Junge Münchnerinnen und Münchner fühlen sich nachts in Bus und Bahn häufig unsicher. Viele meiden den öffentlichen Nahverkehr zu später Stunde – besonders junge Frauen. Das zeigt die repräsentative Studie des Kreisjugendrings (KJR) zur jungen Mobilität in der Stadt in Zusammenarbeit mit dem Institut für empirische Soziologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Titel „Wie kommst du von A nach B?“
Während sich tagsüber mehr als 95 Prozent der jungen Menschen im öffentlichen Nahverkehr sicher fühlen, sind es in der Nacht nur 54 Prozent. 75 Prozent der Frauen meiden sogar den ÖPNV, bei den Männern 38 Prozent. Die KJR-Referentin für junge Politik, Theresa Baum, berichtet, mehr als 50 Prozent der Frauen hätten Strategien, um ihr Sicherheitsgefühl in der Bahn zu erhöhen, etwa den Haustürschlüssel bereitzuhalten, Augenkontakt zu meiden und das Handy ans Ohr zu legen.
Fast 28 Prozent der jungen Frauen gaben an, im ÖPNV bereits sexuell bedrängt worden zu sein. Baum nannte diese Zahl „erschreckend“. Bei einer Ergebnispräsentation der Studie kam aus dem Publikum die Frage, ob die Fahrer von Bus und Tram nicht vielleicht mehr nach den Passagieren schauen könnten. Daraufhin meldete sich ein Besucher, der neben dem Studium Trambahnen steuert. „Während der Fahrt ist mein Blick auf die Straße gerichtet“, erklärt Alexander Löher. Wenn er nachts fahre und am Stachus halte, nehme er sich die Zeit, durch die Bahn zu laufen und nach dem Rechten zu schauen. Innerhalb der vergangenen Monate habe er zwei sexuelle Übergriffe miterlebt und eingegriffen.
Im Juni und Juli waren 12 000 junge Münchnerinnen und Münchner zwischen 14 und 27 Jahren zur Teilnahme an der Mobilitätsumfrage eingeladen worden. Rund 1200 von ihnen füllten den Fragebogen vollständig aus – zu Themen wie Verkehrsmittel, Einstellung zur Mobilität, Bewertung des ÖPNV-Angebots und auch dem Sicherheitsempfinden. Knapp zwei Drittel der Befragten sind über 21 Jahre alt, etwas mehr als ein Drittel studiert.
Welches Fortbewegungsmittel wählen junge Erwachsene im Alltag? Junge Menschen gehen gerne zu Fuß: Üblicherweise laufen 48,1 Prozent der befragten Frauen zum nächsten Supermarkt, bei Männern sind es 55,9 Prozent. Das deckt sich mit den Ergebnissen der jüngsten städtischen Mobilitätsstudie, nach der das Zu-Fuß-Gehen die häufigste Art der Fortbewegung in der Stadt darstellt und stark zunimmt, während das Autofahren an Bedeutung verloren hat.
Beide Geschlechter fahren bevorzugt U-Bahn zur Arbeit, Schule oder Ausbildung. Junge Männer radeln gerne mit dem Fahrrad zu Freunden. Frauen hingegen nehmen in ihrer Freizeit die U-Bahn, solange es hell und belebt ist.

Mobilität in München:Die Stauhauptstadt wird zur Fußgänger-Metropole
Während der Anteil der Autofahrten am Münchner Verkehr immer weiter zurückgeht, sind umweltfreundliche Fortbewegungsarten im Kommen. Eine neue Studie zum Verkehrsverhalten zeigt deutliche Verschiebungen im Vergleich zu früheren Umfragen.
Insgesamt ist die Zufriedenheit mit dem Mobilitätsangebot hoch (77,8 Prozent), besonders im Stadtzentrum. Sie nimmt jedoch mit zunehmender Entfernung zum Zentrum ab. Die meisten jungen Erwachsenen (82,7 Prozent) kennen sich im Münchner Nahverkehr gut aus. 92,1 Prozent gaben an, dass es ihnen leicht fällt, von A nach B zu kommen.
Mehr als die Hälfte der jungen Leute nutzt dazu ein Abo-Modell. Allein 42 Prozent fahren mit dem Deutschlandticket. „Junge Menschen brauchen den Nahverkehr – noch mehr als Erwachsene“, sagt KJR-Referentin Baum. Deshalb sollten sie sich die Abo-Preise und das Deutschlandticket auch leisten können. Dazu zeigen sie großes Interesse, am Mobilitätsangebot mitzuplanen (fast 90 Prozent). Die Stadt solle dafür digitale Räume schaffen – auf Plattformen, die junge Erwachsene tatsächlich nutzen, etwa in den sozialen Medien.
Seit 2012 setze der KJR einen Schwerpunkt auf die Mobilität junger Menschen, erklärt Baum. Der größte Erfolg seitdem war die Einführung des 365-Euro-Tickets im MVV, an dem der KJR als Dachverband beteiligt gewesen sei. Die Studie sei ein nächster Schritt: Bislang lägen nicht viele repräsentative Daten zu junger Mobilität allgemein und speziell in München vor. In den kommenden Wochen soll die neue Studie in einem Bericht zusammengefasst werden, den sich Interessierte herunterladen können. Derzeit liege nur ein 200-seitiger Tabellenband vor.
„In der Mobilitätspolitik ist das Thema Sicherheit kaum präsent, in der Mobilität junger Frauen sehr wohl“, sagt Baum. Der KJR fordert nach den Studienergebnissen konkrete Maßnahmen der Kommunalpolitik. An erster Stelle: das Sicherheitsgefühl in Bus und Bahn stärken. Dazu gehöre, sowohl das subjektive Empfinden als auch tatsächliche negative Erfahrungen junger Menschen ernst zu nehmen. München brauche ein Sicherheitskonzept für den öffentlichen Nahverkehr – zum Beispiel eine Informationskampagne mit Handlungsanweisungen für Gefahrensituationen.

