Sechs Kilometer nördlich des Olympiaparks kann man ganz buchstäblich in den olympischen Geist von 1972 eintauchen. Die Regattaanlage bei Oberschleißheim ist sehr beliebt bei Erholungssuchenden, viele kraulen regelmäßig unter der mächtigen Tribüne vorbei, von der aus einst die Zuschauer den olympischen Rudererern zujubelten. Einst? Sie tun es immer noch.
Täglich trainieren hier Ruderer und Kanuten, zudem finden hier jährlich bis zu 20 nationale und internationale Wettkämpfe statt. Die Anlage ist gut ausgelastet - und ziemlich marode. Sie verfällt zusehends, zum Verdruss von Vereinen und Verbänden. Seit Jahren verhandelt die Stadt - sie ist Eigentümerin des Geländes - mit Bund und Freistaat über ein Sanierungskonzept, ohne Ergebnis. Das Sportamt kündigt nun für den Herbst eine abgespeckte Variante an - offenbar deutlich günstiger, doch auch deutlich bescheidener. "Wir brauchen diese Anlage. Zudem gilt es, das olympische Erbe zu erhalten", sagt Sportamtschef Thomas Urban.
Nach der ursprünglichen Machbarkeitsstudie kommt die Sanierung der 30 Hektar großen Anlage ziemlich teuer: Von 40 Millionen Euro hatte Sportamtschef Thomas Urban im Sommer vergangenen Jahres gesprochen. Die riesige Tribüne, auf der 11 000 Menschen Platz finden, sollte auf 4500 Plätze geschrumpft, die baufälligen Bootshäuser neu errichtet werden. Zudem sind die alten Unterkunftsgebäude in einem erbärmlichen Zustand - das alte Konzept sah vor, diese ebenso wie das Schullandheim abzureißen und durch Neubauten zu ersetzen. Allerdings: Allein will die Stadt die Summe nicht stemmen, doch von Bund und Freistaat kamen bisher nur Lippenbekenntnisse, keine Zusagen. An den Unterhaltskosten, die jährlich bis zu 450 000 Euro ausmachen, beteiligen sich beide ohnehin längst nicht mehr; das Land stellte 1993 die Überweisungen ein, der Bund 2011.
Behördenleiter Urban hat inzwischen die Kostenteilung abgeschrieben. "Wir müssen davon ausgehen, dass wir die Investition alleine schultern müssen", sagte er am Donnerstagabend am Rande der SPD-Veranstaltung "Sportgespräch im Münchner Norden" in Freimann. Er will dem Sportausschuss im Oktober eine reduzierte Variante vorlegen, welche die Stadt womöglich alleine tragen kann. Wie viel unterm Strich übrig bleibt, will er nicht verraten. Er spricht von einem "deutlich zweistelligen Millionenbetrag". Die abgespeckte Fassung sieht nun so aus: Die Tribüne wird wie geplant saniert und verkleinert, die Bootshäuser werden abgerissen und neu gebaut. Die Zweifachturnhalle wird mindestens ertüchtigt, wahrscheinlich aber ebenfalls neu errichtet.
Gestrichen hat das Sportamt die Sanierung der Unterkunfts- und Speisenräume. "Es wird keinen Übernachtungs- und Versorgungsbetrieb geben", sagt Urban. Was mit dem Schullandheim passieren soll, ist noch offen. Dafür hat Urban den Zeitplan schon grob im Kopf: Nach seiner Rechnung könnte, falls die Politik das Konzept mitträgt, der Projektauftrag bereits im kommenden Jahr erteilt werden. "Der Baubeginn wäre dann nicht vor 2018." Der Behördenleiter bezeichnet das Gelände als die "am besten ausgelastete Regattastrecke der Welt", und er lässt durchblicken, dass ihm die Anlage am Herzen liegt. "Das olympische Erbe muss erhalten bleiben. Die Anlage hat eine Zukunft."
Das wünscht sich seit Jahren Thomas Stamm, Präsident des Bayerischen Ruderverbandes. Er zeigt sich zuversichtlich, dass nun endlich eine Entscheidung fallen wird. "Für den Rudersport ist diese Anlage eminent wichtig." Allerdings lässt er erkennen, dass er von der kleinen Lösung nicht begeistert ist. "Der Übernachtungsbereich hat eine große Bedeutung für die Nachwuchsförderung und die Ausbildung", sagt Stamm. Ein runderneuerter Übernachtungsbetrieb wäre auch nötig für ein paralympisches Leistungszentrum, wie es sich die deutschen Dachverbände der Ruderer und Kanuten sowie der Behindertensportverband an der Regattastrecke vorstellen. Dem Vernehmen nach wollen Verbandsvertreter bald bei der Staatsregierung ausloten, ob diese dafür Geld locker machen will.