Ausstellung:Abheben in die Vergangenheit

Ausstellung: Dieter Morszeck (links) im Cockpit seiner Junckers F13.

Dieter Morszeck (links) im Cockpit seiner Junckers F13.

(Foto: Stephan Rumpf)

Dieter Morszeck hat sich einen Kindheitstraum erfüllt und in 10 000 Stunden eine Junkers F13 originalgetreu nachgebaut - jetzt ist die flugfähige Maschine in der Flugwerft Oberschleißheim zu sehen.

Von Christina Hertel

Für den Blick auf die Isar, auf den Englischen Garten, auf die Ludwigstraße, auf die Arena in Fröttmaning, für alles, was in den vergangenen 20 Minuten wie ein großer Spielzeugteppich unter ihm lag, für den Wind im Gesicht und das Dröhnen in den Ohren hat Pilot Dieter Morszeck nur ein Wort. "Toll", sagt er, als er mit Lederjacke und Lederkappe aus dem Cockpit seines Nachbaus der Junkers F13 klettert. Vor 100 Jahren war es das erste Verkehrsflugzeug, das komplett aus Metall gefertigt war, und das erste reine Verkehrsflugzeug überhaupt.

Während im Ersten Weltkrieg Bomben von Flugzeugen abgeworfen wurden, sollte diese Maschine in den 1920-er Jahren das Reisen revolutionieren: In einer geschlossenen Kabine mit Polstersitzen und Heizung war Platz für bis zu vier Passagiere, die etwa in drei Stunden von Berlin nach Borkum oder in vier Stunden nach Garmisch flogen. Noch bis Sonntagnachmittag kann man den Nachbau der Junkers F13 in der Flugwerft in Oberschleißheim anschauen. Bis März widmet sich dort eine Sonderausstellung der Maschine und dem Beginn des Flugverkehrs.

Drei Jahre lang arbeitete Dieter Morszeck daran, die Junkers F13 nachzubauen. Der erste Prototyp flog bereits 2016. Dafür gründete er in der Schweiz extra die Junkers Fluzeugwerke AG und erfüllte sich damit einen Traum: Schon als er ein kleiner Junge war, habe ihn sein Vater im Deutschen Museum von den Flugzeugen wegzerren müssen, sagt Morszeck - an seiner Lederjacke steckt ein silbernes Junkers-Abzeichen. Seine Begeisterung für Flugzeuge liegt wohl auch in seiner Familiengeschichte begründet: Sein Vater Richard Morszeck leitete das Unternehmen RIMOWA und erfand in den 50-er Jahren einen Rillenkoffer aus Aluminium - eine Hommage an die F13, dem ersten Flugzeug aus Metall.

10 000 Arbeitsstunden seien notwendig gewesen, mit 35 000 Nieten werde das Flugzeug zusammengehalten, sagt Morszeck. Alles sei in Handarbeit, so wie vor 100 Jahren entstanden. Um möglichst nah an das Original heranzukommen, vermaßen Ingenieure mit 3-D-Technik eines der letzten F13 Flugzeuge in einem Museum in Paris. Insgesamt gibt es davon noch fünf, doch keines kann mehr fliegen. Die F13 wieder in die Lüfte zu bringen und nicht bloß ein Museumsstück zu schaffen, war allerdings Morszecks Ziel, der selbst einen Flugschein hat. Wie viel dieses Projekt kostete, verrät der Unternehmer nicht. Die Leidenschaft sei sein Antrieb gewesen. Er möchte die Menschen mit der Maschine auch an die Ursprünge des Fliegens erinnern, als es noch undenkbar gewesen wäre, dass Menschen mit Rollköfferchen so selbstverständlich in ein Flugzeug steigen wie in den Bus oder die Bahn.

Vielleicht um den vergangenen Flair des Reisens während der 20-er Jahre noch lebendiger zu machen, stecken im Inneren des Nachbaus neben den braunen Polstersitzen zwei rote Rosen. Fast alles sei an dem Flugzeug originalgetreu - vom historischen Vorbild sei man bloß abgewichen, wenn es um Sicherheitsbestimmungen ging. So hatte das alte Flugzeug keine Bremse, sondern nur einen Sporn, der sich beim Landen in die Erde grub. Doch so wie früher ist das Cockpit offen, so wie früher rattert und rumpst es beim Start gewaltig.

Nur aus purer Nostalgie fertigt Morszeck die Maschinen nicht

Auf Fotos in der Ausstellung sieht man, wie das Flugzeug einst mit einer Schreibmaschine ausgestattet war, wie es in Belgien zum Transportieren von Brieftauben genutzt wurde und in den USA als Postflugzeug. Man kann nachlesen, dass es Rekorde aufstellte: Es brachte zum Beispiel als erstes Flugzeug acht Menschen in den USA von Atlantic City nach Philadelphia. Bis 1932 wurden 330 Exemplare des Flugzeugs gebaut und in 30 verschiedene Länder verkauft, von Asien bis Südamerika. In München im Depot des Deutschen Museums steht noch ein Original, das einst der afghanische König kaufte und das ein deutscher Professor auf einem Schrottplatz in Kabul wieder fand. 1969 flog es die Bundeswehr zurück nach München. Ansehen können es die Besucher allerdings erst in drei Jahren, wenn die Renovierung des Museums abgeschlossen ist.

Dieter Morszeck lässt in der Schweiz derzeit noch drei weitere Flugzeuge fertigen. Doch bloß aus Nostalgie tut er das nicht. Sein Ziel ist, die Maschinen an reiche Liebhaber zu verkaufen - für jeweils 2,5 Millionen Euro. Oberschleißheim ist die letzte von zwölf Stationen, an denen die F13 diesen Sommer landete. Die Gemeinde im Norden Münchens ist besonders eng mit dem Beginn des Flugverkehrs in Deutschland verknüpft. Nach dem Ersten Weltkrieg durfte Deutschland nach Auflagen des Versailler Vertrages nur neun Flughäfen betreiben - einer davon lag in Oberschleißheim.

Die Flugwerft Oberschleißheim hat täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet.

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