlt man dort pro Stunde, heißt es, sämtliche Sozialleistungen entfallen. Da lässt es sich dann vielleicht sogar verschmerzen, wenn einschränkend erklärt wird: "Das Preisgefüge auf dem Oktoberfest in Dubai darf nicht höher sein als auf dem Münchner Oktoberfest."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5283807
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 05.05.2021
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.