Coronavirus in München:Kann die Wiesn im nächsten Jahr stattfinden?

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Ob sich die Menschen im nächsten Jahr beim Oktoberfest wieder so nahe kommen dürfen? Die Entscheidung darüber soll spätestens im Juni fallen. (Foto: Robert Haas)

Die Stadt will spätestens im Juni entscheiden, ob es ein Oktoberfest 2021 geben wird. Die Wirte geben sich optimistisch - denn für viele haben die Vorbereitungen schon angefangen.

Von Laura Kaufmann, München

Man muss sich Peter Reichert als einen glücklichen Menschen vorstellen, denn er hat einen begehrten Job in der Stadt ergattert; er wird der neue Wiesnwirt vom Bräuroslzelt. Nur wann er tatsächlich Einzug auf dem Oktoberfest halten kann, das ist nun die Frage. Wird die Wiesn 2021 überhaupt stattfinden? "Das weiß ja niemand in ganz Bayern oder in Deutschland. Aber wir hoffen es", sagt Reichert. Der Chef seiner Brauerei Hacker-Pschorr sieht das ähnlich. "Das ist ein Blick in die Glaskugel", sagt Andreas Steinfatt. "Aber wir sind Berufsoptimisten, und natürlich hoffen wir alle, dass wir nächstes Jahr ein Oktoberfest feiern können, so, wie wir es gewohnt sind." Dass nun die Impfstoffe auf den Markt kommen, stimmt ihn guten Mutes. "Wir bereiten alles vor, die Maschinerie läuft."

Der Veranstalter, die Stadt also, will sich auch noch nicht mit Vorhersagen aus dem Fenster lehnen. "Die Entscheidung, ob das Oktoberfest stattfinden kann, werden wir unter Berücksichtigung der notwendigen Planungsvorläufe im kommenden Jahr treffen. Das kann im April sein, aber auch erst im Mai oder sogar Juni", sagt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Die Wiesn 2020 war heuer Ende April abgesagt worden. "Keiner kann zum jetzigen Zeitpunkt voraussagen, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickelt", sagt Reiter.

Corona-Krise
:Reiter will möglichst spät über die Wiesn 2021 entscheiden

Noch ein Herbst ohne Oktoberfest? Oberbürgermeister, Wirte und Schausteller hoffen, dass es nicht so weit kommt. Doch alles hänge vom weiteren Verlauf der Pandemie ab.

Aus medizinischer Sicht ist es nicht möglich, seriös zu prognostizieren, wann eine ausreichende Herdenimmunität erreicht ist, um ein Volksfest dieser Größe stattfinden zu lassen. Selbst wenn in Deutschland gut zwei Drittel der Bevölkerung bis in den Spätsommer durchgeimpft wären, was ist mit den anderen Ländern? Eine Wiesn nur für Besucher mit Aufkleber im Impfpass? Schwer vorstellbar. Andererseits hätten die meisten Münchner herzlich gelacht, hätte man ihnen letztes Jahr erklärt, dass sie 2020 nur mit Maske in den Supermarkt gehen dürfen. Und Bierzelt mit Maske, das ist nun wirklich nicht vorstellbar.

Wiesn lebt von Ausgelassenheit, von ausgeschütteten Endorphinen; ob die nun im Fünferlooping produziert werden oder beim Kuss auf der Bierbank. Auch Wiesnwirt Christian Schottenhamel hofft darauf, dass die Wiesn stattfinden kann. "Es gibt ein paar Dinge, die kann ich mir nicht vorstellen. Oktoberfest auf Distanz - das ist für mich nicht das Oktoberfest."

Im Kreise der Wiesnwirte denke man positiv, was das Jahr 2021 angehe, sagt er. Es hilft ja auch nichts, für die Wirte hat das Oktoberfest schon begonnen. Die Bewerbungen müssen bis Ende des Jahres vorliegen, die Reservierungsbüros werden besetzt. Mit den Zeltaufbaufirmen ist schon geklärt worden, wann sie spätestens das Go erhalten müssten, um die Bierburgen zu errichten. "Uns würde eine Entscheidung Anfang Juni reichen", sagt Schottenhamel. Sebastian Kuffler vom Weinzelt schätzt die Chancen, dass die Impfstrategie aufgeht und das Oktoberfest stattfinden kann, auf 70 Prozent. Die Planungen liefen wie in anderen Jahren auch, sagt Wiesnwirtesprecher Peter Inselkammer.

Yvonne Heckl von den Münchner Schaustellern weiß von den um die 500 Schaustellern und Marktkaufleuten, dass sie sich auch wie immer beworben haben. "In der jetzigen Situation ist Optimismus gefragt", sagt sie. Gerade für die Schausteller, die das Jahr über von Volksfest zu Volksfest ziehen, ist die Situation nicht nur finanziell, sondern auch emotional schwierig. Dass die Wiesn auch im nächsten Jahr abgesagt werden könnte, "das wollen wir uns nicht vorstellen, weil es ein absolutes Fiasko wäre. Aber es ist auch Vernunft gefragt, und eine solche Veranstaltung kann man nur abhalten, wenn man es guten Gewissens machen kann".

Für Vernunft plädiert auch Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU). Er favorisiere eine späte Entscheidung erst im Juni, um alle Chancen auszuschöpfen: "Ich glaube, dass die Wiesn wichtig ist für die Stimmung in der Stadt - mal ganz abgesehen von den Arbeitsplätzen."

© SZ vom 18.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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